- Bundestagsanalysen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Herr Wissing, danke, dass Sie jetzt da sind. Wenn eine namentliche Abstimmung vor einer Debatte ist, dann kann man auch mal später kommen. Das gilt hier für ganz viele so: Der eine geht während einer Rede der AfD abstimmen, der andere vorher. Ich finde das ganz in Ordnung. Danke, dass Sie hier sind. Es ist ein wichtiges Thema.
Deutschland ist als Exportnation global besonders verflochten. Wir sind durch die Häfen besonders mit der Welt verbunden und auf eine funktionierende Infrastruktur angewiesen. Deshalb muss kontinuierlich in unsere Hafeninfrastruktur investiert werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, wir werden eine Nationale Hafenstrategie noch in diesem Jahr vorlegen. Wichtig ist aber auch, dass wir ein Bewusstsein für unsere Häfen und deren Bedeutung entwickeln; denn ohne unsere Häfen geht hier in diesem Land gar nichts. In deutschen Häfen wurden im Vorcoronajahr 2019 knapp 300 Millionen Tonnen Güter an den Terminals geladen und gelöscht. Diese Zahl allein zeigt, welch enorme Bedeutung die Häfen für die Hafenstädte haben. Was wären Bremerhaven, Rostock oder Wilhelmshaven ohne ihre Häfen? Sie prägen Land und Leute.
Man muss sich aber in dieser Runde besonders fragen: Was wäre eigentlich Deutschland ohne die Häfen? Die Häfen sind Deutschlands Tor zur Welt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das iPad oder die Schuhe, die Sie heute tragen, sind wahrscheinlich durch einen Hafen in dieses Land gelangt. Und die Industriegüter, die in Ihrem Wahlkreis „made in Germany“ produziert werden, verlassen das Land meist über die Häfen.
In der Stadt Warstein im schönen Kreis Soest produziert eine Brauerei Bier, ein weltweit beliebtes Bier.
Zuruf des Abg. Mike Moncsek [AfD])
Über 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tun dort in Nordrhein-Westfalen ihr Bestes, damit auf der ganzen Welt „Warsteiner“ getrunken werden kann. Das Bier wird direkt vor Ort in einem eigenen Schienenterminal auf einen Zug geladen – klimafreundlicher Biertransport. Und was glauben Sie, wo diese Gleise enden?
Bei der SPD!
Zuruf von der SPD: Hamburg!)
Im größten Eisenbahnhafen Deutschlands, in Hamburg. Von dort geht es weiter in mehr als 50 Länder.
Nächstes Beispiel: ein Automobilbauer in Wolfsburg. Teile des Stahls für die Autos werden in Salzgitter produziert. In Wolfsburg werden die Fahrzeuge endmontiert. Was glauben Sie, wie das Eisenerz nach Salzgitter kommt? Über den Hansaport in Hamburg-Altenwerder. Was glauben Sie, wie die endmontierten Fahrzeuge Wolfsburg in die ganze Welt verlassen? Über das Autoterminal im Hafen von Bremerhaven.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Thema Häfen ist kein rein norddeutsches Thema. Alle Menschen in unserem Land, im Süden, Osten, Westen, haben ein genauso großes Interesse an den Häfen wie wir im Norden. Die Häfen sind die ultimativen Multiplikatoren für die gesamte deutsche Industrie. Die Häfen sind von nationaler Bedeutung.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Christoph Hoffmann [FDP])
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Zukunft werden die Häfen noch wichtiger. Sie sind entscheidend für die Transformation unserer Wirtschaft und für unsere zukünftige Energieversorgung. Im Hamburger Süden, in Moorburg, entsteht in einem stillgelegten Kohlekraftwerk der größte Elektrolyseur Deutschlands. Wo früher Kohle verladen und verbrannt wurde, wird in wenigen Jahren Wasserstoff transportiert und produziert werden.
Zuruf von der AfD: Das glaubt doch kein Mensch!)
Dort werden die Arbeitsplätze der Zukunft entstehen.
Blühende Landschaften! Das kennen wir schon!)
So, wie sich unser Land verändern wird, so werden sich auch die Häfen verändern.
Ich gehe noch weiter. Unsere Häfen werden unser Land verändern. Schon immer war das so, und es wird auch in Zukunft so sein. Das gilt besonders für die Energiewende. Damit die Häfen das schaffen, muss der Bund sie ernst nehmen, auch finanziell. Wenn wir politische Vorgaben zur Transformation machen, müssen wir eben auch die unterstützen, die das wirklich machen. In der Vergangenheit haben wir als Bund nicht immer die Häfen als Bundesaufgabe ernst genommen. Wir machen das jetzt.
Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Noch ein Gedanke zu Hamburg. In Hamburg fällt die Brücke über den Köhlbrand auseinander. Diese Brücke schließt den größten deutschen Seehafen an das deutsche Autobahnnetz an, eine Lebensader für Hamburg, aber auch eine Lebensader für Deutschland. Gemeinsam mit der Stadt Hamburg muss der Bund für einen Neubau dieser Köhlbrandquerung sorgen. Das liegt im nationalen Interesse.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Ria Schröder [FDP])
Wenn wir die Häfen als Bundesinteresse ernst nehmen wollen, dann dürfen wir uns hier nicht aus der Affäre stehlen.
Zum Schluss. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Unterstützung der Häfen hört nicht bei der Hinterlandanbindung oder der Wasserstoffinfrastruktur auf. Das Fundament dieser Veränderung sind die Menschen. Ich lebe in Hamburg-Wilhelmsburg, einem Arbeiterstadtteil, der eigentlich mitten im Hafen liegt. Der Stadtteil, meine Nachbarschaft, ist auch vom Strukturwandel der Industriehäfen im letzten Jahrhundert geprägt. Es war, um es vorsichtig zu formulieren, nicht immer leicht. Ich kenne Menschen, die vor 35 Jahren ungelernt im Hamburger Hafen angefangen haben und heute komplizierteste Maschinen bedienen. Diese Menschen machen unseren Wohlstand erst möglich. Es ist unsere Aufgabe, gemeinsam mit den Tarifparteien für diese Menschen zu kämpfen. Wir müssen weiter in die Aus- und Weiterbildung investieren. Vergessen wir bei all den Veränderungen nie die Menschen, die den Laden hier am Laufen halten.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich grüße Sie am Mittag und gehe weiter in der Debatte mit René Bochmann für die AfD-Fraktion.
Beifall bei der AfD)