Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU will den 23. Mai zum Gedenktag machen, um das Grundgesetz zu würdigen. Nun ja, jetzt war die Union nicht immer geschlossen ein Fanklub des Grundgesetzes. Wir wollen nicht vergessen, dass der Bayerische Landtag mit seiner CSU-Mehrheit damals als einziges Parlament gegen das Grundgesetz gestimmt hat. In Ihrem Antrag geht es aber leider überhaupt nicht um das Grundgesetz, und es geht darin auch nicht um die Grundrechte. Was Sie fordern, ist ein „Bundesprogramm Patriotismus“, die stärkere Sichtbarkeit nationaler Symbole, das regelmäßige Singen der Nationalhymne und mehr öffentliche Gelöbnisse der Bundeswehr – abstruse Forderungen und Deutschtümelei, die man sonst in AfD-Anträgen liest. Auf zweieinhalb Seiten, meine Damen und Herren, kommen die Begriffe „Patriotismus“, „Nation“ und „national“ 32-mal vor. Sie fordern mehr Patriotismus, um der Spaltung der Gesellschaft entgegenzuwirken. Meine Damen und Herren, angesichts von steigenden Lebensmittelpreisen und steigenden Mieten wissen Menschen nicht mehr, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen. Das spaltet die Gesellschaft: dass wenige reicher und viele ärmer werden. Aber die Antwort der Union ist: Lasst uns die Klassenunterschiede ausblenden und uns patriotisch vereinen, alle gemeinsam hinter Schwarz-Rot-Gold, in Abgrenzung zu allen, die nicht dazugehören können oder wollen. Wer mehr Patriotismus und nationale Symbolik gegen Rechtsextremismus fordert, der will Feuer mit Benzin löschen. Es gibt eine Zunahme rechter, antisemitischer und rassistischer Straftaten. Vor einigen Jahren demonstrierte Pegida gegen Muslime und Geflüchtete. Und nur zur Erinnerung: Das „P“ stand für „patriotisch“. Oder um es mit den Worten des Kängurus zu sagen: „Gesunder Patriotismus klingt für mich ein bisschen wie gutartiger Tumor, es ist vielleicht nicht direkt lebensgefährlich, aber es ist immer noch ein Tumor.“ Bemerkenswert bekloppt sind die Ausführungen zu Ostdeutschland in Ihrem Antrag. Schwachstelle der Wiedervereinigung sei, dass Ostdeutsche einen fehlenden Bezug zur eigenen Nation hätten, und deshalb fordern Sie jetzt einen besonderen Einsatz für patriotische Fragen in Ostdeutschland. Da können Sie der AfD die Plakate auch gleich selber aufhängen, meine Damen und Herren. Das Problem in Ostdeutschland ist doch nicht, dass dort so wenige Nationalfahnen wehen und es an Nationalstolz fehlt – an einigen Orten eher das Gegenteil –, sondern dass Löhne und Renten auch nach über 30 Jahren immer noch niedriger sind als in Westdeutschland. Das Problem ist, dass die Treuhand ausgeplündert hat und Lebensleistungen nicht anerkannt wurden. Das Problem der Wiedervereinigung ist doch nicht, dass zu wenig Fähnchen geschwungen wurden und zu wenig gesungen wurde. Und wenn Sie die Identifikation mit dem deutschen Staat bei Menschen mit Migrationshintergrund stärken wollen, dann geben Sie doch endlich Ihren Widerstand gegen erleichterte Einbürgerungen auf. Meine Damen und Herren, Ihren Antrag kann man nur ablehnen, weil Sie keine Lösung für die realen Probleme haben. Sie lenken von den Problemen ab. Und Sie sollten sich verdammt gut überlegen, an wen Sie sich mit solchen Anträgen heranwanzen. Vielen Dank.