Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Willsch, Ihre Rede kann ich mir nur so erklären, dass offenbar gestern in der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft Happy Hour gewesen sein muss und das irgendwie noch nachwirkt. Aber zu Ihnen komme ich gleich noch mal. – Zu Ihnen komme ich gleich noch. Sehr geehrte Damen und Herren, zur verfassungsrechtlichen Einordnung des vorliegenden Gesetzentwurfs der Opposition hat der Kollege Wolfgang Hellmich bereits das Nötige gesagt. Der Entwurf fällt in eine vorkonstitutionelle Zeit zurück und bricht insofern mit dem Prinzip des Staatsbürgers in Uniform. Ich muss daher gar nicht so viel über Ihren Lösungsvorschlag sagen. Ich werde die Zeit nutzen, um etwas über den Stand der Beschaffung zu sagen. Dann wird schnell deutlich werden, dass nicht nur der Lösungsvorschlag, sondern auch die Zustandsbeschreibung, die die AfD gegeben hat, nicht auf der Höhe der Zeit ist. Ich muss allerdings sagen: Vor dem Beschluss zum Sondervermögen und vor dem Beschaffungsbeschleunigungsgesetz wäre ich der Ansicht gewesen, dass die Opposition da einen Punkt hat. Denn als ich im Jahr 1998 als 19-Jähriger zum ersten Mal meinen Kompanieblock in der heutigen Oberst-Herrmann-Kaserne in Eutin betreten habe, waren wir bei Landes- und Bündnisverteidigung besser aufgestellt als jetzt. Das lag nicht daran, dass der Rekrut Kristian Klinck jünger und sportlicher war, als er es heute ist. Es lag daran, dass wir damals eine einsatzfähigere Kampftruppe hatten. Im Rückblick wäre es sicher besser gewesen, bei der Bundeswehr nicht so viel zu sparen. Die heutige Misere ist darüber hinaus auch durch ungute Entscheidungen herbeigeführt worden. Das Verhältnis zwischen Kampftruppe und Stäben hat sich ins Ungünstige verschoben. Wir haben zu viele Kleinserien störanfälliger, wartungsintensiver Waffensysteme im Bestand. Da wird sich jetzt etwas ändern; das ist aber leider noch so. – Die kommt gleich. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Einsatzbereitschaft unserer Streitkräfte wird durch die hervorragende Ausbildung und Menschenführung in der Bundeswehr und durch das tägliche herausragende Engagement unserer Soldatinnen und Soldaten aufrechterhalten. Es hätte aber nicht so weit kommen dürfen, dass die Bundeswehr strukturell und materiell so weit heruntergefahren wurde, wie das leider geschehen ist. Auch im Frieden muss man die Werte, die man geschaffen hat, erhalten. Am 24. Februar 2022 ist das schlagartig deutlich geworden. Erst recht gilt es im Konflikt, dass eine Armee gut ausgestattet sein muss. Verstehen Sie mich nicht falsch: Wir sind nach wie vor im Frieden. Wir sind nicht im Krieg, aber wir sind in einem Konflikt. Wir sind leider in einem Konflikt der Systeme, in einem Konflikt der demokratischen gegen die autoritären Systeme. Deutschland hat sich diesen Konflikt nicht gewünscht. Wir haben immer wieder versucht, gerade mit Russland im Gespräch zu bleiben. Putin hat das zerstört. Aber es hilft nichts; nun ist der Konflikt da. Wir müssen uns in diesem Konflikt der Systeme behaupten, und dazu möchte ich Ihnen sagen: Die freiheitlichen und zivilisierten Gesellschaften, die Gesellschaften des Westens sind stark. Wir werden unsere Freiheit und unsere Demokratie bewahren. Um uns in diesem Konflikt der Systeme zu behaupten, brauchen wir zuallererst eine starke Bundeswehr, und da bewegen wir uns in der Ampelkoalition für deutsche