Zu dieser Bilanz will ich Ihnen genau etwas sagen. Allein im letzten Jahr sind die Bürokratiekosten um 720 Millionen Euro gestiegen – die Woche, die wir hier vor uns haben, noch nicht eingerechnet. Allein im ersten Halbjahr 2023 steigen die Bürokratiekosten in Deutschland noch einmal um 570 Millionen Euro, und da ist diese Woche mit Ihrem Gebäudeenergiegesetz noch gar nicht eingerechnet; das werden noch mal zweistellige Millionenbeträge sein, die die entstehende Bürokratie zusätzlich kostet. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben diese Aktuelle Stunde beantragt, weil wir in den letzten Tagen und Wochen Nachrichten gesehen und gehört haben, dass sich die wirtschaftliche Lage in Deutschland deutlich verschlechtert. Ich will das an einigen wenigen Zahlen deutlich machen: Wir haben im Jahr 2022 135 Milliarden Euro Kapitalabfluss aus Deutschland gehabt; das ist der höchste Wert seit 20 Jahren. Wir haben im ersten Halbjahr 2023 8 400 Unternehmensinsolvenzen gehabt; das sind 16 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Und wir haben, Herr Habeck, das erste Mal im Sommer eine signifikante Steigerung der Arbeitslosigkeit: 192 000 Menschen mehr sind allein im Juni 2023 arbeitslos gewesen als im Juni 2022. Das ist Ihre wirtschaftspolitische Bilanz der letzten Monate. Wir müssen uns heute miteinander über die Frage unterhalten, wohin wir denn in der Bundesrepublik Deutschland wollen, welches Ziel wir denn erreichen wollen, wenn wir jetzt in eine so schwierige Phase der Transformation hin zur Klimaneutralität gehen. Die erste Frage, Herr Habeck, ist an Sie und die Bundesregierung gerichtet: Sind wir uns eigentlich noch einig darüber, dass die Bundesrepublik Deutschland mit Blick auf die Volkswirtschaft ein Industrieland bleiben muss? Wenn man Ihre Politik sieht, bekommt man daran täglich größere Zweifel. Sind wir uns eigentlich einig in der Beantwortung der Frage, dass wir das Ganze, was wir jetzt vor uns haben, nur mit einem durchgreifenden wirtschaftlichen Wachstum erreichen? Herr Habeck, die Bundesrepublik Deutschland fällt in Ihrer Verantwortung auf einen der letzten Plätze in der Eurozone, auf einen der letzten Plätze in der OECD zurück. Wir drohen mittlerweile wieder zum kranken Mann Europas zu werden. Und das hat nichts mit den Vorgängerregierungen zu tun, das hat etwas mit Ihrer Wirtschaftspolitik zu tun – sofern überhaupt vorhanden. Darunter leiden die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie und unsere Volkswirtschaft. Das Wort „Wettbewerbsfähigkeit“ kommt ja in Ihren Reden so gut wie nie vor. Sie reden als Bundeswirtschaftsminister fast ausschließlich über den Klimawandel. Das Ergebnis ist, dass wir in den letzten 18 Monaten von Ihnen eine ganze Reihe von völlig verkorksten Energie- und Klimagesetzen vorgelegt bekommen haben. Sie haben so gut wie nichts getan, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft national und international zu steigern. Nun werden Sie zu Recht fragen: Wie kommt man aus dieser Lage heraus? Ich will Ihnen einen konkreten Punkt nennen: Eine der größten Belastungen für die deutsche Wirtschaft, und zwar nicht nur für die Wirtschaft, nicht nur für die Unternehmen und die Unternehmer, sondern auch für die Arbeitsplätze und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland, ist die immer weiter überbordende Bürokratie unseres Landes. Der Nationale Normenkontrollrat, der die Bürokratie überwacht, hat mittlerweile festgestellt, dass wir in diesem Land 17 Milliarden Euro Bürokratiekosten pro Jahr haben – 17 Milliarden Euro. Welchen Irrsinn, den Sie zu verantworten haben, wir in diesem Land machen, das will ich an einem konkreten Beispiel aufzeigen: Wenn ein Unternehmen der pharmazeutischen Industrie in Deutschland ein neues Medikament auf den Markt bringen will – und die pharmazeutische Industrie zählt zu dem am schnellsten wachsenden Teil unserer Volkswirtschaft, nämlich zum Bereich der Gesundheitsversorgung –, wenn ein solches Unternehmen eine klinische Studie in Deutschland durchführen will, dann gibt es sage und schreibe 54 Ethikkommissionen und 17 Datenschutzbeauftragte, die hierzu Stellung beziehen. 17 Datenschutzbeauftragte und 54 Ethikkommissionen reden mit, wenn wir in diesem Land eine Innovation im Bereich der pharmazeutischen Industrie haben wollen. Glauben Sie im Ernst, dass die Unternehmen angesichts einer solchen bürokratischen Last noch in Deutschland bleiben? Wundert es Sie, dass ein Unternehmen wie BioNTech seine Krebsforschung nach außerhalb der Europäischen Union, und zwar nach Großbritannien, verlegt hat? Es ist Ihre Verantwortung, Herr Bundeswirtschaftsminister, dass dies in Deutschland so stattfindet. Deswegen will ich Ihnen hier deutlich sagen: Wir haben Vorschläge gemacht, gerade was das ganze Thema Bürokratie angeht. Wir haben Vorschläge gemacht bis hin zum Bereich der Digitalisierung unserer Volkswirtschaft. Wir haben Ihnen einen Vorschlag gemacht zu einer digitalen Plattform etwa für die Einwanderung in unseren Arbeitsmarkt. Wir machen diese Vorschläge immer wieder. Die Reaktion Ihrer Regierung und dieser Mehrheit hier im Parlament: Sie haben alle diese Vorschläge abgelehnt. Das ist Ihr gutes Recht. Aber das Ergebnis – die Lage unseres Landes, die Lage dieser Volkswirtschaft, die Lage der Arbeitsplätze in Deutschland, die Lage der Unternehmen – geht dann auch alleine mit Ihnen nach Haus.