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Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der Vorgeschichte – wir erinnern uns, dass es schon im vergangenen Jahr einen Versuch gegeben hat, das Lobbyregister zu ändern, und zwar auf eine sehr intransparente Art und Weise, angehängt an ein anderes Gesetz – und angesichts der Tatsache, dass Sie hier die Bewertung vornehmen, das Gesetz schaffe mehr Transparenz, muss ich sagen: Lassen Sie uns das mal an den großspurigen Ankündigungen in der letzten Wahlperiode, aber auch im Koalitionsvertrag messen und dann Bilanz ziehen, ob wir zu mehr oder zu weniger Transparenz kommen! Ich sage Ihnen: Von dem, was Sie angekündigt und gerade in Ihrer Bewertung dargelegt haben, bleibt in der Realität nichts, aber wirklich überhaupt nichts übrig. Dieses Gesetz führt zu mehr Intransparenz.
Beifall bei der CDU/CSU
Wie so häufig bei der Ampel!
Das ist kompletter Unsinn!)
Ich will Ihnen das an einigen wenigen Punkten deutlich machen:
Erstens. Sie schreiben in Ihrem Koalitionsvertrag: Wir wollen „den Kreis der eintragungspflichtigen Interessenvertretungen ... erweitern“. Ich erinnere mich noch gut an die Beratungen in der letzten Wahlperiode. Da stand der Kollege Parlamentarischer Geschäftsführer, heute Bundesjustizminister, hier am Pult und hat gesagt:
Dieser Gesetzentwurf enthält scheunentorgroße Ausnahmen, er ist löchrig wie ein Schweizer Käse...
Dahinter steckte die Tatsache, dass beispielsweise Kirchen sowie Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände ausgenommen sind. Sie haben immer wieder, bis zuletzt, angekündigt: Das werden wir ändern. – Was finden wir im Gesetzentwurf dazu? Nichts, gar nichts.
Ich habe den Verdacht, dass das nicht nur eine großspurige Ankündigung war, sondern dass die Öffentlichkeit hinter die Fichte geführt werden sollte.
Denn wir haben damals in der Anhörung unisono von allen Sachverständigen gehört: Aufgrund der Grundrechtsposition – Artikel 4 und Artikel 9 – ist das gar nicht anders möglich. – Wir haben das damals vorgetragen; Sie haben es nicht geglaubt. Offensichtlich ist man jetzt zu einem anderen Ergebnis gekommen. Von den großspurigen Ankündigungen ist jedenfalls überhaupt nichts übrig geblieben.
Beifall bei der CDU/CSU)
Zweiter Punkt: Neuregelung der Schwellenwerte für Spenden. Bisher – Sie haben das richtig ausgeführt – liegt die Wertgrenze bei 20 000 Euro; darüber hinausgehende Spendenzuwendungen und Schenkungen müssen veröffentlicht werden. Die jetzige Regelung sieht 10 000 Euro als Grenze vor und kumulativ 10 Prozent des Gesamtspendenaufkommens. Da finde ich es schon ein bisschen seltsam, dass man die Wohltätigkeitsorganisationen und Sozialverbände hier vorschiebt. In der Tat: Darüber muss man reden, damit muss man sich beschäftigen; vielleicht findet man auch eine Lösung. Aber Sie verschleiern natürlich, worum es Ihnen eigentlich geht.
Da will ich mal sagen, dass wir in einem bestimmten Bereich, nämlich bei links-grünen Vorfeldorganisationen, hier zu ganz anderen Ergebnissen kommen. Ich werde Ihnen nur beispielhaft ein paar Organisationen nennen. Meine Redezeit reicht nicht aus, die ganze Liste aufzuführen. Wir fangen mal bei Greenpeace an: Gesamtspendenaufkommen im Jahr 2021 circa 80 Millionen Euro. Das heißt, Einzelspenden bis 8 Millionen Euro werden nicht mehr veröffentlicht.
