Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte diese Debatte nutzen, um das Thema hier für all diejenigen einzuordnen, die es verstehen und sich nicht irreführen lassen wollen von denjenigen, die wirklich jede Gelegenheit nutzen, um hier Zwietracht zu säen. Das lassen wir Ihnen einfach nicht durchgehen. 2017 – ich fange von vorne an – haben wir im Koalitionsvertrag das erste Mal festgehalten, dass wir die Kolonialgeschichte unseres Landes und das Unrecht dieser Zeit aufarbeiten. Auf diese Weise wurde dies zum ersten Mal demokratischer Grundkonsens. Einige Zeit später habe ich aus dem Auswärtigen Amt heraus meine Kollegin Monika Grütters angeschrieben, ihr vorgeschlagen, dass wir diesen Auftrag nun gemeinsam in die Tat umsetzen. Und wir haben uns auf den Weg gemacht. Den Anfang machte dabei der Artikel „Eine Lücke in unserem Gedächtnis“. Er ist in der „FAZ“ erschienen; da steht manchmal auch viel Gutes drin. Monika ist jetzt nicht hier, aber ich will mich auch bei ihr für diesen politisch kreativen Wettbewerb, den wir da eingegangen sind, bedanken. Dass wir das so machen konnten, das war gut und richtig. Allerdings stimmt auch: Wir wussten, das wird ein langer Weg. Der spezielle Benin-Dialog lief schon. Viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, viele Historiker waren längst weiter als die Politik, und ihre Bemühungen, diesen Teil der Geschichte bewusst zu machen, wurden über Jahrzehnte zurückgedrängt. Deswegen will ich mich vor allen Dingen an diejenigen wenden, die den Finger in die Wunde gelegt haben, und ihnen von hier aus Danke sagen. Für mich steht fest: Wir brauchen diese aktive, lebendige Zivilgesellschaft für den Fortschritt in der Demokratie. Es ist ihr Verdienst, dass diese Debatte lebendig ist und Eingang findet in den Unterricht, in Schulbücher, in politische Diskussionen und vieles mehr. Mein dringender Rat ist: Wir sollten im Falle der Benin-Bronzen aufpassen, dass wir sie nicht mit Stereotypen und neokolonialen Bildern unmöglich machen, auch nicht mit besserwisserischen Zurufen von der Seitenlinie, die Regierung sei hier dumm und naiv. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das geht wirklich zu weit. Nigeria ist ein stolzes, ein großes Land. Bis 2050 werden in Nigeria etwa so viele Menschen leben wie in der gesamten EU zusammen. Wir sollten stattdessen das Gespräch mit unseren Partnern suchen: Haben wir das gleiche Verständnis? Können die konkreten Pläne der jetzigen Regierung so wie geplant in die Tat umgesetzt werden? Man muss festhalten: Bei der konkreten Rückgabe von Kulturgütern und menschlichen Gebeinen geht es gleichzeitig immer auch darum, dass wir eindeutig begangenes Unrecht beheben. Es geht um den Umgang mit unserer Geschichte, um die Zukunft unserer Beziehungen zwischen Deutschland und Nigeria, ja, auch zwischen Afrika und Europa. Diese Beziehungen sind uns wichtig, und wir wollen und wir werden auch unsere Verantwortung weiter dafür wahrnehmen. Die Bundesregierung hat klargemacht, dass diese Rückgaben bedingungslos erfolgen und dass die Verträge zur Eigentumsübertragung deswegen auch keine Auflagen enthalten. Das Präsidialdekret oder, wie es wohl korrekt heißt, die Declaration vom 28. März ist nach Kenntnis des Auswärtigen Amts übrigens noch gar nicht in Kraft getreten. Auch in Nigeria selbst gibt es jetzt Diskussionen darüber, wie weiter mit den Bronzen umgegangen werden soll. Ich sehe, da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Grundsätzlich gilt: Wir wollen und müssen bei den Rückgaben die Herkunftsgesellschaften natürlich respektieren und einbeziehen. Allerdings stimmt auch – und so haben wir es in den letzten Jahren immer wieder diskutiert –: Die politische Verständigung besteht darin, dass die Bronzen auch für die Öffentlichkeit und für die Forschung zugänglich gemacht werden und dass wir dabei unterstützen. Als Vorsitzende des Unterausschusses freue ich mich, dass das Auswärtige Amt am Montag in unserer Sitzung noch mal berichten wird. Wir wissen als Parlament natürlich, dass diese ursprünglichen Pläne wichtig sind. Und wir wollen auch diesen Bericht hören; denn ganz praktisch geht es ja auch darum: Wie geht es mit dieser Unterstützung weiter? Es geht nämlich auch um Geld. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Wissenschaftlerin Bénédicte Savoy hat am Anfang dieser Woche in der Arbeitsgruppe der SPD-Außenpolitikerinnen und -Außenpolitiker deutlich gemacht: Es geht bei Rückgaben nicht um Objekte allein, sondern immer auch um das Generieren und Mitteilen von Wissen, um Kultur und Identität der Menschen in Nigeria. Deutschland ist bei der Vergangenheitsaufarbeitung auf einem guten Weg. Die Museen und die Länder haben in den letzten Jahren ihre Kooperationen weiter verstärkt, um ebendieses Wissen um die Bestände zu erweitern. Als Delegation des Bundestages haben wir es vor Ort gesehen – wir waren da und haben die Museumsdirektorinnen und ‑direktoren und die Regierung getroffen –: Das Engagement Deutschlands wird vor Ort und in diesem Land, in Nigeria geschätzt. So sieht das auch diese Koalition. Herzlichen Dank.