Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich knüpfe an die Rede meiner Vorgängerin, Nadine Schön, an. Wir haben mal versucht, nachzuvollziehen, wer in der neuen rot-grün-gelben Koalition eigentlich welche Zuständigkeiten für Digitalisierung bekommen hat, und ich schicke es vorweg: Es ist kompliziert. Wir haben deswegen mal ein Bild gemalt, um die verschiedenen Kompetenzverschiebungen zu visualisieren. Man erkennt eines: Jede Farbe bekommt was, und jede Farbe gibt was. Falls die Kollegen der Ampelkoalition Interesse an der Grafik haben, um sich selber mal kennenzulernen: Ich gebe sie nachher gerne weiter. Was übrigens auf der Grafik fehlt, Kollegen von der FDP, ist der große gelbe Kasten mit dem Versprechen aus Ihrem Wahlkampf: das Bundesministerium für digitale Transformation. Das gibt es nicht. Das war eine gute Idee; herausgekommen ist ein Etikettenschwindel. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr ist für vieles zuständig, für viele digitale Themen aber eben nicht. Ich möchte die Regierung ja gar nicht daran messen, inwieweit sie das FDP-Wahlprogramm umsetzt, aber ich messe Sie daran, inwieweit die Aufstellung, die Sie gewählt haben, geeignet ist, um die zentralen Herausforderungen in der digitalen Welt unseres Jahrzehnts zu bewältigen. Nach dieser Woche bin ich, ehrlich gesagt, etwas skeptisch, und ich will das auch begründen. Ich habe jetzt fast alle Reden aller Minister verfolgt. Es gibt in Europa im Moment drei große Weichenstellungen, die in den nächsten Monaten erfolgen und unseren digitalen Raum in Europa für das nächste Jahrzehnt mitprägen werden: Das ist der Digital Markets Act, der die Marktmacht von Google, Facebook und Amazon begrenzen soll, das ist der Digital Services Act, der unter anderem den Umgang mit illegalen Inhalten im Netz regeln soll, und das ist die EU-Verordnung für künstliche Intelligenz, die das Vertrauen der Menschen in diese Technik stärken soll. Das sind drei zentrale Fragen, die jeden Bürger in Europa betreffen, die jedes Unternehmen in Europa betreffen und die über die Zukunftsfähigkeit und Innovationsfähigkeit unseres europäischen digitalen Marktes mitentscheiden. Die Position der Bundesregierung in dieser Woche dazu: Null! In keiner Debatte hat das in irgendeiner Form eine Rolle gespielt. Der zuständige Superminister Robert Habeck, in dessen Verantwortungsbereich das fällt, redet natürlich lieber über das Klima; das ist sein Kerngeschäft. Der Digitalisierungsminister ist offenbar nicht zuständig. Ich könnte das gleiche Bild bei dem Thema Verwaltungsmodernisierung zeichnen. Es ist eine der zentralen Herausforderungen und entspricht auch der Erwartungshaltung der Bürger, dass sie nicht nur ihr Auto mit dem Handy kaufen können, sondern dass sie es auch digital zulassen können und sich nicht einen halben Tag Urlaub nehmen müssen, um dann im Landratsamt eine Nummer zu ziehen, sich auf einen Stuhl zu setzen und zu warten, bis sie dran sind. Die zuständige Innenministerin hat lange über den Kampf gegen Rechtsextremismus gesprochen. Das ist richtig und wichtig, aber wir brauchen auch jemanden, der sich um die digitale Verwaltung und die Verwaltungsmodernisierung kümmert. Das Problem an diesem Bild, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Ampel, ist: Jeder von Ihnen hat sich ein paar interessante Themen gekrallt; jeder kann gut Förderbescheide übergeben, aber jeder hat ein anderes Kerngeschäft. Um die Fragen der Digitalisierung wird sich ressortübergreifend zu wenig zentral gekümmert, und das wird der großen Aufgabe, die vor uns steht, nicht gerecht. Sie haben jetzt genügend Zeit und Raum, da noch besser zu werden. Herzlichen Dank.