Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der 17. Juni 1953 ist für uns ein Tag der Trauer, er ist für uns ein Tag der Treue, er ist für uns ein Tag des Mutes und der Hoffnung. – Dieser treffende Satz des früheren Bundeskanzlers Konrad Adenauer gilt bis heute, und ich wünschte, dass ihn auch alle in diesem Hause verstehen würden. Es muss uns ein gemeinsames nationales Anliegen sein, dass das Gedenken an die mutigen Helden des DDR-Volksaufstandes in unserem Land hochgehalten wird. Es braucht ein Gedenken an die Opfer von Widerstand und Opposition, es braucht eine nationale Würdigung echter Freiheitsbewegung. Ich finde es daher gut, dass wir von der breiten Mitte dieses Hauses, auch wenn wir uns in unseren Anträgen in Nuancen unterscheiden, uns auf diesen Konsens einigen können. Das gilt natürlich für den 70. Jahrestag des Volksaufstandes, aber das muss, wie ich finde, auch jederzeit in unserer Gesellschaft gelten. Und ich will Ihnen sagen: Bei allen politischen Debatten, die man über tatsächliche oder vermeintliche Missstände in der Gegenwart führen kann, ist es eine intellektuelle Beleidigung für diese eigentlich gelungene Debatte und spricht es von historischer Unkenntnis, liebe Kolleginnen und Kollegen, hier Parallelen vom Volksaufstand der DDR 1953 zur Gegenwart zu ziehen, so wie das von Teilen dieses Hauses, von der AfD und auch meiner Vorrednerin, versucht wird. Schauen Sie sich die Dimensionen des 17. Juni 1953 an – sie sind ja schon verschiedentlich geschildert worden –: Über 1 Million Menschen gingen in über 700 Städten in der DDR auf die Straße, natürlich aus sozialen Gründen, aber sie forderten auch den Rücktritt der Regierung, freie Wahlen, die Wiedervereinigung unserer deutschen Nation. Die Antwort war: Es gab mehr als 50 tote Demonstranten durch diktatorisches Unrecht. 18 Menschen wurden zur Abschreckung standrechtlich erschossen. 15 000 Menschen wurden auf Anweisung der SED-Führung von der Staatssicherheit verhaftet und teilweise zu langen Haftstrafen verurteilt. Ich sage für unsere Fraktion ganz klar: Diesen frühen ersten Opfern der Wiedervereinigung, denen leider noch so viele Opfer, Mauertote, Opfer sozialistischer Gewaltherrschaft, gefolgt sind, sind wir es schuldig, dass wir das Gedenken an den DDR-Volksaufstand hochhalten. Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir in diesem Zusammenhang auch mit vielen Zeitzeugen zu tun haben, Menschen, die unter der SED-Diktatur gelitten haben. Diese Menschen folgen heute dieser Debatte, aber sie werden vor allem auch morgen unserer Gedenkstunde folgen. Es ist wichtig, dass wir ihre Stimmen hochhalten gegen das Vergessen und für das Erinnern; denn es muss uns doch alle beklemmen, in Umfragen zu sehen, dass es 70 Jahre nach diesem schrecklichen Ereignis um die kollektive Erinnerung an den DDR-Volksaufstand gerade in der jüngeren Generation nicht gut bestellt ist. Das muss uns Anlass geben, gemeinsam daran zu arbeiten, in Debatten, aber auch in der Wirklichkeit Mahnmale gegen das Erbe kommunistischer Gewaltherrschaft zu setzen. Das ist unser gemeinsames Anliegen. Dass Sie eigene Punkte aus unserem Antrag aufgenommen haben und Ihren Antrag verbessert haben, ist richtig. Lassen Sie uns dazu beitragen, dass nicht nur aus Anlass von Gedenktagen dieses Erbe des SED-Unrechts angegangen wird, sondern dass auch in der Realität Konsequenzen folgen. SED-Opferrenten, Härtefallfonds, da muss einiges passieren. Da nehmen wir Sie gerne beim Wort. Herzlichen Dank.