Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gut, dass wir heute so offen über das Thema sprechen. Dann werde ich das auch tun. Zu dem, was eben gesagt worden ist, erspare ich mir aber jeden Hinweis; das erübrigt sich. Es ist mir eine große Freude, mal wieder einen Antrag der Fraktion der Linken zum Mietrecht zu lesen. In kaum einem anderen Rechtsgebiet wird Ihre Geringschätzung der Unverletzlichkeit des Eigentums, wie es die Paulskirchenverfassung formuliert hat, deutlicher, und in keinem anderen Bereich werden die Folgen eines so grotesken Politikansatzes deutlicher. Wenn ich an die „blühenden Gebäudelandschaften“ im Osten Berlins Ende der 1980er-Jahre denke, scheint mir das genau der richtige Weg zu sein. Wie man private Eigentümerinnen und Eigentümer, welche den weit überwiegenden Teil des deutschen Wohnungsbestandes halten, mit solchen Ideen, die geradezu aus dem sozialistischen Gruselkabinett stammen, dazu motivieren möchte, den dringend benötigten zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, bleibt mir rätselhaft. Das scheint Ihnen aber egal zu sein; denn konkrete Vorschläge, wie mehr Wohnraum entstehen kann, habe ich von Ihnen von hier vorne aus leider noch nicht gehört. Als ob die Eigentümerinnen und Eigentümer in diesem Land nicht schon vor genügend Herausforderungen stünden! Bei den Beratungen zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes beispielsweise werden wir als FDP-Bundestagsfraktion daher sehr genau hinsehen, wie eine solche Regelung aussehen kann, um dringend benötigte Investitionen möglich zu machen. Ja. Liebe Frau Kollegin, herzlichen Dank für die Zwischenfrage. – Sie vergessen bei dem, was Sie gerade formuliert haben, eines: Wenn Sie vorschlagen, massiv in sozialen Wohnungsbau zu investieren, müssen Sie auch die Frage beantworten, wo das Geld für diese Investition im Rahmen der verfassungsmäßigen Schuldenbremse herkommen soll. Von daher kann ich Vorschläge, die darauf basieren, dass man die verfassungsrechtliche Grundordnung an dieser Stelle im Grunde beiseiteschiebt, um eine Idee zu verwirklichen, leider nicht wirklich ernst nehmen. Deswegen nehme ich das so nicht an. Nun soll also – das ist der Vorschlag im Antrag – das Mietrecht am österreichischen Beispiel genesen, jedenfalls beim Wohnungstausch. Wie kommt man eigentlich darauf, dass ausgerechnet Österreich ein Vorzeigebeispiel dafür sein soll, wie man mehr Wohnraum und vor allem – darin sind wir uns in diesem Hohen Haus ja alle einige – mehr bezahlbaren Wohnraum schafft? Das allein wäre übrigens, wenn man es mal rechtlich betrachtet, ein Ansatz für eine Rechtfertigung eines solchen Eingriffs in das Eigentumsrecht. Machen wir doch mal den Faktencheck. „Wohnen in Österreich deutlich teurer als in Deutschland“ titelt etwa die „Kleine Zeitung“ aus Graz. Noch interessanter: Seit 2006 sind nach den statistischen Daten aus Österreich die Mieten in Österreich um 70 Prozent gestiegen. Jetzt machen wir den Vergleich: In Bremen – auch interessant; da soll ja in den nächsten Tagen was passieren –, dem Land mit der höchsten Mietpreissteigerung in Deutschland, sind es gerade mal 40 Prozent. Alle anderen Länder liegen deutlich darunter: in Berlin 27,4 Prozent, in Brandenburg 13 Prozent, in Sachsen noch nicht einmal 10 Prozent. Ganz offensichtlich leistet die Idee „Wohnungstausch“ überhaupt keinen Beitrag zum Thema „bezahlbare Mieten“. Wie ist die praktische Relevanz? Ich habe mir die Urteilsdatenbank Österreichs mal angeguckt: Es gibt zu § 13 Mietrechtsgesetz gar keine Entscheidung. Scheinbar ist das Thema überhaupt nicht relevant. Dieser Antrag ist – Kollege Luczak hat es angesprochen – eigentlich überflüssig. Schon heute ist es im Rahmen der bestehenden Gesetze möglich – Stichwort „Vertragsfreiheit“, falls Sie das schon mal gehört haben –, diese Dinge frei zu vereinbaren. Die Plattformen gibt es. Nach diesem Antrag soll aber die neue Partei mit denselben Konditionen wie die alte Mietpartei den Vertrag übernehmen können. Noch nicht einmal die sowieso schon engen Grenzen – es gibt ja ein soziales Mietrecht in diesem Land; das sollte man in dieser Debatte nicht vergessen – sollen genutzt werden können. Auch die sollen eingeschränkt werden. Zusätzlicher Aufwand für das Ganze? Die Prüfung der angemessenen Bedingungen ist in Österreich ein wesentlicher Kernpunkt im Gesetz. Prüfung der Zumutbarkeit? Wer das bezahlen soll, scheint völlig egal zu sein. Wollen Sie wirklich noch mehr private Eigentümerinnen und Eigentümer dazu bewegen, ihre Wohnungen an internationale Investoren zu veräußern, denen noch weniger daran liegt, zu investieren? Das ist genau das, wozu dieses Vorhaben führt. Sie verdrängen den Mittelstand aus den Vermietungen. Das wollen wir als Freie Demokraten dezidiert nicht. Das lehnen wir ab. Im Übrigen sei nur am Rande erwähnt: Ein Bundesland hat die Mietpreisbremse Ende 2019 abgeschafft, ich habe gehört, unter liberaler Regierungsbeteiligung. Ich kann hier ja mal die Frage aufwerfen: Wie haben sich die Mieten wohl danach entwickelt? Sie sind unterdurchschnittlich gestiegen. Also, auch über dieses Argument müssen wir offensichtlich nicht diskutieren. Der gravierendste Aspekt – das habe ich schon angesprochen – ist die massive Beeinträchtigung des Eigentumsrechts der Vermieterinnen und Vermieter. Man möchte an dieser Stelle fast sagen: typische Forderung. Die Mietwohnung als öffentliches Gut anzusehen, scheint die Idee zu sein, wobei man es eigentlich umgekehrt formulieren muss: Die Mieterinnen und Mieter verfügen über die Wohnung quasi wie über ihr Eigentum, wenn sie frei tauschen können, und die Vermieterinnen und Vermieter, die eigentlichen rechtlichen Eigentümer, werden völlig ausgeblendet. Diese scheinen Ihnen egal zu sein. Was ist das für eine Dreistigkeit, Menschen, die erhebliche Beträge in Immobilien investieren, in ihrer Entscheidungsfreiheit derart zu entmündigen! Mit der FDP-Fraktion ist das definitiv nicht zu machen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Statt noch stärker in die Märkte einzugreifen, ist etwas ganz anderes erforderlich. Der Markt, der im Übrigen kaum noch als Markt erkennbar ist, muss größer werden. Das gelingt nur mit mehr Bauen, durch Erleichterungen bei der Schaffung von Wohnraum. Das muss das Ziel sein und kein anderes. Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.