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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich als Außenpolitiker meiner Partei und Fraktion dieser Rede eine Bemerkung vorausschicken. Danach schauen wir gemeinsam auf das, was erreicht worden ist, und auf das, was noch zu tun bleibt.
Für einen Vertreter der Freien Demokraten war der Tag der Verabschiedung der Nationalen Sicherheitsstrategie ein guter Tag. In den Koalitionsverhandlungen war es die FDP, die dafür gesorgt hat, dass diese Strategie vor die Klammer gezogen wurde. Sie wurde in dem Teil des Koalitionsvertrages festgehalten, der durch die Verhandlungsführer fixiert war, bevor die Fachverhandlungen der einzelnen Arbeitsgruppen begannen.
Beifall bei der FDP)
Was vor der Klammer stand, war nicht mehr zu ändern. Deswegen ist es gelungen, diesen Prozess überhaupt aufs Gleis zu setzen. Dass wir dieses Dokument jetzt in Händen halten, ist daher ein Erfolg liberaler Außenpolitik,
auf den ich stolz bin. Und ich wende mich hier an die Freundinnen und Freunde meiner Fraktion: Darauf könnt auch ihr stolz sein; denn das ist ein gemeinsamer Erfolg.
Beifall bei der FDP)
Aber – und das ist genauso wichtig – es wäre falsch, die Nationale Sicherheitsstrategie als parteipolitisches Projekt zu verstehen, sie darauf verengen zu wollen; das haben wir auch nie getan. Vielmehr haben wir zahlreiche Aufrufe aus der deutschen strategischen Community, insbesondere aus den Reihen der Münchner Sicherheitskonferenz analysiert, die guten kanalisiert und sie in den politischen Raum transportiert. Diese Aufrufe lauteten: Deutschland muss strategiefähig werden, es braucht eine Außen- und Sicherheitspolitik aus einem Guss, Ressortstreitigkeiten müssen überwunden, ein Nationaler Sicherheitsrat gegründet
Beifall des Abg. Roderich Kiesewetter [CDU/CSU])
und eine Nationale Sicherheitsstrategie erarbeitet werden. Das ist das, was aus der deutschen strategischen Community über viele Jahre gekommen ist.
Im Hinblick auf die Nationale Sicherheitsstrategie ist Folgendes noch wichtiger: Jeweils ein Jahr nach dem Antritt jeder neuen Bundesregierung ist eine solche Strategie erneut vorzulegen. Insofern ist das, was die Außenministerin im Vorwort zu dieser Strategie geschrieben hat, zentral wichtig – ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin –:
Sie brauchen keine Genehmigung!)
„Dieser Text ist kein Schlusspunkt, sondern ein Anfang.“
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Strategie adressiert die fundamentalen Sicherheitsbedürfnisse unseres Landes. Sie definiert unsere sicherheitspolitische Identität, unsere Werte genauso wie unsere nationalen Interessen. Diese unterliegen aber einem Wandel, der mal langsam und allmählich, manchmal aber auch abrupt und schnell vor sich gehen kann. Wer will das in diesen Zeiten bestreiten? Der Bundeskanzler hat genau das in seiner Zeitenwende-Rede vom 27. Februar letzten Jahres sehr deutlich gemacht. Deswegen ist dies hier zwar die erste Nationale Sicherheitsstrategie, aber hoffentlich nicht die letzte.
Lassen Sie uns einen Blick auf die Strategie als solche werfen. Der Begriff der Integrierten Sicherheit, also ein Sicherheitsverständnis, das über das klassische Außen- und Sicherheitspolitische hinausgeht, ist erst einmal ein mutiges, aber auch ein schwieriges Unterfangen. Ein Lernprozess in der Erarbeitung der Strategie bestand darin, dass es inzwischen einen Konsens in Deutschland darüber gibt, dass äußere und innere Sicherheit voneinander nicht mehr getrennt betrachtet werden können. Ich finde das gut und richtig, meine Damen und Herren.
Beifall bei der FDP)
Im Prozess bedeutete das dann eine viel stärkere Rolle des Innenministeriums und der Bundesländer.
Das ging nicht ohne Geruckel ab; das war ja auch nachzulesen. Aber hier soll es nicht um Schuldzuweisungen gehen, sondern das Positive in den Vordergrund gerückt werden. Beim nächsten Mal weiß die Bundesregierung besser, wer, wann, wie einzubinden sein wird.
Inhaltlich hat es Kritik daran gegeben, dass manches vage oder beliebig geblieben sei – das ist an der einen oder anderen Stelle sicher auch richtig –, aber in den wirklich wichtigen Kernpunkten, lieber Jürgen Hardt, gilt das nicht: die Definition unserer nationalen Interessen, die Rolle Chinas im globalen Systemwettbewerb des 21. Jahrhunderts. Zur gegenwärtigen russischen Politik ist die Sprache klar und deutlich. Wir bekennen uns zur Notwendigkeit eines umfassenden Multilateralismus, der sich um Frieden und Sicherheit genauso kümmert wie um Entwicklung, Menschenrechte und Freihandel, einschließlich der Freiheit der Navigation, meine Damen und Herren, die für uns als Handelsnation so zentral ist.
Beifall bei der FDP sowie der Abg. Gabriela Heinrich [SPD])
All das sind Aussagen, die Richtschnur deutscher Politik sind oder werden. Sie sind damit auch für unsere Partner Signale der Verlässlichkeit. Die Welt weiß, mit was sie es in Deutschland zu tun hat, wo wir herkommen, wo wir stehen und wo wir hinwollen.
Ein Punkt – und das sage ich hier für meine Fraktion – fehlt allerdings tatsächlich: Das ist die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates.
Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Nun mag man denken, das sei ein Steckenpferd der Freien Demokraten. Aber das ist es nicht. Wenn Sie mit dem ehemaligen Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz sprechen, der Staatssekretär im Auswärtigen Amt war, und dem jetzigen Leiter, der lange im Bundeskanzleramt gearbeitet hat, Wolfgang Ischinger und Christoph Heusgen: Beide sind dafür. Die „Frankfurter Allgemeine“ ist dafür, der „Spiegel“ ist auch klar dafür.
Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Die FDP ist auch dafür. Und, meine Damen und Herren, ich verspreche Ihnen: Das Thema bleibt. Die FDP-Bundestagsfraktion wird diesen Stein des Nationalen Sicherheitsrates schon in der kommenden Woche ein weiteres Mal den politischen Berg hinaufrollen. Und ich versichere Ihnen, meine Damen und Herren, wir tun das guten Mutes; denn mit Albert Camus sind wir der Meinung, dass man sich Sisyphus als glücklichen Menschen vorzustellen hat.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sevim Dağdelen hat das Wort für Die Linke.
Beifall bei der LINKEN