- Bundestagsanalysen
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir alle sind der Pandemie müde. Trotzdem ist sie zu Recht das wichtigste Thema, und man muss heute in dieser Debatte etwas dazu sagen.
Auch wenn es richtig ist, dass es Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen und ‑situationen unterschiedlich hart trifft: Eins kann man, glaube ich, festhalten: Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene trifft es am härtesten. Lange Zeit war der Unterricht nur digital, dann mal im Wechselmodell, oftmals war er unzuverlässig. Die Quarantäne hat vor allem diejenigen Familien in die Verzweiflung getrieben, in denen mehrere Kinder in der Schule immer wieder betroffen waren und es immer noch sind. Unzählige Schul- und Berufsabschlüsse konnten nicht gefeiert werden. Die Berufsorientierung und Lebensplanung ist schwer geworden. Viele Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene hat es aus der Bahn geworfen.
Auch Teile der Wirtschaft sind besonders hart betroffen: Gastronomie, Kultur, Tourismus. Besonders trifft es die Soloselbstständigen.
Wir erleben gerade die höchsten Infektionszahlen dieser Pandemie, und sie ist noch nicht vorbei, auch wenn sich das alle so sehr wünschen. Deswegen gilt es, einen Paradigmenwechsel einzuleiten. Dieser hat mit der neuen Regierung auch schon begonnen. Denn nicht, wie man es sich wünscht, dass es mit der Pandemie weitergeht, darf der Maßstab des politischen Handelns sein, sondern sich vorausschauend auf alles vorzubereiten. Wir wollen endlich vor die Lage kommen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Dazu hat die Bundesregierung zuerst einen Krisenstab im Kanzleramt eingerichtet. Dass 30 Millionen Impfungen im vergangenen Dezember möglich wurden, ist das Verdienst von Generalmajor Breuer und seinem Stab, aber auch von all denjenigen, die in den Hausarztpraxen, in den Impfzentren und mit viel Fantasie und Initiative in Kirchen, in Moscheen und an vielen anderen Orten zum Impfen einladen und damit erfolgreich sind. Ihnen allen ein ganz großes Dankeschön. Und: Macht weiter so!
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Zum Zweiten bekommt mit dem Expertenrat wissenschaftliche Expertise endlich eine institutionalisierte Rolle. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden, immer wieder angepasst an die aktuellen Studien, zur Grundlage des politischen Handelns. Sich gut vorzubereiten, dazu gehört aber auch, dass der Bund die Finanzierung der Impfzentren bis zum Jahresende zugesagt hat. Auch die Testzentren können ihre Arbeit wie gewohnt fortsetzen. Auch die Krankenhäuser erhalten für die Verschiebung planbarer Operationen Unterstützung vom Bund. Die Gesundheitsinfrastruktur wird so für den weiteren Verlauf der Pandemie gesichert und gestärkt, und das ist auch gut so.
Zu all den vorausschauenden Maßnahmen, Instrumenten und Initiativen, mit denen wir vor die Lage und aus der Pandemie kommen wollen, gehört auch die Debatte um die Impfpflicht. Wir werden das in der nächsten Sitzungswoche ausführlich beraten. Aber so viel sei schon einmal gesagt: Wenn wir das Ziel teilen, dass dieses Auf und Ab – dieses Auf und Zu und wieder eine neue Welle – enden soll, und wenn wir nicht den Weg gehen wollen, es darauf ankommen zu lassen mit dem Risiko, dass Menschen sterben oder schwer erkranken, dann sollten wir Demokratinnen und Demokraten die nächsten Wochen dazu nutzen, gemeinsam über die Impfpflicht und alle anderen Instrumente zur Bekämpfung der Pandemie sachlich und ergebnisorientiert zu diskutieren. Ich lade Sie alle dazu herzlich ein.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, man lernt in dieser Pandemie nicht nur viel in Bezug auf den Charakter des einen oder der anderen, im Positiven wie im Negativen. Es gibt auch einige Lehren und Aufgaben aus der Pandemie, die nicht alle neu, aber wieder zu Recht auf der Tagesordnung sind. Dazu haben wir einiges im Koalitionsvertrag aufgeschrieben:
Erstens: mehr Respekt vor der Arbeit im Gesundheitssystem. Wir werden die Pflegeberufe aufwerten mit besseren Löhnen und besseren Arbeitsbedingungen; mehr dazu nachher noch von meiner Kollegin Heike Baehrens.
Zweitens. Jahrelang – und das gilt nicht nur für den öffentlichen Gesundheitsdienst – hat gegenüber den Kommunen die Aussage gegolten: Baut Stellen ab, koste es, was es wolle; denn es kostet zu viel. – Was es kostet, das sehen wir jetzt. Das Ergebnis sind überlastete Verwaltungen, die ihre Aufgaben, erst recht in einer solchen Ausnahmesituation, nicht mehr bürgerfreundlich ausführen können. Deswegen werden wir unter anderem den Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst fortsetzen, bei Bedarf mit weiteren Mitteln ausstatten und – das sage ich hier auch – die Länder in dieser Frage nicht aus der Verantwortung lassen.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Drittens: Digitalisierung. Das ist ein Riesenthema für die Ampel. Faxe, ausgedruckte Formulare, die anderswo wieder händisch eingegeben werden müssen, Briefe statt E-Mails, Behörden, die Daten nicht miteinander austauschen können, Verzögerung, mangelnde Übersicht und mangelnder Informationsfluss:
Sie sind seit acht Jahren in der Verantwortung!)
All das ist nicht mehr hinnehmbar, weder im Gesundheitswesen noch in den anderen Bereichen unseres Sozialstaats und unserer Verwaltung. Das gehen wir mit Nachdruck an.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Viertens. Einfacher Zugang und einfache Unterstützung und Hilfe dürfen nicht vom Wohnort abhängen. Deswegen führen wir mit der Gemeindeschwester ein neues Berufsbild ein und helfen Kommunen beim Aufbau Medizinischer Versorgungszentren.
Das alles und vieles andere mehr haben wir vor, und ich freue mich darauf.
Vielen Dank.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)