Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleg/-innen! Am Anfang möchte ich noch einmal kurz darstellen, worüber wir heute reden: Die AfD bringt hier einen Antrag von der CDU Thüringen ein, der gemeinsam mit der AfD eine Mehrheit hatte, um ihn auch heute hier im Bundestag zu beschließen. Jetzt muss ich auch leider noch über Sie, liebe Kolleg/-innen von der Unionsfraktion, reden; denn Sie kritisieren hier ansonsten immer angebliche Genderzwänge. Sie fantasieren über die schlimmen Konsequenzen, die Studierenden drohen würden, wenn sie geschlechtergerecht sprechen und schreiben. Dabei sind es Ihre Parteifreund/-innen, die in Thüringen den Antrag mit dem Titel „Gendern? Nein Danke! Regeln der deutschen Sprache einhalten – keine politisch motivierte Verfremdung der Sprache!“ stellten, über genau den die AfD heute hier auch reden will. In diesem Antrag fordern Ihre Parteifreund/-innen Verbote und Zwänge. So wollen sie – und ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin den Antrag der CDU im Landtag von Thüringen, der übrigens exakt der Gleiche ist, den die AfD hier heute stellt –, dass die Landesregierung „sowohl in der internen als auch externen Kommunikation keine sogenannte Gendersprache“ verwenden solle. Sie fordern, dass die Landesregierung „in schulischen Einrichtungen einen einheitlichen Sprachgebrauch auf der Grundlage des amtlichen Regelwerks der deutschen Rechtschreibung ohne Anwendung der sogenannten Gendersprache konsequent“ umsetzen möge. Und genau das hört sich für mich nach Verboten an; genau das hört sich für mich nach Zwang an. Um das hier noch einmal festzustellen: Sie können sich nicht hierhinstellen und behaupten, jeder und jede solle so sprechen und schreiben dürfen, wie er oder sie will, und gleichzeitig gemeinsam mit der AfD Sprachverbote beschließen. Leider bin ich noch nicht fertig mit den Sprachverboten der CDU; denn wo die CDU in Regierungsverantwortung ist, reguliert sie die Sprache. In Schleswig-Holstein hat CDU-Bildungsministerin Karin Prien jede Form des Genderns zum Rechtschreibfehler erklärt. Schüler/-innen wird also das Gendern verboten. Jüngst kündigte der Regierende Bürgermeister Berlins an, dass in seiner Senatskanzlei nicht gegendert werde. Für mich hört sich auch das nach einem Sprachverbot für seine Mitarbeitenden an. Und in Hamburg unterstützen die CDU im Allgemeinen und Herr Ploß im Speziellen die Volksinitiative „Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung“. Also auch hier fordert die CDU auf, Mitarbeitenden der Stadt das Gendern zu verbieten. Dabei ist die Debatte heute natürlich entlarvend. Während Sie suggerieren, dass die linke Hälfte des Hauses über Sprache statt über konkrete Maßnahmen sprechen würde, ist es in Wahrheit genau umgekehrt. Sie, die AfD, setzen dieses Thema, anstatt über Lohnungleichheiten, sexualisierte Gewalt oder gerechtere Präsentation von Frauen hier in diesem Parlament zu debattieren, und dann schaffen Sie es noch nicht einmal, einen eigenen Antrag zu formulieren, sondern Sie geben offen zu, nur den Antrag der Thüringer CDU umformuliert zu haben. Sie haben einfach „Landtag“ durch „Bundestag“ ersetzt und anscheinend auch alle Fehler übernommen. Wie oft wollen Sie uns hier eigentlich noch beweisen, wie wenig Sie Ihre Arbeit hier im Parlament ernst nehmen? Heute müssen wir uns also mal wieder mit Ihrer Abneigung gegen geschlechtergerechte Sprache beschäftigen, anstatt über die vielen wichtigen Themen zu sprechen, die wir in der Koalition für die Gleichberechtigung aller Geschlechter voranbringen. Natürlich widerspreche ich Ihnen auch inhaltlich; denn der Antrag ist nicht nur widersprüchlich und deplatziert, er ist auch inhaltlich falsch. Sprache ist nämlich mächtig, Sprache schafft Realitäten. Sie kann diskriminieren, und sie kann auch verletzen, aber gleichzeitig kann sie uns als Gesellschaft auch dabei helfen, Ungerechtigkeiten zu bekämpfen. Durch Sprache können wir nämlich ausdrücken, was wir denken und wer wir sind. Sprache kann als Werkzeug für mehr Geschlechtergerechtigkeit dienen und die geschlechtliche Vielfalt in unserer Gesellschaft sichtbar machen. Deswegen ist es sehr bedeutsam, wie wir sprechen und auch schreiben. Bei geschlechtergerechter Sprache geht es im Übrigen auch nicht nur um Männer und Frauen, sondern um alle Geschlechter. Ihre Sprachverbote blenden aus, dass es Diversität gibt. Was Sie fordern, ist, nicht nur die sprachliche Sichtbarkeit von Frauen zu verbieten, sondern auch intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen gänzlich auszublenden. Fakt ist: Wir leben in einer vielfältigen Gesellschaft, und Sprache kann dafür mehr Bewusstsein schaffen. Und egal ob im Pride Month oder in jedem anderen Monat im Jahr: Queeres Leben und Vielfalt sichtbar zu machen, sollte uns allen ein Anliegen sein. Wenn Ihnen also am Abbau der Diskriminierung queerer Menschen etwas liegt, hören Sie auf, solche unseriösen, populistischen Debatten anzuzetteln! Das ist wirklich unwürdig. Und damit schenke ich meine letzte Redeminute allen hier im Raum. Vielen Dank.