Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Debatte heute Abend ist ja extrem eindrucksvoll. Wir haben einen Copy-und-Paste-Antrag von den AfDler/-innen vorliegen – so sage ich es heute Abend; ich gendere Sie jetzt einfach mal an. Normalerweise mache ich das gar nicht; aber irgendwie triggert es hier schön. Diesen Copy-and-Paste-Antrag dürfen wir eins zu eins im Deutschen Bundestag debattieren. Das können wir auch gerne machen. Das bewegt die Gemüter nicht nur hier im Deutschen Bundestag, sondern natürlich auch mal bei der einen oder anderen privaten Unterhaltung. Es ist aber das Brot-und-Butter-Geschäft der AfD Es ist jetzt das fünfte Mal, dass Sie das Thema Gendern hier aufrufen. Also diskutieren wir es. Was für die AfD vielleicht wichtig ist, weil Sie es gerade hier gesagt haben: Zwei Drittel der Bevölkerung finden es als politisches Thema überhaupt nicht wichtig. Stopp, stopp, stopp! Bevor Sie zu schnell klatschen: Nur ein Fünftel der Deutschen sind aber auch echte Genderfans. Vielleicht können wir an der Stelle einfach mal alle durchatmen. So. Die gute Nachricht ist, dass die Ampel ja überhaupt nicht vorhatte – deswegen führen wir hier wirklich eine Scheindebatte –, das Gendern hier in Deutschland zu verordnen. Aber das Thema triggert ja so schön. Und warum triggert das Thema so schön? Weil es – der Herr Lindh hat es eben ein bisschen emotionaler gesagt als ich – um gesellschaftlichen Wandel geht. Sprache verändert sich. Es geht um eine höhere Sensibilität bei der Anwendung von Sprache jenseits des generischen Maskulinums – stopp, erst mal zuhören! – und einfach darum, mehr Sichtbarkeit für Frauen und auch andere Gruppen in der Sprache darzustellen. Auf einem Kongress von Ärzten hat man früher „Liebe Ärzte!“ gesagt, obwohl da mehrheitlich Frauen waren. Heute sagt man: „Liebe Ärztinnen und Ärzte!“ Das schafft natürlich ein anderes Bild. Es gibt Steigerungsformen des Genderns. Es gibt neutralisierende Formen wie „Mitarbeitende“, oder es werden Sternchen, Doppelpunkte und Gaps eingebaut. Übrigens: In Ihrem Antrag – Sie haben ihn nur kopiert – ist im Beschluss der Kollegen aus Thüringen unter Punkt 4 die Rede von „die Mehrheit der Sprechenden“. Das haben Sie in Ihrem Antrag übrigens genau so übernommen. Das ist ein substantiviertes Partizip und Ausdruck von Gendersprache. Insofern scheint der Wandel auch irgendwie bei Ihnen angekommen zu sein. Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei aller Aufgeregtheit: Muss man das alles, mit Doppelpunkt, Sternchen usw., immer gut finden? Muss man nicht; es geht auch ums eigene Sprachempfinden. Jeder hat da eine andere Sprachästhetik. Ich weiß nicht, ob man „Studierende“ oder „Student/-innen“ braucht. „Liebe Studentinnen und Studenten“: So sage ich es. Es gibt aber auch welche, die gerne noch das generische Maskulinum benutzen. Die sollten auch nicht von der linksideologischen Seite gecancelt werden. Was aber wirklich schwierig ist: In der letzten Debatte hat die AfD gesagt, es gehe hier um einen falschverstandenen linksgeprägten Feminismus ohne jegliches weibliches Selbstbewusstsein. Das haben Sie gesagt, Frau Harder-Kühnel. Das ist natürlich unterstes Level an politischer Debattenkultur. Zum Abschluss – nur damit man mal weiß, wie meine Kinder und Ihre auch in der Schule gerade die deutsche Rechtschreibung lernen –: Es gibt Regeln, die der Rat für deutsche Rechtschreibung festlegt. Er hat auch festgelegt, dass er Sternchen, Doppelpunkte und diesen Unterstrich nicht so gut findet. Das ist die empfohlene Rechtschreibung. Der Rat erkennt aber auch an – und ich zitiere ganz schnell noch –, dass „allen Menschen mit geschlechtergerechter Sprache begegnet werden soll“. Das ist doch ein schöner Kompromiss für den heutigen Abend, finde ich. In diesem Sinne!