Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das neue Staatsangehörigkeitsrecht, das wir heute diskutieren, ist ein echter Meilenstein hin zu einem modernen Einwanderungsland. Es geht um einen neuen Gesamtansatz der Migrationspolitik in Deutschland, und deswegen lohnt sich durchaus auch ein kurzer Blick zurück. Jahrzehntelang hat man einfach nicht wahrhaben wollen, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, dass in dieses Land Menschen einwandern und dass sie auch bleiben. Und so war dann auch die Politik: verdruckst, wegschauend, ängstlich, voller Lebenslügen. Die neue Bundesregierung hat auch auf diesem Feld in den ersten eineinhalb Jahren einen echten Fortschritt bewirken können: Endlich unterscheidet eine Bundesregierung konsequent zwischen Arbeitskräfteeinwanderung und humanitärer Aufnahme von Geflüchteten. Diese Unterscheidung ist die Grundvoraussetzung für eine zugleich vernünftige und humane Migrationspolitik. Wir treffen endlich diese Unterscheidung. Es wird Zeit, liebe Kolleginnen und Kollegen. Arbeitskräfteeinwanderung erleichtern wir, weil wir sie als Volkswirtschaft dringend brauchen, und zwar längst auf allen Ebenen, in allen Bereichen. Deshalb haben wir ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz vorgelegt. Schutz von verfolgten Menschen wollen wir gewähren – nach unseren Möglichkeiten. Unmögliches kann nicht geschuldet werden. Und wir müssen Kontrolle über die humanitäre Aufnahme haben, um die Akzeptanz der Menschen zu erhalten. Deshalb gehen wir neue Wege im Kampf gegen die illegale Migration nach Deutschland, da gerade diese eine Belastung für unsere Kommunen ist. Und vor allem drängen wir als Bundesregierung jetzt endlich in Europa darauf, dass künftig schon an den Außengrenzen geprüft wird, ob ein Mensch überhaupt eine Chance hat, in Europa ein Aufenthaltsrecht zu bekommen. Endlich packt eine Bundesregierung das an, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ziel ist also insgesamt, mehr reguläre Migration zu ermöglichen, mehr Einwanderung von Arbeitskräften, aber irreguläre Migration deutlich zu reduzieren. In dieses neue Gesamtbild gehört die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts. Denn was haben wir vor? Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit wird künftig schneller gehen, aber in den entscheidenden Punkten teilweise auch schwieriger werden. Wenn jemand sehr gute Sprachkenntnisse hat oder sich besonders ehrenamtlich engagiert, soll die Einbürgerung schneller als im Regelfall möglich sein, nämlich bereits nach drei Jahren. Zugleich ist es gerade uns Freien Demokraten in der Bundesregierung wichtig: Eine Einbürgerung soll künftig nur dann möglich sein, wenn die Menschen von ihrer eigenen Arbeit leben können. Der Bezug von Sozialleistungen wie Bürgergeld oder Grundsicherung schließt eine Einbürgerung im Regelfall aus. So sieht es nun auch der Referentenentwurf vor. Liebe Frau Lindholz, das ist auch das Stichwort. Ich möchte an der Stelle mit einigen Fake News aufräumen, die gerade die Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU so gerne verbreiten. Unions-Fake-News Nummer eins ist ein Satz von Ihnen, liebe Frau Kollegin Lindholz. Ich zitiere – Zitat –: Das ist falsch. Ich kann es gerne noch mal wiederholen. Wenn jemand sehr gute Sprachkenntnisse hat oder sich besonders ehrenamtlich engagiert, soll die Einbürgerung schneller als im Regelfall möglich sein – also gerade für die, die gut integriert sind, liebe Kolleginnen und Kollegen. Und es gilt weiterhin: Voraussetzung für die Einbürgerung bleibt das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Im