Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt am Ende der Debatte ist ja der Überblick da, wie unterschiedlich die Positionen hier im Saal sind. Genau so können wir uns das für Europa vorstellen, vielleicht sogar noch ein bisschen verschärft, wie unterschiedlich die Positionen sind. Vor diesem Hintergrund ist doch eindeutig, was für eine große Leistung es ist, dass wir nun endlich zu einer Einigung in Europa gekommen sind. Keine Einigung ist keine Option. Die Reaktion auf den Angriffskrieg von Putin hat doch gezeigt, dass ein einiges Europa zu Gutem in der Lage ist. Dass wir ein Zeichen der Schwäche ausgesendet haben, war möglicherweise eines der Motive, was Herrn Putin dazu gebracht hat, diesen Angriff zu wagen. Europa muss Einigkeit erreichen können bei den Herausforderungen, die uns gemeinsam begegnen. Frau Lindholz, Ihr Beitrag insbesondere zum Thema Grenzkontrollen, wie es der Kollege Wiese hier schon angesprochen hat, war wieder einmal ein Beispiel, dass Ihre Partei und Ihre Fraktion in den Nationalismus abzugleiten droht. Sie haben hier vorgetragen, dass das oberste Ziel der Bundesregierung sein solle, dass die Zahlen in Deutschland sinken. Jetzt schauen wir einmal zeitgleich in 26, 27 andere Parlamente in Europa. Wenn dort überall die Parlamente sagen: Aber bei uns – das ist das oberste Ziel – müssen die Zahlen sinken, dann haben wir ein Europa, wo jeder nur auf sich schaut. Wir brauchen aber ein solidarisches Europa, und dafür arbeitet diese Bundesregierung. Es war von Moria die Rede. Ich war in diesem Lager Moria, bevor es dort gebrannt hat. Ich habe den Hinweis von einer Nichtregierungsorganisation bekommen, dass man gar nicht durch den Haupteingang gehen muss, sondern dass man auch durch ein Loch im Zaun hineinschlüpfen kann. Ich kann sagen, dass ich dort alles gesehen habe, dass ich die Kinder gesehen habe, wie sie zwischen den Zelten mit Murmeln gespielt haben. Deswegen ist es eine richtige Position dieser Bundesregierung: Solche Zentren, solche Lager sind kein Ort für Kinder. Wir müssen es schaffen, dass sie von diesen Grenzverfahren ausgenommen werden. Frau Wissler, schön, dass Sie gerade am Schreien sind, weil ich jetzt auf Sie kommen möchte. Sie haben hier vorgetragen, dass wir das Asylrecht abschaffen würden. Meine zweite Erfahrung in Moria war, dass es organisierte Desorganisation war, dass die Menschen dort sich selbst überlassen waren. Es hat fast totalitäre Züge gehabt, dass man ein Durcheinander erzeugt, dass die Menschen nicht mehr vor und nicht mehr zurück können. Das lag daran, dass keine Asylverfahren durchgeführt wurden. Wir sichern jetzt, dass an den Außengrenzen Asylverfahren durchgeführt werden. Es ist also das Gegenteil von dem, was Sie behaupten. Wir schaffen das Asylrecht nicht ab, sondern wir sichern, dass Menschen, die unseren Kontinent erreichen, Asylverfahren nach rechtsstaatlichen Standards erreichen können. Ja. Sehr geehrter Herr Kollege Throm, vielen Dank für die beiden Fragen. – Das haben Sie missverstanden. Ich unterstelle Ihnen nicht, dass Sie mich missverstehen wollen. Das kann passieren. Wir haben Moria besucht, wir haben damals nach unseren Erfahrungen gegen den Widerstand Ihres Innenministers und Ihrer Fraktion durchgesetzt, dass dieses Lager evakuiert werden kann, und wir haben die Lehren aus Moria gezogen. Die Erkenntnisse aus diesen Lehren sind jetzt Bestandteil des aktuellen Beschlusses zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem, eben die Menschen nicht in solches Elend zu treiben, sondern ordentliche Bedingungen zu schaffen. Wenn Sie in Ihrer Frage schon die anderen alternativen Einrichtungen erwähnen, könnten Sie diese ja mal bereisen. Dann sehen Sie, dass sie in der Mitte von irgendwelchen Inseln gebaut werden und mit Zäunen und Stacheldraht umgeben sind, dass es für Nichtregierungsorganisationen und Hilfsorganisationen sehr schwer ist, diese überhaupt zu erreichen, dass die Menschen dort nicht rausgehen können; denn wenn sie rausgehen würden, würden sie nirgendwo hinkommen können. Deswegen sage ich Ihnen auch: Was uns unterscheidet, ist, dass wir für hohe Standards sorgen wollen. Wo die Menschen ankommen, brauchen sie Gesundheitsleistungen. Wo die Menschen ankommen, brauchen die Kinder Bildungsangebote. Wo die Menschen ankommen, müssen Sicherheitschecks gemacht werden. Da braucht es Beratung und Hilfe. Das ist unsere Position dazu, und dafür treten wir auch weiter ein. Jetzt zur Frage der Grenzkontrollen. Die Innenminister von Sachsen und Brandenburg, alle beide ehemalige Kollegen, die in Ihrer Fraktion gesessen sind, treten für Grenzkontrollen auch Richtung Osten ein. Sie haben ja geschildert, was die Bundesregierung tut. Unsere Innenministerin trifft umsichtige und faktenbasierte Entscheidungen und sagt: Gemäß dem, wie sich die Lage darstellt – an der österreichischen Grenze anders als an den anderen Grenzen und auch stabiler als an den anderen Grenzen –, werden die Entscheidungen lageangepasst getroffen. Sie hingegen sagen einfach: Mehr Grenzkontrollen ist besser. Und dann stehen am Ende mit den Touristen die Pendlerinnen und Pendler und die Waren im Stau, und es gibt eine Kettenreaktion in Europa, und mit den offenen Grenzen ist es vorbei. Das ist nicht unsere Politik. Die Uhr läuft wieder. Ich wollte ohnehin mit Ihnen noch eine Sache besprechen, die Sie jetzt nicht gefragt haben, aber in Ihrer Rede angesprochen haben. Sie haben gemeint, es wäre jetzt kein ordentlicher Verteilmechanismus, weil hier andere Gelder zahlen können, um die europäische Flüchtlingspolitik solidarisch zu unterstützen. Ich sage Ihnen: Damit haben Sie bewiesen, dass Sie einfach auf Ihren Positionen von 2015, mit denen Sie seit acht Jahren Blockade erzeugt haben, stehen geblieben sind. Wir in der SPD-Bundestagsfraktion haben dagegen eine Position entwickelt, indem wir gesagt haben: Es kann Solidarität in der Form von Aufnahme, aber auch in der Form von Zahlungen geben. – Die wird jetzt umgesetzt, und das ist der Durchbruch, der uns gelungen ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden nicht nachlassen, für Menschlichkeit und Solidarität im Umgang mit Geflüchteten zu werben und einzutreten. Das UNHCR-Flüchtlingswerk hat in dieser Woche wieder bekannt gegeben, dass es 110 Millionen Geflüchtete weltweit gibt; ein neuer Höchststand. Das ist einerseits immer eine schreckliche Nachricht. Auf der anderen Seite: Rechnen wir es auf 8 Milliarden Menschen auf dieser Erde um, und machen wir uns klar, dass die Hälfte von diesen Geflüchteten Binnenvertriebene sind, die in ihren eigenen Ländern bleiben, dann sehen wir, dass höchstens 10 Prozent unseren Kontinent erreichen. Meine Damen und Herren, diese Aufgabe kann mit etwas gutem Willen von der Weltgemeinschaft so gestaltet werden, dass die Menschenwürde aller Menschen gewahrt bleibt. Das bleibt das Ziel unserer Politik. Vielen Dank.