Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist leider wieder ein Tag, an dem wir uns von morgens bis abends mit der Thematik der Ausländerfeindlichkeit auseinandersetzen müssen, obwohl wir in Deutschland mittlerweile einen Migrationsanteil von 27 Prozent in der Bevölkerung haben, obwohl wir in jedem Arbeitssektor Fachkräfte suchen, obwohl wir Einzahler in unsere Sozialsysteme benötigen. Das, finde ich, ist schon ein Hohn. Sehr geehrte Damen und Herren, seit Jahren wird auf europäischer Ebene um eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, GEAS, gerungen. Der von der Europäischen Kommission im Jahr 2020 vorgeschlagene verpflichtende Solidarmechanismus hat sich in der Ausgestaltung der Details in den letzten Jahren leider verhakt, ist aber Grundlage für die jetzigen Fortschritte. Die Staaten Südeuropas verweisen zu Recht auf ihre hohe Belastung durch Ersteinreisezuständigkeiten. Doch andere Staaten, insbesondere die Staaten, die sich bereits seit 2015 gegen die Hilfesuchenden gestellt haben, haben wenig Kompromissbereitschaft erklärt. Derzeit sieht die Realität so aus, dass Asylsuchende nicht überall in der EU gleich behandelt werden und auch der Anteil positiver Asylbescheide in den einzelnen Ländern beträchtlich schwankt. Deshalb ist es wichtig, dass die 27 Mitgliedstaaten den Migrationspakt endlich wieder zielführend in die Hände nehmen, für klare Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten. Für einen Rückführungspakt? Aber nein, es ist ein Meilenstein, es ist ein Migrationspakt. Auch wenn sich die Prozesse vielleicht nicht einfach gestalten, bin ich zuversichtlich, dass wir endlich Fortschritte erzielen. Unsere Bundesministerin Nancy Faeser zusammen mit Außenministerin Annalena Baerbock und unser Bundeskanzler Olaf Scholz – Herr Hoffmann, im Übrigen hat er sich extra von Straßburg aus auf den Weg gemacht, um mit uns über diese Thematik ausführlich zu reden – setzen sich unermüdlich dafür ein, eine tragfähige Lösung zu erzielen. Wir halten uns an das Völkerrecht aus humanistischer Überzeugung und als Rechtsstaat. Grenzzäune und Mauern, die Menschen ihres Rechts berauben, einen Asylantrag zu stellen, sind nicht mit unserer Rechtsordnung und unseren Werten vereinbar. Bereits 2016 hat sich gezeigt, dass Grenzzäune nicht zu weniger Migration führen. Vielmehr war es das EU-Türkei-Abkommen, das bekanntermaßen die Balkanroute entlastet hat; es waren nicht messerscharfe Stacheldrahtzäune. Auf dem gestrigen Flüchtlingsgipfel haben sich der Bund und die Länder erneut zu ihrer humanitären Verantwortung bekannt. Unsere Kommunen leisten dabei Herausragendes und verdienen dafür die höchste Anerkennung. Das gilt auch für ehrenamtliche Helferinnen und Helfer und alle Akteure, die sich bereits seit Jahren, seit Jahrzehnten dafür einsetzen, dass hilfesuchende Menschen Schutz bekommen, und die sich für ihre Integration einsetzen. – „Deutsche Bevölkerung“! Das muss man auch mal hören, was Sie sagen. Das kriegt man leider in den Aufzeichnungen aus der Mediathek nicht mit. Ja, wir wollen uns solidarisch zeigen und Menschen helfen, die unserer Hilfe bedürfen. Aber wir brauchen auch Regeln, damit wir weiterhin dazu in der Lage sind. Dazu gehören neben den zur Begrenzung irregulärer Migration notwendigen verpflichtenden Grenzverfahren die Verbesserung des Grenzschutzes und die Rückführung von Personen ohne Bleiberecht, was bereits stattfindet; mein Kollege hat es gesagt. Aber wir brauchen auch die Ausweitung der regulären Zuwanderung. Die Bemühungen der Bundesregierung für eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zielen genau in die richtige Richtung, und dafür bin ich dankbar. Wir können in Deutschland allerdings noch ein bisschen mehr tun. Wir müssen dringend Asylverfahren verkürzen. Deshalb bedarf es mehr Digitalisierung in der Verwaltung. Wir setzen dafür die Rahmenbedingungen. Ich möchte auch einmal sagen, dass drei Monate nach dem Flüchtlingsgipfel mit Nancy Faeser, also in kürzester Zeit, ein Dashboard auf den Weg gebracht wurde, wo die Kommunen sich die Statistiken, die Zahlen der Migrantinnen und Migranten in Gesamtdeutschland ansehen können. Das hat in den letzten 16 Jahren extrem gefehlt und führt zu direkter Transparenz und Akzeptanz. Viel wichtiger ist es jedoch, die moderne Arbeitsmigration auf den Weg zu bringen; das tun wir zusammen mit Hubertus Heil. Wir ermöglichen die Fachkräfteeinwanderung; wir schaffen ein ganz neues Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das modernste ever. Unsere Unternehmen und unsere Sozialsysteme brauchen Arbeitskräfte. Wir sorgen für geordnete, reguläre Zuwanderung, und das schafft Perspektiven. Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Noch mal: Den Vorstoß unseres Bundeskanzlers und unserer Innenministerin in den vergangenen Wochen begrüße ich ausdrücklich, weil er alle genannten Punkte, also Praktikabilität und humanitäre Verantwortung, angemessen berücksichtigt. Zugleich hat er das Potenzial, in dem seit Jahren lahmenden Prozess auf europäischer Ebene neue Impulse zu setzen. Es gibt begründete Hoffnung, dass es endlich gelingt, den Knoten in der EU zu durchschlagen, – – auch ohne Rechtsbrüche oder Menschenverachtung; denn die Europäische Union als Ganzes kann problemlos die Menschen, die Schutz suchen, aufnehmen. Ihren Antrag lehnen wir ganz entschieden ab.