Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne mit einer Aussage des Meeresbiologen Hans-Otto Pörtner, der stellvertretend für den Weltklimarat festhält, dass sich die Welt im entscheidenden Jahrzehnt für den Umgang mit dem Klimawandel befindet. Zitat: „Es gibt nur einen begrenzten Zeitraum, in dem erfolgreiches Handeln auf den Weg gebracht werden kann.“ Das bedeutet, dass wir den raschen Ausbau der erneuerbaren Energien weiter voranbringen müssen. Der Ausstoß der Treibhausgase muss in diesem Jahrzehnt spürbar zurückgehen, um den Klimawandel quasi anzuhalten. Was wir also brauchen, ist ein von uns Menschen auf den Weg gebrachtes Moratorium für die menschengemachte Klimakrise und eben nicht das Gegenteil, wie es die AfD in ihrem Antrag fordert. Sie hat anscheinend nicht vor, unsere Gesellschaft und die Weltbevölkerung vor den folgenschweren Effekten der fortschreitenden Erderwärmung zu schützen: vor der Erwärmung der Ozeane, vor dem Anstieg des Meeresspiegels, vor den weltweit zunehmend tödlichen Hitzewellen und Dürreperioden, vor dem Verschwinden einzigartiger Naturlandschaften, vor dem Kollabieren bedrängter Ökosysteme, vor Starkwetterereignissen mit sintflutartigen Regenfällen, vor gefährlichen Stürmen und Erdrutschen. – Anders lässt sich der vorliegende Antrag nicht interpretieren. Die AfD fordert tatsächlich ein Aussetzen jeglicher gesetzlich festgelegter klimapolitischer Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene. Und sie will gleichzeitig – inhuman und politisch absolut unvernünftig – die globalen Unterstützungsleistungen für die Länder aussetzen, die schon heute von den verheerenden Klimafolgen betroffen sind. Der vorliegende Antrag der AfD hantiert im Kern mit folgender These: Klimawandel? Ja, könnte vielleicht doch stimmen, aber bekommen wir nicht gelöst, weil jede Veränderung unserer jetzigen Wirtschafts- und Lebensweise automatisch Wohlstandsverlust und ein schlechteres Leben bedeuten würde und weil die Bürger das ablehnen würden. Begründung: Es würde die Wirtschaft ruinieren, wenn sie aus Kohle, Öl und Gas aussteigt, und in der Folge gestiegener Energiekosten würden große Unternehmen in Länder wie China, Indien und Brasilien abwandern, die sich angeblich deshalb nicht auf Klimaziele festlegen lassen wollen und bei fossiler Energieerzeugung zulegen. Nicht zu vergessen: Da gibt es noch die Vereinigten Staaten bzw. den Teil der Amerikanerinnen, die gegen das Waffenrecht und für eine Krankenversicherung sind und die ihre Regierung, die den klimafreundlichen Umbau ihrer Wirtschaft massiv subventioniert, unterstützen. Wegen China, den USA, aber vor allem, weil es die AfD so einschätzt: Aufgrund unseres angeblichen deutschen und europäischen Unvermögens, es den USA mindestens gleichzutun, sollten wir eine ambitionierte Klimapolitik gleich sein lassen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die AfD den eigenen Minderwertigkeitskomplex, dass wir weltweit nicht mithalten könnten, an die Bevölkerung weitergeben will. Dass auch bei uns unter anderem der Vorschlag für einen Transformationsstrompreis für größere Unternehmen auf dem Tisch liegt, verschweigt sie. Wir müssen weiterhin registrieren, dass sie so gefallsüchtig und umfragefixiert ist, dass sie, um jeglicher Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen, der Bevölkerung vorschlägt, in die Isolation und Abschottung einzutreten. Wie wenig Menschenliebe muss die AfD haben! Und wie macht- und geschichtsvergessen muss sie sein, wenn sie hier, im höchsten deutschen Parlament, tatsächlich durchsetzen will, dass Deutschland die globale Zusammenarbeit aufkündigen soll! Weil wir das nicht tun, sondern uns als verantwortungsvolle Politikerinnen in unserem Ringen um richtige, systemische und tragbare Lösungen in den mitunter konfliktreichen Dialog mit unseren Mitbürgern begeben und dabei auch in Kauf nehmen, nicht immer nur Beifall zu ernten, werden wir hier im Plenum bei jeder Debatte von AfD-Abgeordneten sprachlich verächtlich gemacht. Wir dürfen nicht zulassen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass gebildete, selbstbewusste und mündige Bürger und Bürgerinnen von negativ autoritär verhafteten Politikern dabei angetrieben und getäuscht werden, zu denken, dass unsere komplexe Welt sich nicht in gemeinwohlorientiertem Sinne beeinflussen lassen könnte. Dafür sind wir hier und stehen wir in Verantwortung und im Wort. Der Antrag lässt erkennen, dass die AfD vorschlägt und durchsetzen will, dass alles beim Alten bleibt, um die eigene Ideenlosigkeit zu kaschieren und zu verstecken, dass man nicht wie alle anderen an einem schlüssigen Gesamtkonzept arbeitet. Doch damit nicht genug! Sie will auch allen anderen verbieten, Deutschland zukunftsfähig zu machen. Diesen Antrag kann man also getrost als den Aufruf zur kollektiven Denk- und Arbeitsverweigerung verstehen. Wir lehnen ihn selbstverständlich ab. Vielen Dank.