Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Kein Kriegsverbrecher darf ungestraft davonkommen. Jedes Kriegsverbrechen muss verfolgt werden. So war es wichtig, dass zwischen 1993 und 2017 am Internationalen Gerichtshof in Den Haag über 160 Verfahren zu den Kriegen im ehemaligen Jugoslawien geführt wurden. Und es war sehr wichtig, dass es zu über 80 Verurteilungen kam. Dadurch wurde zwar kein Verbrechen ungeschehen gemacht, es waren aber deutliche Signale an die Weltgemeinschaft vorhanden: Kriegsverbrecher kommen nicht ungestraft davon. Massenmorde, Vertreibungen, Zerstörungen von zivilen Einrichtungen usw. sind Verbrechen, die durch nichts zu tolerieren sind, ganz egal, wer diese begeht. Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Kriegsverbrechen würde es nicht geben, wenn es keine Kriege gäbe, und Kriege sind kein Naturgesetz. Wirksamstes Mittel, um Kriegsverbrechen zu verhindern, ist das Verhindern von Kriegen. Und es gibt eigentlich auch keine Kriege, bei denen es nicht zu Kriegsverbrechen kommt. Der saubere Krieg ist ein Märchen und ohne Happy End. Deutschland ist weltweit einer der größten Exporteure von Kriegswaffen; je nach Statistik belegt Deutschland Platz drei oder Platz vier. Wer also Kriege verhindern will, muss auch Waffenexporte unterbinden. Und Deutschland muss aufhören, zu schnell nach militärischen Lösungen bei Konflikten zu greifen. Spätestens nach dem desaströsen Ende des Auslandseinsatzes in Afghanistan hätte allen klar sein müssen, dass diese Kriegslogik eine Sackgasse ist. Aber zurück zum Balkan. Wenn man vollkommen zu Recht und glaubhaft einfordert, dass Kriegsverbrechen durch Regierungen oder Militärs zu unterbleiben haben, dann muss man auch darauf achten, dass man sich selbst an das Völkerrecht hält. Der völkerrechtswidrige Angriff der NATO inklusive der Bundeswehr gegen Jugoslawien im Jahr 1999 war ein unverzeihlicher Tabubruch im Völkerrecht. Wer selbst das Völkerrecht außer Acht lässt, nimmt zumindest billigend in Kauf, dass andere dieses Völkerrecht auch nicht achten. Von diesem unbestrittenen Ziel, dass das Völkerrecht für alle gelten muss, entfernt man sich. Dies allein den internationalen Gerichtshöfen zu überlassen, wird leider nicht ausreichen, auch wenn deren Arbeit – da sind wir uns, glaube ich, hier im Saale alle einig – nicht hoch genug einzuschätzen ist. Glück auf!