Zuruf von der CDU/CSU: Unerhört!)
Das ist intransparent. WWF Deutschland: Gesamtspendenaufkommen im Geschäftsjahr 2021/2022 55 Millionen Euro. 10 Prozent davon sind 5,5 Millionen Euro. Einzelspenden bis 5,5 Millionen Euro werden nicht mehr veröffentlicht. Ich sage: Intransparent! Das können wir so weiterdeklinieren: BUND, NABU bis zur Deutschen Umwelthilfe, die immerhin noch ein Gesamtspendenaufkommen in Höhe von circa 5 Millionen Euro hat. Da werden Einzelspenden bis circa 500 000 Euro nicht mehr erfasst. Diese Finanzströme werden verschleiert. Sie schaffen hier einen maximalen Zugewinn an Intransparenz, und das machen wir nicht mit.
Beifall bei der CDU/CSU
Davor konnte man das verweigern, Herr Schnieder!)
Dabei gibt es gerade im Bereich der Nichtregierungsorganisationen einen dringenden Nachholbedarf an Transparenz.
Zuruf der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
So werden beispielsweise in den aktuellen Lobbyregistereinträgen der Deutschen Umwelthilfe, vom BUND, von Greenpeace, von Fridays for Future
unter der Rubrik „Schenkungen Dritter“ weit überwiegend die Spendensummen ohne Angaben der Namen der natürlichen oder juristischen Person veröffentlicht oder die Angaben gar verweigert. Ich erinnere mich, bei einer dieser Organisationen eine Einzelspende in Höhe von 210 000 Euro aus Vaduz in Liechtenstein gesehen zu haben, die anonymisiert aufgeführt wurde. Ich sage Ihnen: Wenn das an einen Verband gegangen wäre, wäre die Welt hier im Reichstag zu klein gewesen, um Ihren Protest dagegen aufnehmen zu können. Das ist eine Verschiebung der Maßstäbe zwischen einzelnen Organisationen, die nicht hinnehmbar ist.
Beifall bei der CDU/CSU)
Im Übrigen ist eine Organisation wie die „Letzte Generation“ bislang überhaupt nicht aufgeführt. Sie betreibt aber erkennbar Lobbytätigkeit im Deutschen Bundestag, übrigens auch bei der Bundesregierung; Verkehrsminister Wissing hat ja mit denen verhandelt. Insofern bleiben Sie in puncto Transparenz wirklich alles schuldig, was Sie angekündigt haben. Ganz im Gegenteil: Es ist ein einziger Rückschritt, den Sie hier vornehmen.
Dritter Punkt. Sie schaffen mit Ihren Regelungen ein wahres Bürokratiemonster. Die Regelung, was an Stellungnahmen hochgeladen werden soll, wird ja dazu führen – ein Effekt, den wir auf europäischer Ebene sehen –, dass nun wirklich alle einen Arbeitsnachweis erbringen müssen, dass sie das Gespräch mit der Regierung gesucht haben. Sie werden vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen, ganz abgesehen davon, was das für die einzelnen Organisationen, Wirtschaftsunternehmen, Interessenvertreter bedeutet.
Unterm Strich ist das das Papier nicht wert, auf dem es steht – jedenfalls nicht, wenn man für mehr Transparenz im Lobbyregister eintritt. Das ist ein deutlicher Rückschritt gegenüber dem – Sie haben es gesagt – guten Lobbyregistergesetz, das wir in der letzten Legislaturperiode beschlossen haben.
Allein, dass wir die Verweigerungsmöglichkeit abschaffen, ist ein Riesenfortschritt!)
– Das ist ein deutlicher Rückschritt. – Schaffen Sie nicht mehr Intransparenz!
Jede Transparenzorganisation sieht das anders!)
Legen Sie was Ordentliches auf den Tisch! So jedenfalls kann das keinen Bestand haben.
Beifall bei der CDU/CSU)
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Bruno Hönel das Wort.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)