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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, selbstverständlich gibt es Regelverstöße bei uns im Arbeitsmarkt, und selbstverständlich gibt es auch Regelverstöße im Bereich der Landwirtschaft, dort, wo saisonbeschäftigte Arbeitskräfte eingestellt sind. Aber was Sie hier mit Ihrem Antrag machen, ist, alle landwirtschaftlichen Betriebe unter Generalverdacht zu stellen. Das ist nicht in Ordnung, und deshalb werden wir Ihren Antrag in jedem Fall ablehnen.
Beifall bei der FDP und der CDU/CSU
Mit dieser Kampagne gegen die Landwirtschaft sind Sie nicht allein. Kürzlich veröffentlichte Oxfam eine Studie über vermeintliche Ausbeutung von Saisonarbeitskräften in der Landwirtschaft. Viele Medien haben das Thema aufgegriffen. Aber niemandem oder kaum jemandem ist aufgefallen, dass Oxfam seine Kampagne auf eine Studie gründete, bei der nur vier Betriebe befragt worden waren. Diese waren nicht etwa stichprobenhaft ausgewählt, sondern gezielt angesteuert, weil über diese Betriebe und die dort herrschenden Zustände schon vorher Informationen vorlagen. Das ist nicht seriös, und so etwas sollten wir nicht als Grundlage unserer Diskussion hier im Deutschen Bundestag verwenden.
Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Natürlich gibt es schwarze Schafe unter den Betrieben. Aber alle 25 000 landwirtschaftlichen Betriebe unter Generalverdacht zu stellen durch Kampagnen wie von Oxfam oder durch politische Einlassungen wie durch Ihren Antrag heute hier im Bundestag, das bedeutet, dass man ganz bewusst und sehenden Auges Familienbetriebe in Mithaftung nimmt durch Maßnahmen, die daraus folgen sollen. Und das ist nicht in Ordnung. Wir brauchen Menschen in unseren Betrieben, die das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger verdienen, und die haben wir in unserem Land weit überwiegend. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist dieser Generalverdacht nicht angebracht.
Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Da, wo Sie „Ausbeutung!“ rufen, lohnt es sich tatsächlich, mal in die Statistiken zu schauen. Bei bundesweiten Zollkontrollen 2020 in 500 landwirtschaftlichen Betrieben wurden am Ende elf Strafverfahren und sechs Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Ja, es gibt ganze Bundesländer, in denen es zu gar keiner Auffälligkeit gekommen ist. Das muss man auch in Rechnung stellen, wenn man über unsere landwirtschaftlichen Betriebe spricht.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die schwarzen Schafe muss man finden, aber man darf nicht alle unter Generalverdacht stellen.
Wie oft wollen Sie das noch sagen?)
Sie fordern in Ihrem Antrag – das ist ein weiterer Punkt, weswegen wir ihn ablehnen – die grundsätzliche Sozialversicherungspflicht für alle ausländischen Saisonarbeitskräfte. Aber wir müssen uns doch fragen, worin eigentlich der Mehrwert für eine Saisonarbeitskraft besteht, wenn sie rentenversichert ist und in zwei aufeinanderfolgenden Jahren vielleicht jeweils drei Monate hier in Deutschland Rentenpunkte sammelt. Sie wird sich daraus keinen signifikanten Rentenanspruch erwerben können. Insofern sind doch eher die Betroffenen zu fragen, ob sie dieses Geld nicht lieber mit nach Hause nehmen und sinnvoll dort investieren wollen, vielleicht auch in eine Altersvorsorge.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte einen weiteren Punkt aus Ihrem Antrag aufgreifen, der es regelrecht in sich hat. Unter Punkt 7 Ihres Antrages möchten Sie, dass Arbeitskräfte auf unseren Feldern besser vor der UV-Strahlung zu schützen sind, und darüber sollten sie in ihrer Muttersprache aufgeklärt werden. Die Bundesregierung wird aufgefordert, hierzu Personal zu finanzieren. Ich frage mich: Was ist das eigentlich für ein Bild von den Menschen, die zu uns auf unsere Felder kommen? Als ob man nicht auch in anderen Ländern die Gefahr der UV-Strahlung und die Wirkung von Sonnenmilch kennen würde! Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Bild, das Sie hier von den Menschen zeichnen, die zu uns kommen, ist nicht eines, das wir als Freie Demokraten teilen. Auch deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU
Es ist schon eine ganz grundsätzliche Frage, wie wir über die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in unserem Land sprechen. Wenn man sich die Statistiken anschaut, dann sieht man, dass es immer weniger Menschen gibt, die bereit sind, ein Unternehmen zu führen oder in die Unternehmensnachfolge zu gehen.
Das wird zum Schaden unserer mittelständisch strukturierten Wirtschaft sein. Betriebe, die keinen Nachfolger haben, werden aus dem Markt ausscheiden. Das ist nicht zum Vorteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, und deshalb ist wirklich die Frage zu stellen: Sollten wir nicht mit mehr Respekt über unsere Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in diesem Land sprechen und sie nicht unter Generalverdacht stellen?
Keiner stellt sie unter Generalverdacht!)
Sollten wir nicht die Kritik auf die schwarzen Schafe konzentrieren? Und Sie stellen sie nicht nur unter Generalverdacht, sondern nehmen sie auch in Generalhaftung;
Das ist einfach nicht wahr!)
denn die Regelungen, die Sie einführen wollen, gelten für alle. Und damit nehmen Sie alle in Haftung; damit nehmen Sie die Menschen in Sippenhaft,
Zuruf der Abg. Amira Mohamed Ali [DIE LINKE)
und das ist unanständig in einem Rechtsstaat, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Das Wort hat die Kollegin Susanne Ferschl für die Fraktion Die Linke.
Beifall bei der LINKEN)