Rahmen von würdigen Einbürgerungsfeiern werden wir dieses Bekenntnis im Gegensatz zu Ihnen sogar noch stärken, liebe Frau Kollegin Lindholz. Zugleich verschärfen wir hier die Regelungen. Denn die Behörden sollen künftig auch bei bestimmten Bagatellverurteilungen verpflichtet sein, sich in Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften das Motiv dieser Bagatelltaten anzusehen. Etwa wenn hinter einer Beleidigung ein antisemitisches oder menschenverachtendes Motiv steckt, dann schließt das die Einbürgerung aus. Wir wollen keine Antisemiten einbürgern, meine sehr verehrten Damen und Herren. Unions-Fake-News Nummer zwei: Ihr Erster Parlamentarischer Geschäftsführer Thorsten Frei sagte vor einigen Tagen – Zitat –: Lieber Herr Kollege Frei, welches Land ist das denn? Das ist das Deutschland, in dem die Union 16 Jahre regiert hat. Wir ändern das jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich frage mich ernsthaft: Ist das Ihr neuer Stil? Ist das Ihr neuer Stil, um Ihrem Nachbarn am rechten Rand ganz außen ein paar Stimmen abzunehmen, absichtlich Falschinformationen in der Öffentlichkeit zu verbreiten, die Öffentlichkeit zu verunsichern? Auf dieses Niveau sollten Sie nicht sinken, liebe Kolleginnen und Kollegen. Von der genannten Regel wird es wie bei jeder Regel Ausnahmen geben, etwa wenn man in Vollzeit arbeitet und trotzdem noch angewiesen ist auf zusätzliche Sozialleistungen. Aber auch das, liebe Union, ist ein wichtiges Signal, nämlich das Signal, dass sich Anstrengung lohnt – das muss man Ihnen vielleicht auch ab und zu wieder sagen –, auch wenn das Einkommen noch nicht für eine vollständige Unabhängigkeit von staatlichen Leistungen ausreicht, und es ist ein Anreiz, dass man durch eigene Arbeitsleistung eine Einbürgerung erreichen kann. Bei Gastarbeitern und DDR-Vertragsarbeitern – es wurde gesagt – bleibt es, wie es ist, und zwar aus Respekt vor der Lebensleistung dieser Generation, die unserem Land wirklich sehr geholfen hat. Das alles zeigt: Fleißige Leute sind in Deutschland immer willkommen, aber nicht nur als Arbeitskräfte, sondern auch als deutsche Staatsbürger. Wir brauchen diese Zuwanderung von Menschen, die hier arbeiten können und wollen. Genau dafür wird das neue Staatsangehörigkeitsrecht echte Anreize setzen. Meine Damen und Herren, wir, die Ampelkoalition, bringen mit diesem Vorhaben einen ganz neuen Ton in die deutsche Migrationsdebatte. Lange haben zwei Extreme die Debatte bestimmt. Von der einen Seite wurden Probleme bei der Integration ignoriert und schöngeredet. Von der anderen Seite wurden Ängste und Vorurteile geschürt. Wir haben uns jetzt ganz nüchtern unsere Interessen angeschaut und kluge Kriterien entwickelt, wann man wie Deutscher werden kann. Das war überfällig, und das war ein Meilenstein, meine sehr verehrten Damen und Herren. Und weil Sie sich gerade so schön aufregen, zum Schluss für Sie noch Unions-Fake-News Nummer drei, wir würden mit dieser Reform die falschen Signale in die Welt senden. Mit dieser Reform sollen Menschen, die hier gut integriert sind und die von ihrer Hände Arbeit leben, künftig einfacher Deutsche werden können. Das ist kein falsches Signal, sondern ein echter Anreiz, Arbeit aufzunehmen, sich anzustrengen und für unser Land etwas zu leisten. Was daran falsch sein soll, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, bleibt Ihr Geheimnis. Es stimmt, das Staatsangehörigkeitsrecht darf keine Einladung zur Einwanderung in die Sozialsicherungssysteme sein. Es ist richtig und gut, dass es ab jetzt mit diesem Entwurf dann auch nicht mehr gilt. Vielen herzlichen Dank.