Es sagt dazu – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –: Und wenn dieses Schutzkonzept möglich und eingehalten ist, dann ist Suizidbeihilfe, auch die geschäftsmäßige, möglich. Damit ermöglicht der Vorschlag Menschen, die autonom entscheiden, aus dem Leben zu scheiden, dafür Unterstützung zu erhalten, und gleichzeitig sichert er den besonderen Schutzauftrag des Staates. Das möchte ich hier auch sagen: Eine Regelung im Strafrecht schließt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts übrigens explizit nicht aus. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass zwei fachkundige Personen mit psychiatrischem oder psychotherapeutischem Hintergrund unabhängig voneinander die autonome und dauerhafte Entscheidung feststellen; denn ein Suizid ist unumkehrbar. Deshalb sieht der Gesetzentwurf auch eine Zeit von in der Regel drei Monaten zwischen den beiden Begutachtungen vor, wobei Ausnahmen von dieser Regel zum Beispiel bei weit fortgeschrittenen, lebensverkürzenden Krankheiten durchaus vorgesehen sind. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer auf den Tribünen! Jeder Mensch hat das Recht, zu entscheiden, selbst aus dem Leben zu scheiden, und dafür auch Hilfe zu erhalten. Der Staat muss dafür Sorge tragen, dass dieses Recht ausgeübt werden kann. Deshalb muss Suizidhilfe im Rahmen unserer Gesetze möglich sein, und deshalb darf geschäftsmäßige Suizidbeihilfe auch nicht generell nicht möglich sein. Das hat das Bundesverfassungsgericht uns so klar als Aufgabe gegeben. Das Gericht hat aber nicht nur das Recht auf selbstbestimmtes Sterben betont. Es hat uns, dem Gesetzgeber, auch die Aufgabe gegeben, eine Regelung zu treffen, um genau zu prüfen, ob dieser Wunsch frei getroffen wird. Aus einem Recht auf selbstbestimmtes Sterben darf keine zumindest gefühlte Pflicht zum Sterben werden. Wenn ältere Menschen aus dem Leben scheiden möchten, weil sie Angst haben, ihren Angehörigen zur Last zu fallen; wenn Menschen Suizid begehen möchten, weil sie vor einer großen Schuldenlast stehen, dann muss der Staat zumindest einen Ausweg bieten aus einer als ausweglos empfundenen Situation, der eben nicht Suizid heißt. Deshalb kann Suizidassistenz nur dann möglich sein, wenn klar geprüft ist, dass die Entscheidung für den Suizid frei gebildet und autonom getroffen wurde. Daher unterstütze ich den Gesetzentwurf von Castellucci und anderen, weil er diese Schutzpflicht, die der Staat hat, klar benennt und auch sicherstellt. Der Gesetzentwurf, den Lars Castellucci und andere hier vorlegen, verhindert nicht das Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Im Gegenteil: Er stärkt dieses Recht, weil er auf etablierte Strukturen zurückgreift, weil er eine autonome Entscheidung voraussetzt, aber auch, weil er Grenzen setzt und damit Missbrauch vorbeugt. Mindestens ebenso wichtig ist es aber, dass wir dafür sorgen, dass die Menschen sich nicht dazu getrieben fühlen, aus dem Leben zu scheiden. Wir brauchen dringend eine bedarfsgerechte psychotherapeutische, psychiatrische, psychosoziale und palliativmedizinische Betreuung. Ich möchte mich ganz herzlich auch bei denjenigen bedanken, die den Antrag zur Suizidprävention erarbeitet haben. Schließlich ist es unsere vordringlichste Aufgabe, dafür zu sorgen, dass alle Menschen ein würdiges Leben haben, egal ob im Alter oder mit einer Krankheit. Das ist eine Daueraufgabe, die wir auch in Zeiten leerer Kassen nie aus dem Blick verlieren dürfen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie: Stimmen Sie dem Gesetzentwurf von Castellucci und anderen zu, damit der Staat nicht Suizid einfacher möglich macht als den Zugang zu Hilfs- und Betreuungsangeboten, die Menschen in Notlagen dringend brauchen. Vielen Dank.