Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man braucht ja auf der einen Seite in gewisser Weise schon echt gute Nerven, wenn man Ihren Antrag mit – wenn ich das so ausdrücken darf – so viel Unsinn wie dem, was Sie uns hier heute vorlegen, lesen muss. Auf der anderen Seite ist es dann in gewisser Weise durchaus auch bemerkenswert – „bemerkenswert“ nicht im guten Sinne –, wie Sie hier Ihre vollkommen verquere Weltanschauung wie eine Monstranz vor sich her tragen. Allein schon der Titel Ihres Antrags bis gestern mit Bezug auf „Pseudowissenschaften mit ideologischer Agenda“: Es sind doch Sie selber, die mit diesem Antrag ganz offensichtlich eine ideologische Agenda verfolgen. Und dann ist es schon traurig, wirklich traurig, wenn wir hier im Parlament, im Herzstück unserer Demokratie, offensichtlich noch mal darauf hinweisen müssen, was in unserer Verfassung steht. Da ist sie nämlich relativ eindeutig an der Stelle. Nach der Lektüre des Antrags scheint es leider nötig, sie zu zitieren; deswegen noch mal für Sie zur Erinnerung: Wissenschaftsfreiheit bedeutet nach Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes – Zitat –: Dass Sie es mit der Treue zur Verfassung oftmals nicht so genau nehmen, wissen wir. Es ist trotzdem tragisch, dass wir hier noch mal darüber reden müssen. Sie schüren mit Ihrem Antrag und, ehrlicherweise, Herr Dr. Jongen, auch mit der Rede, die Sie hier gehalten haben, die Angst, dass die Wissenschaftsfreiheit durch Gender Studies, durch Queer Studies oder Disability Studies in Gefahr gerät. Aber die Wahrheit ist doch, dass die Wissenschaftsfreiheit selbst durch Anträge wie die Ihren in Gefahr gerät. Das ist doch heuchlerisch, dass Sie von Qualitätskriterien wissenschaftlichen Arbeitens schreiben, wenn Sie doch ganz offensichtlich selber ganz genaue Vorstellungen davon haben, was es an Wissenschaften geben soll, und vor allem davon, was es nicht geben soll. Sie schreiben – ich zitiere aus dem Antrag –: „wenn die Evaluation zu dem Ergebnis kommt“. Jetzt seien Sie halt einmal ehrlich! Seien Sie doch einmal ehrlich! Den Einschub in diesen Forderungen, den hätten Sie sich sparen können; dann wäre auch klar geworden, was Sie am liebsten tun würden, nämlich diese Wissenschaften einfach komplett streichen. Wenn es nach Ihnen geht, würden wir sie abschaffen; wir würden sie verbieten. Und der Schritt über den Wissenschaftsrat, den Sie da vorschlagen, ist doch für Sie nur das Feigenblatt, das Seriosität vortäuschen soll und dabei verdecken soll, dass es Ihnen um etwas ganz anderes geht, nämlich dass Sie auf die Freiheit der Wissenschaft pfeifen. Wissen Sie, ich bin selber durch und durch Wissenschaftlerin, und es tut weh, so einen Antrag zu lesen. Sie beginnen den Antrag mit den Prinzipien des wissenschaftlichen Arbeitens und der wissenschaftlichen Argumentation wie Objektivität, Ehrlichkeit, Überprüfbarkeit, Verantwortung. An diesen Kriterien, sagen Sie zu Recht, müsse sich gute Wissenschaft messen lassen. Und wenn man dann den Antrag im weiteren Verlauf liest, dann sieht man, dass Sie doch genau diese Prinzipien, von denen Sie in Ihrem eigenen Antrag schreiben, Lügen strafen, indem Sie deutlich machen, dass es Ihnen einzig und allein darum geht, dass Sie Ihre eigene Ideologie zur Messlatte für gute Wissenschaft machen. Deswegen schlage ich vor: Sie tun uns in Zukunft einen Gefallen: Sie lassen solche Anträge wie den, den Sie uns zur heutigen Debatte vorgelegt haben, in der untersten Schublade Ihrer Schreibtische liegen – da gehören sie nämlich hin –, und wir kümmern uns dann ab sofort wieder in der wertvollen Debattenzeit um die Frage, wie wir Wissenschaft in Deutschland wirklich voranbringen können, und zwar ohne Ideologie, ohne dass wir hier so einen Schmarren diskutieren müssen, mit Ehrlichkeit, mit logischen Argumenten, mit Objektivität. Denn das ist es nämlich, was Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit in Deutschland ausmacht, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deswegen hoffe ich, dass Ihr Antrag gerade in der Wissenschaftscommunity auch als das wahrgenommen wird, was er ist, – – nämlich ein Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und ein Angriff auf unsere heterogene Gesellschaft. Danke schön.