Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Merz, Sie sind angetreten – und das fand ich richtig gut – mit der Aussage, Sie wollten den Erfolg der AfD halbieren. Wenn ich jetzt die aktuellen Zahlen sehe, muss ich sagen: Das scheint ja nicht so richtig geglückt zu sein. In dem Zusammenhang muss ich Sie dann mal nach der Strategie fragen, ob es wirklich erfolgversprechend ist, nachdem die AfD in der letzten Sitzungswoche dieses Thema aufgebracht hat, dass jetzt die CDU/CSU mit einer Aktuellen Stunde zum Thema Wirtschaftsstandort hinterherkommt. Außerdem nehme ich zur Kenntnis, dass zu Beginn Ihrer Rede ungefähr 30 Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Fraktion hier saßen. Vielleicht sollte Ihre Strategie, wie man die AfD bekämpft und gerne auch die Bundesregierung, etwas anders organisiert werden, damit das mehr Leute intern und extern auch wahrnehmen. Jetzt zu Ihrer Rede und Ihren Aussagen. Sie haben die Frage gestellt: Ist Deutschland noch ein Industriestandort? Dann stelle ich mal die Gegenfrage, meine Damen und Herren von der CDU/CSU-Fraktion: Was haben wir denn im letzten Jahr gemacht? Wir haben, da wir eine große Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen hatten, im Eilverfahren, was viele – wir uns vielleicht auch selbst – uns gar nicht zugetraut haben, LNG-Ports in Deutschland sowohl in Nord- und Ostsee geschaffen. Damit haben wir die Gaskrise, zumindest im letzten Winter, verhindert. Hoffentlich gelingt uns das auch im nächsten Winter. Am Freitag beraten wir den Gesetzentwurf zur Änderung des LNG-Beschleunigungsgesetzes. Da stellen wir uns, was die LNG-Standorte angeht, noch breiter auf; das ist richtig. Zweiter Punkt, Herr Merz: Industriestandort. Die Bundesnetzagentur wird im zweiten Halbjahr dieses Jahres ein Konzept für ein Wasserstoffnetz in Deutschland vorstellen. Und ich kann für Nordrhein-Westfalen sagen: Das sind sehr positive Aussichten, um die industrielle Produktion mit Wasserstoff versorgen zu können. Die Bundesnetzagentur wird im nächsten Jahr 2 000 Kilometer Stromtrassen genehmigen, die dann gebaut werden können, im darauffolgenden Jahr sind es ebenfalls 2 000 Kilometer. Das ist ein weiterer wichtiger Schritt zur Förderung des Industriestandortes. Dann haben Sie den Bürokratieabbau angesprochen. Wir haben es halt ein bisschen anders gemacht als die Vorgängerregierungen. Wir haben verschiedene Verbände – ich glaube, gut 70 Verbände – gebeten, uns konkrete Fälle von zu viel Bürokratie zu nennen, die wir abbauen sollen. Da haben wir ungefähr 450 Vorschläge bekommen. Im Justizministerium ist geprüft worden, was man als Bund machen kann. Davon sind ungefähr 150 Vorschläge übrig geblieben, die wir auf Bundesebene umsetzen können, und wir werden Ihnen im Herbst die ersten Papiere dazu vorlegen. Dazu liefert das BMWK noch eine Liste von in Deutschland geforderten europäischen Berichtspflichten, die wir auch reduzieren werden. Da passiert also auch was. Dann haben Sie behauptet, Deutschland sei der kranke Mann der EU, aber das hätte nun nichts mit Vorgängerregierungen zu tun. Okay. Ich weiß ja nicht, in welchen Zeiträumen die Union in Zukunft Infrastruktur in Deutschland aufbauen will. Das ist mir, ehrlich gesagt, nicht so ganz klar. Aber dass nun zum Beispiel die Rahmedetalbrücke – das ist ja in der Nähe Ihres Wahlkreises – zusammengekracht ist, ist nun sicherlich nicht die Schuld der aktuellen Bundesregierung. Infrastrukturmaßnahmen haben einen langen Vorlauf. Um diesen zu verkürzen, haben wir ja nun auch ein Beschleunigungsgesetz auf den Weg gebracht. Zum Thema Fachkräfte ist etwas gesagt worden, und ich möchte noch was sagen zum Thema Investitionsstandort. Ich finde, dazu führen wir in Deutschland schon eine ziemlich schizophrene Debatte. Da kommt ein amerikanischer Investor und kauft die Firma Viessmann. Dann sagen alle: Oh, das ist aber so schrecklich! Da wird ein deutsches Unternehmen gekauft. – Da sagt ein arabischer Staatskonzern: Wir haben Interesse an Covestro. Dann sagen alle: Oh, das ist aber so schrecklich! – Gleichzeitig wird gesagt: Deutschland ist so ein schlechter Ort für ausländische Investitionen. – Meine Damen und Herren, wir müssen uns schon festlegen: Entweder ist Deutschland wirklich ein so schlechter Standort, wie Sie es im Moment zeichnen, oder nicht. Ich halte Ersteres für falsch. Nach den Reaktionen des Auslandes zu urteilen, wie hier investiert werden soll, kann Deutschland gar nicht schlecht sein. Und ich bin froh, in diesem Land hier zu leben. Vielen Dank.