- Bundestagsanalysen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, Sie erlauben mir, von den pseudophilosophischen Betrachtungen über Besenstiele – die Walpurgisnacht ist nun doch schon ein bisschen her – zurückzukommen zur Realität in unserem Land, auf unserem Kontinent.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE]
Zuruf von der AfD: Pseudorealität!)
Darum sollten wir uns kümmern und nicht um Hirngespinste. Die Freude über das eigene Reden haben wir ja deutlich gespürt.
Uns geht es um die Länder des westlichen Balkans. Der Fall Jugoslawiens war geprägt von Nachbarschaftskonflikten und Bürgerkriegen. Diese Konflikte und Auseinandersetzungen wirken bis heute nach. Und doch eint die Menschen in den Staaten des westlichen Balkans eins: der Wunsch, die Sehnsucht, Teil des gemeinsamen Europas zu sein, um als gleichberechtigtes Mitglied der Europäischen Union an unserer gemeinsamen Zukunft zu arbeiten. Ein Traum, den vor allem die junge Generation träumt.
Das Reformtempo in den einzelnen Staaten ist unterschiedlich, der Einfluss Chinas und Russlands hier und da spürbar. Für manche Länder mag der Weg in die Europäische Union noch etwas weiter sein. Nordmazedonien ist einen engagierten Reformkurs gegangen, hat Erfolge bei der Umsetzung des gemeinsamen Acquis erzielt, und doch konnte das Land über viele Jahre kein Beitrittskandidat und kein NATO-Mitglied werden, weil es ein Nachbar eben nicht wollte, nur wegen seines Namens. Aber auch diese Hürde räumte Nordmazedonien aus dem Weg. Es gibt nicht viele Länder weltweit, die in ihrer Geschichte so sensible und emotionale Zugeständnisse akzeptiert haben. Das verdient unseren großen Respekt und unsere Anerkennung.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Bürger Nordmazedoniens haben dieses Zugeständnis akzeptiert, weil ihr Land seit Jahren mit bewundernswerter Bereitschaft und diplomatischem Geschick ein Ziel verfolgt: die Integration in euroatlantische Strukturen. Bereits mit Unterzeichnung des Prespa-Abkommens haben Nordmazedonien und Griechenland mit Erfolg bilaterale Konflikte friedlich und diplomatisch gelöst. Voraussetzung dafür war der politische Wille auf beiden Seiten. Das Abkommen ebnete den Weg Nordmazedoniens in die NATO.
Schon jetzt zeigt sich, dass Nordmazedonien auch in der Außen- und Sicherheitspolitik für die EU ein verlässlicher Partner ist, sich in dem Bereich bereits wie ein EU-Mitglied verhält. Diese Verlässlichkeit und dieses große Engagement unterstreicht auch der Vorsitz Nordmazedoniens in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Jahr ist für den europäischen Weg Nordmazedoniens besonders wichtig. Es geht um nichts anderes, als dem Ziel, Mitglied der Europäischen Union zu werden, einen entscheidenden Schritt näherzukommen. Auf dem Weg zu diesem Ziel wollen wir Nordmazedonien unterstützen. Wir freuen uns darauf, dass die mazedonische Kultur, Identität und Sprache die Kultur und die Vielfalt der Europäischen Union bereichern. Da unterscheiden wir uns ganz klar von Ihnen.
Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Zuruf des Abg. Dr. Harald Weyel [AfD])
Daher möchten wir heute mit unserem Antrag die Bürger und die Parlamentarier, Regierungs- und Oppositionsparteien Nordmazedoniens ermutigen, den Kompromiss des Europäischen Rates vom Sommer 2022 gemeinsam mitzutragen. Wir wissen, dass es erneut eine große Bitte ist, dass wir Nordmazedonien viel abverlangen. Die Umsetzung des Kompromisses wird aber den Weg ebnen, die ersten Verhandlungscluster zwischen der EU und Nordmazedonien zu öffnen, und darauf kommt es an.
Gleichzeitig wissen wir auch, dass es der Glaubwürdigkeit der EU als Ganzes schadet, wenn einzelne Länder – oft aus innenpolitischen Gründen – Fortschritte anderer verhindern oder um Jahre verzögern. Wir müssen an unseren Entscheidungsmechanismen arbeiten.
20 Jahre nach dem Gipfel von Thessaloniki müssen wir auch den Beitrittsprozess neu denken und den Ländern attraktive Zwischenschritte in Aussicht stellen. Das schafft Vertrauen. Dazu könnten die Anbindung der Länder an den EU-Binnenmarkt, ein erleichterter Waren- und Zahlungsverkehr mit EU-Staaten und mehr Reise- und Visumerleichterungen gehören. Das bringt Menschen und Wirtschaft zusammen und zeigt, dass sich durch Reformbemühungen im eigenen Land spürbare Verbesserungen im eigenen Leben erreichen lassen.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Europäische Union gründet auf gemeinsamen Werten: Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit. Wir sollten offen sein für Länder, die diese Werte mit uns teilen. Wir sollten uns freuen auf Menschen, die mit ihrer Kultur die Europäische Union bereichern.
Ich will Albanien nicht drin haben!)
Wir freuen uns, gemeinsam mit Nordmazedonien den nächsten Schritt auf dem Weg in die Europäische Union zu gehen. Wir freuen uns, Sie nicht; das unterscheidet uns.
Danke.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der nächste Redner ist Andrej Hunko für Die Linke.
Beifall bei der LINKEN)