Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürger/-innen! Liebe Eltern! Zunächst möchte ich mich bei meiner Fraktion für die Gelegenheit bedanken, zu einem Thema zu sprechen, bei dem es um nichts Geringeres geht als um die Zukunft. Denn ja, Kinder, meine Damen und Herren, sind die Zukunftsträger/-innen in unserer Gesellschaft. ln ihnen schlagen die Adern der Zukunft, und ihnen gilt auch unser uneingeschränkter Schutz. Die aktuelle Kriminalstatistik hält uns jedoch leider einen anderen Spiegel vor – wir haben es hier bereits gehört –: Jeden Tag werden in Deutschland 48 Kinder sexuell missbraucht. Lassen Sie sich das mal auf der Zunge zergehen: 48 Kinder täglich, überall und unter uns, jetzt, während wir hier sitzen und debattieren! Misshandlung ist in Deutschland also leider Alltag. Und ja – wie mein Kollege Baldy bereits ausgeführt hat –, das passiert hauptsächlich in den Familien. Das passiert aber auch in den Sportvereinen, das passiert leider auch in öffentlicher Verantwortung und neuerdings zunehmend im Internet. Wir alle kennen wahrscheinlich ein Kind, das sexuelle Gewalt erlitten hat oder erleidet, und sind uns dennoch dieser Tatsache nicht bewusst. Warum ist das so? Kindesmissbrauch findet meistens im Verborgenen statt und wird insbesondere von starren hierarchischen Strukturen begünstigt. Ein trauriges Beispiel aus meinem Bundesland Berlin ist das Wirken des sogenannten Experten für Sexualpädagogik Helmut Kentler in der Kinder- und Jugendhilfe in Berlin. Er hat auch in Niedersachsen gewirkt und vermutlich in weiteren Bundesländern, wie die Forschungsberichte der Uni Hildesheim aufzeigen. Auf dieser Grundlage des Verborgenen war es möglich, ein bundesweit agierendes Netzwerk an Pädophilen durch den Staat zu decken. Das war das Landesjugendamt Berlin, das waren auch kommunale Jugendämter. Wenn Eltern ihre Kinder vom Staat geförderten Einrichtungen anvertrauen, müssen sie sich jedoch sicher sein können, dass ihre Kinder in guten Händen sind. Genauso gilt das für die Kinder, die in staatliche Obhut aufgenommen werden, also genau solche Pflegekinder wie in den Kentler-Fällen. Was haben wir in Berlin aus diesem dunklen Kapitel gelernt, und welche Schlussfolgerungen können wir für ganz Deutschland ziehen, auch mit Blick auf das anstehende Gesetz? Wir brauchen Kinderschutzkonzepte für öffentliche Einrichtungen in der direkten Arbeit mit Kindern. Wir brauchen Kinderschutzkonferenzen für Pflegekinder. Wir brauchen zusätzlich neutrale Orte, wo Kindesmissbrauch durch Mediziner und durch Fachpersonal rechtzeitig erkannt und angezeigt wird, also Kinderschutzambulanzen. Und wir müssen Betroffenen zusätzlich zum Jugendamt Ombudsstellen für Pflegekinder anbieten. Mein Bundesland Berlin wird ein solches Projekt, eine solche Ombudsstelle zum Ende des Jahres hin einrichten. Das ist ein Beispiel guter Aufarbeitung eines sehr dunklen Kapitels; das sind Impulse, die wir auch mitnehmen können. Aber dennoch: Wie durchbrechen wir nun den Teufelskreis pädophiler Gewalt in Deutschland? Um wirksam gegen Kindesmissbrauch vorzugehen, braucht es vor allem vier Dinge: Erstens. Wir brauchen leistungsstarke Jugendämter und Kinderschutzteams. Zweitens. Wir brauchen sensible Eltern. Drittens. Wir brauchen auch sensibilisierte Strukturen in den Bereichen Jugend, Sport, Schule und Kultur. Viertens. Wir brauchen nicht zuletzt einen besonderen Fokus – Kolleginnen von mir haben das eben bereits genannt – auf sexuelle Übergriffe im Netz. Heute bewegen sich fast alle Kinder im Internet, und sie nutzen digitale Räume bereits ab einem sehr frühen Alter. Doch das tun Täter auch. Cybergrooming, Kinderpornografie, sadistische Praktiken – all diese Taten dürfen nicht im rechtsfreien Raum geschehen. Deshalb müssen wir uns jetzt proaktiv darum kümmern. Nelson Mandela hat einen sehr treffenden Gedanken dazu geäußert: Wir haben eine Verantwortung als Wächter/-innen des Kindeswohls für alle Kinder ausnahmslos. An dieser Stelle möchte ich die Kolleginnen und Kollegen von der AfD explizit ansprechen. Unser Schutzversprechen als Rechtsstaat gilt jedem Kind in diesem Land, auch den geflüchteten Kindern, auch Kindern mit Behinderung, auch Kindern aus sozial benachteiligten Milieus. Allen Kindern, die in diesem Land leben, gilt der höchste Schutz. Das und nichts Geringeres ist unser Anspruch: null Toleranz gegenüber Kindesmissbrauch. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.