Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ein Verbrechen, und es ist auch nach heutigem Maßstab ein Verbrechen gewesen. Herr Abraham hat die Bestimmungen des Zusatzprotokolls erwähnt: Die militärische Zerstörung von Staudämmen ist schon heute mit dem Kriegsvölkerrecht nicht vereinbar. Das gilt übrigens auch für Angriffe und die Gefährdung von Atomkraftwerken. Und wir reden hier nicht über den ersten Fall dieser Art. Russland hat, um die Heimat von Herrn Selenskyj zu fluten, während des Krieges schon im letzten September einen Staudamm am Fluss Inhulez bombardiert und zerstört. Russland hat infolge der Befreiung von Nowodonezke den Kachowka-Damm gesprengt, um dieser Tage eine Gegenoffensive von der ukrainischen Seite zu unterbinden. Wir wissen nicht, was in Kachowka genau passiert ist. Wir wissen – das hat der Kollege Lechte deutlich gesagt –, dass es dort eine Explosion gegeben hat. Aber ich denke schon: Wir müssen von diesem Bundestag das einheitliche Signal senden: Wir wollen der Kultur der Straflosigkeit bei Verstößen gegen das Völkerrecht endlich ein Ende machen! Das ist die gemeinsame Überzeugung dieses gesamten Hauses, zumindest des demokratischen Teils dieses Hauses. Übrigens, Johann Wadephul, ich habe eben nachgeschaut: Am 6. Juni, an dem Dienstag, hat mir Robin Wagener geschrieben: Sollen wir dazu nicht eine Aktuelle Stunde machen? Also, behalten Sie Ihre Unterstellungen für sich. Wenn hier in diesem Ausmaß vom Technischen Hilfswerk und von vielen Hilfsorganisationen so schnell reagiert worden ist: Lieber Bernd Riexinger, was ist denn daran „militaristische Logik“? Ich finde, das ist doch selbstverständlich. Das ist die Art und Weise, wie wir unsere Solidarität mit dem ukrainischen Volk, mit der Bevölkerung, mit den Opfern dieser Straftat ausdrücken. Und das hat nichts mit Militarismus zu tun. Ich glaube, dass wir an der Stelle auch ein Signal senden müssen an den Rest der Welt. Das ist hier nicht nur ein Ökozid. Sie haben auf die Folgen für die Landwirtschaft hingewiesen. Dieser Tage fährt eine Delegation der Afrikanischen Union nach Kiew und anschließend nach Moskau, um zu schauen, welche Möglichkeiten für Frieden es gibt. Da ist es in vielen Ländern schwer verbreitet, zu sagen: „Ihr habt einen europäischen Krieg, das ist nicht unser Krieg“, und im gleichen Atemzug zu sagen: „Wegen dieses Krieges ist die Versorgung der Menschheit mit Getreide gefährdet“. Ja, was ist an den Börsen passiert? An dem Tag der Sprengung ist der Weizenpreis mal eben um 3 Prozent nach oben gegangen. Ich habe heute Morgen im Radio gehört, dass im Rahmen der humanitären Hilfe für Syrien die Versorgung von Menschen von 5 Millionen auf 3 Millionen reduziert wird, weil nicht genug Geld und nicht genug Getreide da ist. Und in dieser Situation wird in der Ukraine ein Staudamm gesprengt, mit der Folge, dass 500 000 Hektar gefährdet sind und künftig in der Weizenproduktion ausfallen werden. Und on top erklärt Wladimir Putin, dass er das Getreideabkommen am 18. Juni auslaufen lassen will. Liebe Leute, auch von der linken Seite: Was ist das denn, dass man dazu schweigt, dass man zu dieser Politik des Verbrechens und übrigens des Aushungerns nicht nur in der Ukraine einfach sagt: „Na ja, darauf müssen wir mal mit einem Waffenstillstand reagieren“? Eine letzte Bemerkung. Ich weise nur darauf hin, dass der chinesische Vorschlag, dieses Positionspapier, ja nicht von den Europäern vom Tisch gewischt worden ist. Es ist übrigens nicht mal von Selenskyj vom Tisch gewischt worden. Er hat gesagt: „Das ist eine wichtige Initiative“, und er hat das gelobt. Vom Tisch gewischt worden ist es von Herrn Peskow, dem Sprecher des Kreml. Er hat erklärt: Wir wollen keinen Waffenstillstand. Wir wollen weiterkämpfen. – Das ist die Wahrheit, und die muss auch an dieser Stelle gesagt werden! Schließlich: Ich komme aus einer Partei, der es nicht leichtfällt – meiner Generation nicht, aber auch den Jüngeren nicht –, an dieser Stelle zu sagen: Ja, wir müssen dafür sorgen, dass die Rüstungsproduktion hochgefahren wird, dass wir mehr Munition produzieren und Ähnliches. Aber ich finde, Sie sollten gelegentlich mal einen Blick in das Gutachten der Friedensforscher von dieser Woche werfen. Diese haben ausdrücklich gesagt – dieses Gutachten heißt übrigens „Noch lange kein Frieden“ –: Aktuell, in dieser Situation, sehen wir keine Chance für eine Verhandlungslösung. Und solange das so ist, muss der Westen, müssen die Demokraten dafür sorgen, dass die Ukraine nicht überrannt wird. Ich fühle mich mit dieser für mich schwierigen Position – – aber in einer Übereinstimmung mit der Garde der deutschen Friedensforscherinnen und ‑forscher. Und ich würde mich freuen, wenn Sie zu denen zurückkehren würden.