Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrtes Publikum! Deutschland steht als Unterzeichner der Genfer Flüchtlingskonvention in einem besonderen Maß in der EU dafür, dass wir rechtsstaatlich gut organisierte Asylverfahren durchführen. Die Entscheider/-innen des BAMF unterstützen als Expertinnen und Experten schon seit vielen Jahren die Mitgliedstaaten auf den bekannten Inseln bei der Bearbeitung der Asylverfahren. Die beabsichtigte Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist nach unserer Ansicht unerlässlich. Es geht auch nicht darum, das individuelle Recht auf Asyl oder Flüchtlingsschutz abzuschaffen. Ganz im Gegenteil: Wir treten für eine gerechte Verteilung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern auf alle Mitgliedstaaten der EU ein und für eine Stärkung der Menschenrechte und der Verfahrensrechte. Ein Grundrechtemonitoring an den Außengrenzen soll nach den Plänen zukünftig systematische Menschenrechtsverletzungen an unseren Außengrenzen unterbinden. Die derzeit geltende Dublin-III-Verordnung soll nach den Plänen aufgehoben und ersetzt werden. Die EU wird insoweit bis 2024 ein umfangreiches Asyl- und Migrationspaket verabschieden. Als ehemalige Entscheiderin und auch Gesamtpersonalrätin beim BAMF kann ich Ihnen versichern, dass die Mitarbeitenden bis an ihre Belastungsgrenzen gegangen sind, um den Asylsuchenden in dem Asylverfahren gerecht zu werden. Aber es ist nun mal so, dass Asyl nach dem Grundgesetz oder Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention, egal ob hier in Deutschland oder an einer Außengrenze, am Ende schlichtweg eine rechtliche Anspruchsprüfung ist. Die Pläne der EU-Kommission zur Einführung verpflichtender Grenzverfahren eben an diesen Außengrenzen lassen grundsätzlich nicht erkennen, dass da die Genfer Flüchtlingskonvention verletzt würde; denn diese ist auch – – Gut. – Die Genfer Flüchtlingskonvention ist auch an den Außengrenzen maßgeblich und zu beachten. Das, glaube ich, wird hier niemand abstreiten wollen. Es gilt das Prinzip der Nichtzurückweisung, das Non-Refoulement-Prinzip, und Pushbacks sind unzulässig. Auf europäischer Ebene müssen Personal und finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, um das zu regeln. Wenn wir in Deutschland und in Europa im Asylverfahren aber feststellen, dass zahlreiche Menschen einen Asylantrag stellen und am Ende keinen Anspruch haben, dann müssen wir handeln. Deshalb ist es richtig, dass die Asylverfahren an den Außengrenzen in Betracht gezogen werden, besonders für bestimmte Gruppen, nämlich die Gruppen von Migranten, bei denen wir davon ausgehen, dass sie am Ende keinen Schutzstatus bekommen werden. Darüber hinaus ist es wichtig, dass unsere Bundesinnenministerin noch mal betont hat, dass wir die vulnerablen Gruppen aus diesen Verfahren herausnehmen müssen; das sind Kinder, Ältere, Behinderte oder Schwerkranke. Schon aus dem Grund können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen; denn wir haben da eine andere Meinung. Die aktuell im Europäischen Parlament beschlossene Verordnung zum Screening-Verfahren sorgt dafür, dass wir, unter Achtung des Asylrechts und der Menschenrechte, irregulär in die EU eingereiste Personen registrieren können. Wir können nachvollziehbar registrieren, wer in unser Land eingereist ist, und das als Grundlage für das weitere Asylverfahren nehmen. Ja, bitte, Frau Kollegin. – Ich bin kritikfähig. Vorab: Was ich mit meinem Gewissen vereinbaren kann oder nicht, spielt am Ende keine Rolle; denn es ist eine rechtliche Prüfung. Bei der Frage, ob inhaltlich geprüft wird oder nicht, ist es ein Riesenunterschied, ob wir beim Asylverfahren überhaupt schon in der inhaltlichen Prüfung sind oder ob wir – gesondert betrachtet – die Drittstaatenregelung prüfen. Denn da geht es eben nur darum, ob Asylbewerber, die aus ihrem Heimatland geflohen sind, in einem Drittstaat schon Schutz gefunden haben. Und da ist auch die Einschränkung. Es ist ja alles noch in Verhandlungen; es ist noch gar nicht klar, wie das am Ende aussehen wird. Aber letztlich geht es darum, ob ich in einem anderen Land schon Schutz gefunden habe. Drittstaaten sind die Staaten, die nicht zur Europäischen Union gehören; das vielleicht mal zur Erklärung. Wenn ich beispielsweise aus Afghanistan in die Türkei komme, dort schon Jahre gelebt und gearbeitet habe – dort quasi schon Schutz gefunden habe –, besteht nach dieser Drittstaatenregelung rein rechtlich kein Anspruch oder keine Veranlassung mehr, dass wir hier noch mal einen Asylantrag prüfen. Reicht das? Also, die Drittstaatenregelung ist so, wie sie ist. Ich kann sie für Sie nicht ändern. Ja. – Ich komme dann zu dem Punkt der sicheren Herkunftsländer. Das ist auch die immer gleiche Diskussion: Wieso weisen Sie sichere Herkunftsländer aus? Wieso werden die Anträge dieser Asylbewerber als offensichtlich unbegründet abgelehnt? Der einzige Unterschied bei diesen sicheren Herkunftsländern ist, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass in diesen Staaten keine Verfolgungsgefahr besteht. Das erkennen wir anhand von Lageberichten aus diesen Ländern, aber auch anhand der geringen Schutzquoten. Vor dem Hintergrund ist es ein Hinweis an die Entscheider in den Asylverfahren: Achtung! Das ist erst mal ein Staat, wo vermutlich nicht mit Verfolgung zu rechnen ist. – Aber es ist so, Frau Bünger, dass wir auch bei Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsländern ein ganz normales Asylverfahren durchführen und uns die Antragsteller in der Anhörung alles vortragen können. Wenn sie diese Vermutung widerlegen, dann bekommen sie auch Schutz. Es ist keine Einbahnstraße, wenn man aus einem sicheren Herkunftsstaat gekommen ist. Die Ausweitung der Drittstaatenregelung haben Sie gerade schon angesprochen. Das ist ein Mittel im Asylverfahren. – Hier blinkt „Präsident“ auf. Ach so, ja. – Auf die Drittstaatenregelung gehe ich jetzt nicht näher ein. Sie ist sehr kompliziert. Auf jeden Fall ist sie ein gutes Mittel. Wir brauchen ein solidarisches System in Europa und die gerechte Verteilung der Flüchtlinge. Die Ampel steht für eine moderne Migrationspolitik. Was jahrelang nicht angegangen wurde, müssen wir jetzt national und auch auf europäischer Ebene – – regeln. Wir machen es. Vielen Dank.