Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In dieser sehr aufgeheizten Debatte möchte ich doch noch einmal auf den Punkt bringen, dass kaum jemand infrage stellt, dass es sich bei dem Diebstahl der Benin-Bronzen um Unrecht gehandelt hat. Auch mehr als ein Jahrhundert später und ganz unabhängig, ob Rückgabe oder nicht: Unrecht bleibt Unrecht. Eine Rückgabe kann da nur der Versuch einer Wiedergutmachung sein, auch wenn – und ich höre, dass Sie das ungewöhnlich finden, aber das ist nicht der Punkt unserer Kritik – Wiedergutmachung richtig ist. Aber es ist auch wichtig, dass wir uns die Geschichte dieses Unrechts bewusst machen, dass wir uns darüber Gedanken machen, dass wir uns den damit verbundenen Fragen stellen, um folglich auch Verantwortung übernehmen zu können. Ein anderer Punkt ist aber: Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir begonnen haben, uns mit der Kolonialgeschichte hier so deutlich zu beschäftigen. Auch bei den Grünen, Herr Grundl, war dieses Thema vor zehn Jahren noch nicht auf der obersten Agenda. Das müssen wir auch ehrlich betrachten. Erst die Ausstellungen der ethnologischen Sammlungen im Humboldt Forum waren eine Initialzündung. Damit begann der öffentliche Diskurs über Fragen der Provenienz und den redlichen Umgang mit kolonialen Kulturgütern. Daran sehen wir aber auch, wie wichtig es ist, eine Ausstellung zu haben, die öffentlich zugänglich ist, gerade auch mit historisch belasteten Kulturobjekten. Sie dürfen nicht in der Versenkung verschwinden. Es gab eine Zeit, da waren wir als Deutschland sehr anerkannt dafür – ein internationales Vorbild sozusagen –, wie wir mit Sammlungen aus kolonialen Kontexten umgegangen sind. Aber jetzt ist die Zeit der Einsicht, dass nämlich eine Rückgabe erst am Ende und nicht am Anfang einer gemeinsamen Verständigung mit dem Herkunftsland stehen sollte. Wie sieht es übrigens mit der Museumskooperation aus? Ich zitiere aus der Einladung vom Juni 2022, also vor knapp einem Jahr: Die Bundesministerin des Auswärtigen Annalena Baerbock und die Staatsministerin für Kultur und Medien Claudia Roth geben sich die Ehre, zur feierlichen Unterzeichnung der Gemeinsamen Politischen Erklärung über die Rückgabe von Benin-Bronzen und einer bilateralen Museumskooperation einzuladen. – Das geschah also schon damals, vor einem Jahr, mit sehr viel Tamtam. Und wo ist diese Museumskooperation jetzt? Ich höre nichts dergleichen mehr, auch kein Wort des Bedauerns seitens der Ampel, dass diese Bronzen nicht der Öffentlichkeit in Nigeria gezeigt werden. Kollege Lindh sagt sogar – er hat uns da ja auch deutlich beschimpft –, dass uns das egal sein muss. Ich finde das unglaublich. Ich finde, wir müssen doch zumindest jetzt mal die Frage stellen, ob die materiell wichtigen, aber vor allen Dingen für die kulturelle Identität Nigerias auch ideell so wertvollen Bronzen wirklich im Privateigentum eines Königs verbleiben sollen. Staatsministerin Claudia Roth spricht immer noch vom einzig richtigen Weg, und die Ampel stimmt laut zu. Dann will ich zum nächsten Punkt kommen, nämlich Verhandlungen. Denn über ihren Wert und darüber, wie Verhandlungen geführt werden müssen, gab es ja noch gar keinen richtigen Austausch. Es braucht das gegenseitige Verständnis, damit man mit Diplomatie und Sensibilität eine Lösung findet, damit man dem historischen Erbe einerseits, aber auch den gegenseitigen Interessen gerecht werden kann. Und das hat eben auch nichts mit einer paternalistischen Haltung zu tun oder mit Neokolonialismus. – Nein! – Die Idee des Museumsbaus war doch genau die richtige; sie wäre eine gute Grundlage gewesen. Noch ein Hinweis: Der Deutsche Museumsbund hat 2018 einen hervorragenden „Leitfaden zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten“ aufgestellt. Das ist eine Grundlagenarbeit. Und da steht: Rückgabe ist eine Option, aber es ist auch eine Option, dass es zum Beispiel Leihgaben gibt oder dass auch Objekte in Deutschland verbleiben. Von daher würde ich Folgendes sagen: Es ist wichtig, dass die entsprechenden Verhandlungsprozesse gut geführt werden, dass es nicht glorreiche Staatsakte gibt, sondern verlässliche Vereinbarungen auf Augenhöhe. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz kann da eine ganz wertvolle Expertise leisten. Zum Schluss will ich sagen: Die Benin-Bronzen sind nicht nur Kunstschätze Nigerias, sondern der ganzen Welt. Sie sind Teil des kulturellen Erbes der Menschheit. Dem Schutz dieses Erbes sind wir alle verpflichtet, in Europa und in Afrika.