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Sehr geehrte Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Staatsminister Carsten Schneider, ich bin genauso wie Sie darüber erfreut, dass wir diese Debatte unter anderem über Ostdeutschland unter dem Label „Bundeskanzleramt“ führen. Das unterstreicht die Aufwertung des Postens. Das freut mich ungemein.
Warum freut mich das? Nicht so sehr, weil ich die Unterschiede sehe. Unterschiede gibt es in diesem Land zwischen Ost und West genauso wie zwischen Nord und Süd und zwischen Stadt und Land; das ist gar nicht die Frage. Aber die Herausforderungen in Ostdeutschland sind gewaltig. Wir haben riesige Transformationsprozesse in Ostdeutschland vor uns. Sie werden unsere Aufmerksamkeit fordern. Deshalb ist ein im Kanzleramt angesiedelter Ostbeauftragter goldrichtig angesetzt.
Mit Transformation kann man ganz unterschiedlich umgehen. Man kann sie verwalten, man kann einen feuchten Händedruck geben, man kann sicherlich auch einen Bankangestellten zum IT-Fachmann umschulen und sagen: „Such dir in den neuen Berufen, die es jetzt bald geben wird, einen Job“, oder man gestaltet Transformation so – so wird es die Koalition machen –, dass man von denen lernt, die Transformation durchmachen – das können wir in Ostdeutschland übrigens perfekt; das haben wir in 30 Jahren nicht nur einmal durchgemacht –, und sagt: Wir lernen von euch, weil wir diese Transformationsprozesse in den gebrauchten Bundesländern nämlich in den nächsten Jahren auch erleben werden.
Das zeigt, dass wir die Lebensleistung der Ostdeutschen anerkennen, diese Herausforderungen – wir wissen: das sind große in nächster Zeit – anerkennen und davon für das ganze Land in Deutschland Gebrauch machen. Das ist eine andere Anerkennung der Leute, die sie jahrelang vermisst haben. Diese Ampelkoalition gibt ihnen das Zeichen, dass sie die von uns erwarten können.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Transformationsprozesse sind deshalb riesig, weil die Rohstoffe der Vergangenheit, ob das Kohle oder Stahl waren, sich hin zu neuen Rohstoffen verändern: Wir werden Wasserstoff nutzen, wir werden Digitalität haben. Wir haben einen Wandel in der Demografie. All das schlägt in Ostdeutschland zuallererst zu.
Und deshalb sagen wir als neue Regierung auch: Wir brauchen eben nicht nur neue Qualifikationen, sondern auch die Firmen, die die Jobs anbieten, die die Zukunft bietet. Deshalb haben wir so etwas wie eine Agentur für Transfer und Innovation, die gerade kleineren Universitäten erlaubt, neue Ideen zu KMUs und auch zu Start-ups zu transferieren. Wo sind denn diese kleinen Universitäten? Sie sind in Ostdeutschland. Das ist ein großartiger Schritt.
Wir werden IPCEI-Projekte für Wasserstoff und Chips fast schon automatisch in Ostdeutschland ansiedeln, und zwar nicht nur weil wir neue Projekte in Ostdeutschland ansiedeln wollen, sondern auch weil Ostdeutschland gerade im Hinblick auf Chips bereits ein Cluster ist. Wir werden GRW-Mittel aufstocken, wir werden die Fördersysteme so anpassen, dass sie diese Transformationsprozesse im Wirtschaftssystem fördern und dass sie gleichwertige Lebensverhältnisse schaffen. All das freut mich, weil es auf die Bereiche zugeschnitten ist, die in den nächsten Jahren Transformation erleben werden.
Aber wir werden – deshalb bin heilfroh, dass meine Nachbarin Reem, dass Frau Staatsministerin Alabali-Radovan, hier genauso dabei ist – erstmals einen Transformationsprozess vor uns haben, bei dem es gar nicht reicht, die Leute mitzunehmen, die jetzt in den Regionen da sind. Denn wir brauchen darüber hinaus noch deutlich mehr, nicht nur in Ostdeutschland, sondern in ganz Deutschland. Deshalb braucht es Einwanderung und Integration mehr denn je. Das können Sie, das kannst du – in Moskau geboren, in Ostdeutschland, in Schwerin, aufgewachsen – besonders gut einschätzen.
Aber wir brauchen sie auch insgesamt, und zwar nach klaren Regeln, weil wir wissen, wen wir in den nächsten Jahren in Deutschland vermissen werden, weil wir wissen, dass 400 000 Leute pro Jahr jetzt schon fehlen. Und deshalb müssen wir nicht auf den Zufall bauen, sondern auf klare Regeln und ein Punktesystem, die uns erlauben, jeden Fachmann in Deutschland einzuladen, um mitzumachen, dieses Land in den nächsten Jahren mitzugestalten, den wir brauchen. Dabei sind Fachleute Gott sei Dank nicht wie in der Vergangenheit Leute, bei denen man es auf dem Lohnzettel oder an dem Studiengang ablesen kann, ganz im Gegenteil: Ich kenne genug Betriebe – nicht nur in Ostdeutschland, sondern in der ganzen Republik –, für die ein Fachmann schon einer ist, der einen Führerschein hat, und auch diesen Fachmann werden wir in nächster Zeit brauchen, damit wir nicht in solche Schwierigkeiten kommen, wie es sie in England jetzt schon gibt.
Beifall bei der FDP sowie der Abg. Awet Tesfaiesus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Deshalb braucht es eine Integration in diesem Land. Deshalb braucht es ein klares Konzept, das auf die Lebensleistung der Leute baut. Ja, wir werden den Menschen in Ostdeutschland durch diese Transformation viel zumuten. Aber wir geben ihnen ein Zeichen, dass wir diesen Transformationsprozess nicht nur gemeinsam gestalten, sondern von ihnen lernen werden und sie als gutes Beispiel für die ganze Republik anführen. Das würdigt eine Lebensleistung; das ist der Unterschied zu den Jahren davor.
Deshalb freue ich mich auf die Zusammenarbeit und auf die nächsten Jahre, weil das ein großartiger Schritt wird. Da wird aus dem Fortschritt, den wir wagen, schnell das Wagnis verschwinden und der Fortschritt entstehen. Darauf freue ich mich besonders.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Für Die Linke hat jetzt Sören Pellmann das Wort.
Beifall bei der LINKEN)