Verhältnisse mit Lichtgeschwindigkeit. Der Bundestag hat das Sondervermögen für die Bundeswehr geschaffen. Wir haben gemeinsam mit der CDU/CSU das Beschaffungsbeschleunigungsgesetz beschlossen und das Vergaberecht an unsere militärischen Bedarfe angepasst. Wir gehen mit einer anderen Mentalität an Beschaffungsprozesse heran. Ein Ausdruck des Wandels ist der sogenannte Zimmer-Erlass, der die internen Prozesse der Bundeswehr deutlich umkrempelt. Stichworte sind: schnellere Entscheidungen, marktverfügbare Produkte, mehr Entscheidungsspielraum für die Fachleute in den Projekten; denn die Kompetenz ist in den Projekten, sie ist bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im BAAINBw, im Beschaffungsamt unserer Bundeswehr. Man muss auch mal aufhören, immer auf dieses Beschaffungsamt einzuprügeln. Ich sage: Da wird gute Arbeit geleistet. Wir stehen hinter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Beschaffungsamtes. Es hat ein paar Monate gedauert, das Beschaffungswesen mental und organisatorisch von Schrumpfung auf Wachstum umzustellen; aber jetzt rollt der Zug. Wir werden in diesem Jahr 89 Vorlagen in den Haushaltsausschuss geben, so viele wie nie zuvor. Bereits unter Vertrag genommen ist die Beschaffung der F-35, des schweren Transporthubschraubers – gestern Thema im Haushaltsausschuss –, des zweiten Loses Puma, digitaler Funkgeräte und des G95 als neuer Standardwaffe. Bis zum Ende des Jahres werden zwei Drittel des Sondervermögens vertraglich gebunden sein. Bereits 2022 wurde zudem die Beschaffung dringend benötigter Kampfbekleidung für Soldatinnen und Soldaten im Wert von 2,4 Milliarden Euro in Auftrag gegeben. Gefechtshelme, Rucksäcke, Kampfbekleidungssatz: Bataillon für Bataillon wird ausgestattet. Die Auslieferung wird voraussichtlich 2025 abgeschlossen sein; wir kommen da wirklich voran. Natürlich: Es gibt immer Luft nach oben, man kann sich stets verbessern; aber wir kommen voran, Schritt für Schritt. Das ist eine gute Entwicklung für unsere Bundeswehr. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ampelkoalition steht für einen Staat, der im Sinne der Menschen funktioniert. Deswegen investieren wir massiv in die Bahn, in Energieversorgung, in den Bevölkerungsschutz und eben auch in die Bundeswehr. Wir investieren in Cybersicherheit und in unsere Widerstandsfähigkeit gegen feindliche Propaganda; auch das ist richtig. Der Angriffskrieg Russlands wird von extremistischen Parteien in ganz Europa stillschweigend oder offen unterstützt. Wir sollten die Zeitenwende nicht allein militärisch ausbuchstabieren. Wir brauchen auch ein Resilienzprogramm für die gesamte Gesellschaft. Hier gibt es durchaus Punkte, für deren Umsetzung sich die SPD innerhalb der Ampelkoalition starkmachen wird und auch sollte. Die notwendigen Investitionen in die Widerstandskraft unseres demokratischen Systems werden Geld kosten. Ja, der Staat darf sich nicht beliebig verschulden. Aber wir sollten die Zeitenwende auch nicht buchhalterisch ausbremsen. Wir brauchen eine Strategie für Investitionen in die Bundeswehr und den zivilen Sektor, und wir brauchen dafür ein sinnvolles Finanzierungsmodell. Ich bin zuversichtlich, dass wir da als Ampelkoalition vorankommen werden. Beim Beschaffungswesen der Bundeswehr sind wir auf einem guten Weg, und ich freue mich, dass die Opposition uns mit ihrem Gesetzentwurf die Gelegenheit gegeben hat, das heute klarzustellen. Vielen Dank.