Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Verhältnis der Union zur Schienenpolitik erinnert mich ein wenig an die Bahn selbst dieser Tage: immer ein bisschen spät dran. Und angesichts der durcheinandergebrachten Argumente ist da mehr durcheinander als nur die Wagenreihung. Das zeigt auch dieser Antrag. Ich gebe Ihnen absolut recht: Es kann und darf bei der Deutschen Bahn nicht so bleiben. Es gibt viele Fehler, die das System Schiene derart ans Limit gebracht haben. Ich muss aber auch sagen: Die allermeisten davon sind bahnpolitische Fehler der vergangenen 15 Jahre, wobei wir in zwölf davon unionsgeführte Verkehrsministerien hatten. Ich habe in der letzten Woche schon darauf hingewiesen, dass die Belange des Schienenverkehrs in der Vergangenheit viel zu lange beiseitegeschoben worden sind. Aber wenn ich mir nur mal die letzten eineinhalb Jahre anschaue – Bahnreform 2.0, Genehmigungsbeschleunigung, Deutschlandticket, Finanzierungsarchitektur, eine Überarbeitung des NKVs, Sanierungskonzepte, die wir vorher so nicht hatten –, so packt diese Regierung jetzt die Dinge an, die notwendig sind, um diese Reihe von Fehlern, die historisch gewachsen sind, aufzuarbeiten. Dafür drehen wir an allen Stellschrauben, und das merkt man auch alleine schon daran, wie oft wir dieser Tage in diesem Haus über Schienenpolitik reden. Ja, die Deutsche Bahn ist ein Unternehmen in der Hand des Staates. Als solches ist es umso mehr in der Pflicht, ein Level Playing Field auch für private Anbieter zu schaffen. Das schaffen wir aber nur, wenn wir die Interessenskonflikte innerhalb des jetzigen Konzerns durchbrechen. Deswegen braucht es eine vom Fahrbetrieb getrennte Infrastruktursparte, die einzig dem Gemeinwohl verpflichtet ist, damit die Infrastruktur endlich allen Eisenbahnverkehrsunternehmen gleichermaßen zugänglich ist und kapazitätsmindernde Fehlanreize – der Kollege Gastel hat es schon schön aufgezählt – minimiert werden. Ebendiese größte Bahnreform seit 30 Jahren stoßen wir jetzt an. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, wir brauchen für Waffengleichheit auf der Schiene neben einer unabhängigen Infrastruktur auch möglichst freien Datentransfer zwischen den Mobilitätsdienstleistern auf der Schiene Was wir nicht brauchen, ist eine staatliche Mobilitäts-App. Die fordern Sie nämlich, wenn Sie wollen, dass der DB Navigator jetzt quasi eine Monopolstellung zementiert bekommt. Ich halte das nicht für zielführend. Erstens. Ich glaube, dass das faire Teilen von Vertriebs- und Echtzeitinformationen es jedermann erlauben würde, innovative Apps zu entwickeln, die im Idealfall auch verkehrsträgerübergreifend öffentliche Mobilität vernetzen. Zweitens. Die Forderung, in diesem Zusammenhang DB Schenker unbedingt im Konzern halten zu wollen, halte ich nicht für sinnvoll. Zum einen gibt es keine Garantie dafür, dass DB Schenker auf ewig die Cashcow der DB bleibt; Zweifel sind auf jeden Fall angebracht. Zum anderen müssen wir attestieren, dass die Deutsche Bahn mit 30 Milliarden Euro in der Kreide steht und wir uns ernsthaft fragen müssen, ob ein Staatsunternehmen ein global agierender Logistikkonzern sein soll, wenn er selbst seinen Kernaufgaben im eigenen Land nicht mehr wirklich nachkommen kann. Wir halten es deshalb für sinnvoll, einen Verkauf ergebnisoffen zu prüfen und im Erfolgsfall neben Mitteln zur Schuldentilgung vor allem auch Gelder zur Sanierung der Infrastruktur freizusetzen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Verkehr auf der Schiene bekommt endlich die Aufmerksamkeit und die Mittel, die er verdient, damit wir Mobilitätspolitik in diesem Land im Sinne der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft und des Klimas machen können. Nach vielen Jahren des Stillstands auf der Bahn ist sprichwörtlich wieder Zug drin, und ich kann Ihnen versichern: Der Zug hat keine Bremse! Das, liebe Union, liegt allerdings nicht an Ihrem Antrag, der primär eigene Versäumnisse aufzeigt, um dann das zu fordern, was größtenteils eh schon in der Pipeline ist. Deswegen werden wir ihm so auch nicht zustimmen können. Vielen Dank.