Zwischenrufe:
2
Beifall:
2
Das stimmt. – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! In einer Generaldebatte zum Thema „Stadtentwicklung, Wohnen und Bauen“ vermisse ich einen Blick darauf, welche Bedeutung die Bundespolitik in diesem Bereich für unsere Kommunen hat; denn Sie haben die Kommunen als Anhängsel in Ihrem Ministerium.
Ich gestehe zu: Sie haben aus kommunaler Sicht die Latte im Koalitionsvertrag recht hoch gehängt. So heißt es im aktuellen Koalitionsvertrag: „Wir brauchen leistungsstarke und handlungsfähige Kommunen.“ Und: „Unser Ziel sind leistungsfähige Kommunen mit einem hohen Maß an Entscheidungsfreiheit vor Ort, eine verlässliche öffentliche Daseinsvorsorge ... und eine engagierte Zivilgesellschaft.“ Doch kann dieses Ziel mit einem Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP erreicht werden?
Der Koalitionsvertrag hemmt kommunale Planungskompetenzen und schränkt die kommunale Selbstverwaltung ein. Vielmehr streben die Koalitionäre – Zitat – „eine engere, zielgenauere und verbindliche Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen“ an. Wo bleibt denn da die kommunale Selbstverwaltung? Der Koalitionsvertrag enthält zudem Risiken und Nebenwirkungen, die ländliche Räume, aber auch städtische Ballungszentren belasten werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was bedeutet das konkret? So haben wir zum einen die Wechselwirkung zwischen Stadt und Land. Wer diese nicht berücksichtigt, verschärft die Situation in unseren Kommunen. Statt diese zu verbessern, werden mit dem geplanten Bau von 1,6 Millionen neuen Wohnungen in überwiegend städtischen Ballungszentren die ländlichen Räume durch Wegzug geschwächt und die städtischen Ballungsräume zunehmend belastet. Es muss, Frau Ministerin, also auch bei der Infrastruktur in betroffenen ländlichen Regionen nachgelegt werden. Einen Beitrag zu gleichwertigen Lebensverhältnissen leistet die Regierungskoalition damit nicht.
Genau das ist auch mein nächster Punkt: die gleichwertigen Lebensverhältnisse. Diese werden zwar im Koalitionsvertrag bei verschiedenen Ansätzen adressiert. Aber bei der konkreten Regierungsarbeit wird das Thema voraussichtlich keine bedeutende Rolle spielen. So werden neben einigen Bereichen, die im Rahmen der Gesetzesfolgenabschätzung einem Check unterzogen werden sollen, gleichwertige Lebensverhältnisse nicht einbezogen. Dass der Gleichwertigkeitscheck bereits in der vergangenen Wahlperiode von uns etabliert worden ist, kann dafür nicht verantwortlich sein; denn andere Themenchecks sind ebenfalls bereits in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien enthalten und werden im Koalitionsvertrag nochmals genannt.
Die Wechselwirkungen zwischen Stadt und Land allein beim Bau von Wohnungen zeigen aber, wie wichtig ein Gleichwertigkeitscheck in der Gesetzesfolgenabschätzung ist. Das kann problemlos auf andere Bereiche ausgeweitet werden. Hier muss die Regierungskoalition dringend nachbessern und, so wie es in der vergangenen Wahlperiode ja bereits vereinbart worden ist, Gesetzesvorhaben auf Auswirkungen auf das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse prüfen.
Lassen Sie mich als einen weiteren Punkt einige Worte zur Stärkung der kommunalen Planungshoheit sagen. Ein wesentliches Element kommunaler Selbstverwaltung ist die kommunale Planungshoheit. Das gilt für Flächennutzungspläne und Bebauungspläne, deren Ausweitung durch das Auslaufen der Regelung des § 13b Baugesetzbuch erschwert wird und insbesondere das Entwicklungspotenzial kleinerer Kommunen in ländlichen Räumen hemmt. Kommunale Planungshoheit wird aber auch beim Ausbau der Windenergie beschnitten werden. Hier will die Regierungskoalition in Rechtsbereiche eingreifen, für die der Bund nicht zuständig ist. Zentralistische Vorgaben werden die kommunale Planungshoheit im Baubereich jedenfalls nicht stärken, sondern die kommunale Selbstverwaltung schwächen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, insgesamt lässt der Koalitionsvertrag für die kommunale Selbstverwaltung wenig Hoffnung auf gute Zeiten. Statt Bundeseinmischung wäre mehr Vertrauen in die kommunalen Fähigkeiten – auch im Sinne des Ziels, leistungsfähige Kommunen zu haben – zielführender. Ich persönlich bin der Meinung, dass es einer intelligenten Neugestaltung der Aufgabenverteilung und der Finanzmittel zwischen Bund, Ländern und den Kommunen bedarf. Nur dann können wir die Kommunen auch in die Lage versetzen, ihre Aufgaben und Herausforderungen aus eigener Kraft zu bewältigen. Mit weniger Bundesvorgaben und mehr Freiheit vor Ort erreicht man tatsächlich leistungsstarke und handlungsfähige Kommunen.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Frau Kollegin Nicolaisen. – Als nächsten Redner rufe ich den Kollegen Kassem Taher Saleh, Bündnis 90/Die Grünen, zu seiner ersten Parlamentsrede auf.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)