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Guten Morgen, Frau Präsidentin! Lieber Botschafter Ron Prosor! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als letzter Redner bei dieser parlamentarischen
Geburtstagsfeier versuche ich mich heute mal ein wenig in kritischer Selbstreflexion.
Das Existenzrecht Israels ist in Deutschland Staatsräson. Das ist heute immer wieder von ganz unterschiedlichen Rednerinnen und Rednern betont und
bekräftigt worden. Ich weiß nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie es Ihnen geht, aber: Diesem Satz folgt in Deutschland immer öfter ein „aber“. Und dieses
„aber“ wird lauter und aggressiver denn je vorgetragen: Das Existenzrecht Israels ist Staatsräson, aber die Gewalt gegen die Palästinenser! Das Existenzrecht
Israels ist in Deutschland Staatsräson, aber die religiösen Fundamentalisten, aber die nationalistische Regierung, aber der israelische Kolonialismus!
Es wird in Deutschland irrigerweise behauptet, es gäbe gegenüber Israel Denk- und Sprechverbote. Das komplette Gegenteil ist der Fall: Wir streiten
mit Israel, wir ringen um die richtigen Antworten. Und wenn wir unsere Social-Media-Aktivitäten mal kritisch reflektieren, dann stelle zumindest ich fest: So
viel Hass, so viel Wut, so viele Beleidigungen gegenüber Israel und gegenüber Jüdinnen und Juden habe ich in meinen 25 Jahren Parlamentszugehörigkeit noch nie
erlebt.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Ich stelle immer häufiger einen Mangel an Empathie und Einfühlungsvermögen gegenüber Israel fest. Es gibt auch in Deutschland einen Trend zur
Belehrung, als hätte diese einzige lebendige, liberale Demokratie im Mittleren und Nahen Osten gerade unsere Belehrungen nötig. Israel, liebe Kolleginnen und
Kollegen, ist ein Geschenk. Dem Land wurde aber niemals etwas geschenkt. Die Existenz Israels wurde vor allem durch Mut und Beharrlichkeit der Israelis selbst,
durch massive Investitionen in Verteidigung und Sicherheit, durch Abschreckung und Wehrhaftigkeit erzielt. Die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger Israels ist
eben keine Selbstverständlichkeit. Das zu verstehen, mag uns Deutschen bisweilen schwerfallen, weil wir es gewohnt sind, in Sicherheit und innerhalb geschützter
Grenzen leben, arbeiten und lieben zu können. Aber über dieses Privileg verfügen leider nicht alle Bürgerinnen und Bürger Israels.
Israel ist und bleibt für viele Jüdinnen und Juden nach wie vor ein sicherer Hafen in einer Welt, die ihren Frieden mit dem jüdischen Leben noch nicht
gefunden hat. Gestern fragte mich ein Journalist, ob Israel jemals ein normales Land werden könne. Wenn Juden überall ohne Angst leben und glauben können, wenn
das iranische Terrorregime den Wahn, Israel zerstören zu wollen, endlich beendet, wenn Antisemitismus und Israelhass sich nicht länger hinter Kunstfreiheit
verstecken, dann wird Israel vielleicht ein normales Land werden können. Ein naiver Traum? Vielleicht. Aber an einem solchen stolzen Geburtstag wird man doch
mal träumen dürfen.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)