Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich mit Erlaubnis der Präsidentin zitieren darf: Dieses Zitat stammt von Julius Nyerere, dem ersten Präsidenten Tansanias, eine unserer vielen ehemaligen Kolonien. Es war 1959 seine Antwort auf die Frage, ob Tansania bereit für die Unabhängigkeit sei. 64 Jahre später ist diese Antwort immer noch relevant. In der Debatte um die Restitution der Benin-Bronzen wird verkompliziert, was im deutschen Recht ganz klar geregelt ist: An gestohlenen Sachen kann kein Eigentum erworben werden. – So steht es in unserem BGB. Eigentum bedeutet natürlich auch Verfügungsgewalt. Kern der Restitution ist doch die Rücküberführung des Eigentums und damit auch die Abgabe der Verfügungsgewalt. Das gilt jetzt und für zukünftige Debatten: bedingungslose Rückgabe. Bemerkenswert an der aktuellen Diskussion ist vor allem eins: die Doppelmoral, die dabei sichtbar wird. 1897 überfielen die Briten das Königreich Benin und beraubten es der Benin-Bronzen. Anschließend verkauften sie ihre Beute an Museen in ganz Europa, auch an Deutschland. Und nun, da die Benin-Bronzen von Deutschland restituiert werden, hat die nigerianische Regierung diese an den König, den Nachfahren des damaligen Königshauses, zurückgegeben. Hier ist die Empörung natürlich groß. Schauen wir, was zeitgleich passiert: Zeitgleich wird in Großbritannien ein König gekrönt. Seine Vorfahren sind für diesen Raubzug verantwortlich. Die Krone, die Charles III. aufgesetzt wird, ist übersät von Juwelen aus den ehemaligen Kolonien. Heute befinden sie sich im Besitz des britischen Königshauses. Jahrelange Forderungen der Rückgabe werden bis heute nicht gehört. Das ist doch die Debatte, die wir eigentlich führen müssen, anstatt eine von der AfD und auch von der Union befeuerte rassistische Debatte, eine Debatte, die im Kern sagt: Solche wertvollen Objekte trauen wir denen nicht zu. Wir trauen ihnen nicht, dass sie angemessen damit umgehen können. Schauen wir kurz einmal genau hin: Wir Europäer haben in gewaltsamen Kontexten Objekte geraubt, Geschenke erzwungen und diese in unsere Museen verbracht. Die Jahrzehnte in Museen, gepaart mit unserer Gier und unserer Vorstellung von Kunst und Kultur, bestimmen nun ihren Marktwert. Jetzt beginnen wir – auch Deutschland dankenswerterweise –, uns unserer kolonialen Vergangenheit zu stellen. Was richtig und wichtig ist: Wir geben die Objekte zurück. – Ja, an wen? Wir als Europäer haben das Königreich Benin zerstört. Es besteht nicht mehr. Wohin mit der Restitution? Folgerichtig können wir unser Raubgut nur dahin zurückgeben, wo es am ehesten hingehört: an den heutigen Staat Nigeria, dessen Grenzen unweit von hier von europäischen Mächten gezogen wurden. Das ist die Geschichte, die wir erzählen sollten. Stattdessen echauffieren wir uns darüber, dass der Staat Nigeria sich daran erinnert, wem die Objekte geraubt wurden. Wer wissen will, was koloniale Kontinuitäten sind, der muss sich diese Debatte in Ruhe und ganz genau anschauen. In diesem Sinne: We may look smarter in their jacket, but it’s theirs. Vielen Dank.