Diese Bundesregierung muss sich daran messen lassen, ob es ihr gelingt, dass Deutschland als einer der bestimmenden Staaten innerhalb der Europäischen Union das Paket zum Gemeinsamen Europäischen Asylrecht verabschiedet. Längeres Zögern und Nichthandeln ist keine politische Option. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Debatten über das Asylrecht haben immer die Gefahr, dass es zu einer Polarisierung kommt, indem auf der einen Seite Würde abgesprochen wird, indem das Asylgrundrecht grundsätzlich infrage gestellt wird und es auf der anderen Seite die Vision von offenen Grenzen gibt, die an der faktischen Realität abprallen muss. Es geht bei der Asyldebatte um Begrenzung und Steuerung; denn nur Begrenzung und Steuerung versetzen unseren Staat, die Kommunen und jeden Einzelnen in die Lage, Humanität walten zu lassen. Das ist der Kern unserer Asylpolitik. Ich bin über diese Debatte – ich will das offen sagen – sehr irritiert. Herr Kollege Pahlke, Sie haben – ich zitiere – angeführt, dass die Union immer weiter in den Trumpismus abrücke. Sie haben überdies Jens Spahn falsch zitiert. Sie haben ihm vorgeworfen, er würde die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention abschaffen wollen. Er hat vielmehr darauf hingewiesen, dass die Frage erlaubt sei, ob diese Konventionen so noch funktionieren. Zwischen „abschaffen“ und „so noch funktionieren“ besteht ein großer Unterschied. Sie sollten keine Politik mit der Unwahrheit machen! Sie haben in Bezug auf die Grenzverfahren gesagt – ich zitiere Sie wieder –: Mit den Grenzverfahren wirft man Menschen vor den Bus. Ihre Kollegin Licina-Bode hat eben zu Recht ausgeführt, dass die Grenzverfahren Teil des Verhandlungspakets dieser Bundesregierung sind, worauf sich auch die Ministerpräsidenten geeinigt haben. Ich darf Sie also fragen: Haben Sie hier für die grüne Fraktion geredet, die diese Bundesregierung mitträgt, wenn Sie die Grenzverfahren ablehnen? Sie müssen klar und deutlich im Deutschen Bundestag zum Ausdruck bringen, ob Sie hinter den Grenzverfahren stehen oder nicht. Ich möchte auch auf die rechtliche Lage hinweisen. Die Frage der Grenzverfahren ist bereits hinlänglich vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geklärt worden: Grenzverfahren sind möglich. Eine schnelle Prüfung der Asylberechtigung ist eine Möglichkeit, sicher festzustellen, ob jemand, der in den Raum der Europäischen Union einreisen möchte, einen Schutzanspruch hat oder nicht. Es ist übrigens auch menschlich. Denn es entspricht nicht unserer Konzeption, dass man in die Europäische Union einreist, dort lange Verfahren erduldet, an deren Ende kein Asylgrund steht, und man dann durch Verfahren die Europäische Union wieder verlassen muss. Es ist menschlicher, gleich zu wissen, ob man einen Asylanspruch hat oder nicht. Das ist der Kern dieser Regelung. Sie ist vernünftig, und sie ist menschenrechtlich auch zulässig. Wir haben aber auch auf nationaler Ebene Möglichkeiten. Und Sie werden daran gemessen werden, wie Sie diese Möglichkeiten umsetzen. Sie haben heute die Chance verpasst, den Ausreisegewahrsam von 10 auf 28 Tage zu verlängern, so wie es alle Ministerpräsidenten einstimmig beschlossen haben. Aber Sie können in den nächsten Wochen beweisen, dass Sie bei den sicheren Herkunftsstaaten einen Schritt nach vorne gehen. Es kann doch nicht sein, dass Georgien, ein Mitgliedstaat des Europarates, nicht als sicherer Herkunftsstaat eingestuft ist. Wir müssen auch Tunesien, Algerien und Marokko als sichere Herkunftsstaaten einstufen; das hat bereits die letzte Große Koalition beschlossen. Es ist an den Grünen gescheitert. Es darf kein zweites Mal an den Grünen scheitern. Wir brauchen beim Gemeinsamen Europäischen Asylsystem einen klaren Schritt nach vorne, damit durch Begrenzung und Steuerung von Asyl und Migration Humanität weiter gelingt und wir damit unsere europäischen Werte hochhalten. Herzlichen Dank.