Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim Lesen des hier zur Debatte stehenden Antrags fällt auf: Es gibt Schatten, aber durchaus auch Licht, lieber Oliver Grundmann. Hier stehen durchaus einige richtige und wichtige Punkte. Das könnte damit zu tun haben, dass die Union recht umfänglich bei der Koalition abgeschrieben hat, insbesondere beim Wasserstoffbeauftragten der SPD-Bundestagsfraktion, der gerade die Ehre hat, vor Ihnen zu sprechen. Die rhetorischen Dreiklänge und Begriffspaare rund um Pragmatismus, Geschwindigkeit und Volumen bzw. Technologieoffenheit habe ich bereits im Januar zum Motto für dieses Jahr ausgerufen. Da gibt es auch Pressemeldungen; das können Sie auf meiner Website nachlesen – wobei: Haben Sie ja wahrscheinlich schon gemacht. Verstehen Sie mich nicht falsch: Das ist kein Vorwurf, sondern ich freue mich sehr, dass ich damit behilflich sein konnte. Der Antrag verdient nämlich durchaus Würdigung und auch eine differenzierte Betrachtung, wie ich finde, etwas historische Einordung, Lob und Kritik. Wenn ich jetzt sage, dass ich heute nach dem Sandwichprinzip arbeiten werde, dann müssen Sie sich keine Sorgen machen, dass ich gleich etwas zu Essen hervorhole. Ich meine: Ich werde meine Kritik durchaus in etwas Lob einpacken. Dann wird sie auch leichter verdaulich. Zunächst einmal ist es gut, dass sich die Union umfänglich mit dem Thema Wasserstoff beschäftigt hat. Sie schlagen einen großen Bogen von Forschung und Entwicklung über Erzeugung und Import, Infrastruktur und Logistik bis hin zur Anwendung. Eine Perspektive fehlt allerdings völlig, und das sind die erneuerbaren Energien. Egal ob Elektrolyse, Pyrolyse oder Ammoniak-Cracking, wir müssen die Erneuerbaren immer mitdenken. EE, H2 und die dazugehörigen Infrastrukturen bilden die drei Standbeine der Energiewende. Wir können das eine nicht ohne das andere denken. Diesbezüglich ist übrigens bemerkenswert, dass Sie hier mit der Wasserstoffstrategie 1.0 aus 2020 angeben. Auch damals waren erneuerbare Energien in diesem Zusammenhang sehr relevant. Die, gelinde gesagt, starke Zurückhaltung der Union beim Ausbau der Erneuerbaren und Ihre irrigen Annahmen über Ausbaupotenzial und Stromverbrauch, all das mündete darin, dass die Union vor zweieinhalb Jahren, 2020, die Elektrolyse stark begrenzen wollte. Sie schreiben, mit der Ampel gebe es Rückschritte in Sachen Wasserstoff. Mit Verlaub, ich erinnere mich noch gut an die Debatte zur ursprünglichen NWS. Ich erinnere daran, dass Sie sich derzeit strikt gegen ein ambitioniertes Elektrolyseziel ausgesprochen haben. Sie haben sich gewehrt; maximal 3 Gigawatt sollten bis 2030 entstehen. Das unionsgeführte BMWi unter Peter Altmaier musste damals zugestehen, dass mehr Gigawatt erforderlich sind. Übrigens: Nur durch das konsequente Insistieren des damaligen Finanzministers und heutigen Bundeskanzlers Olaf Scholz haben wir die Blockade gelöst bekommen. So wurden nämlich tatsächlich in unserer Fortschreibung und in der Strategie damals 10 Gigawatt bis 2035 festgeschrieben. Und heute? Schon im Koalitionsvertrag hat die Ampel angelegt, die 10 Gigawatt verbindlich von 2035 auf 2030 vorzuziehen. Wir sind also ambitionierter geworden. Natürlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, hätte auch ich die Fortschreibung der NWS gerne schon im letzten Jahr verabschiedet gesehen. Aber da ist Putins Krieg, und es ist ja wohl klar, dass da die Dinge anders sortiert werden müssen. Ich kann Ihnen aber versichern, dass die Ressorts und das Kanzleramt an der Fortschreibung fest arbeiten, und ich bin sicher, dass es hier zeitnah zu einem guten Ergebnis kommen wird. Liebe Union, ich will durchaus anerkennen, dass in dem vorliegenden Antrag gute Impulse enthalten sind, allerdings im Wesentlichen diejenigen, welche die Ampel bereits in Angriff genommen hat. Vor diesem Hintergrund wirkt der Vorwurf der Union, die Koalition hätte nur Strom im Blick, etwas eigenartig. Nur einige Beispiele: Sie fordern 10 GW und eine NWS-Fortschreibung. Das ist demnächst fertig. Sie fordern eine Importstrategie. Die ist bereits angekündigt und kommt noch dieses Jahr. Das habe ich übrigens schon 2020 gefordert. Das unionsgeführte BMWi lehnte das damals ab. Sie fordern ein EU-weites Bilanzierungssystem für Wasserstoff. Das ist schon in der Mache. Sie weisen ja selbst auf die RED III hin, Stichwort „Massenbilanzierung“. Die Ampel hat mit dem Herkunftsnachweisregistergesetz im Dezember 2022 übrigens bereits die nationale Vorstufe davon gezündet. Sie fordern den Aufbau eines Startnetzes. Die Vorbereitungen dafür laufen bereits. Sie verweisen in diesem Kontext auf die IPCEI. Hier gibt es tatsächlich bedauernswerte Verzögerungen. Das können Sie mal Ursula von der Leyen sagen! Richtig ist auch der Hinweis auf die Unbundling-Regeln in der Gasmarktbinnenrichtlinie der EU. Ich verweise zu diesen Punkten ausdrücklich auf das Positionspapier meiner Fraktion zur H2-Infrastruktur-Regulierung, das übrigens schon im März beschlossen wurde. Vergessen haben Sie anscheinend auch die neue H2-Ausschreibungssystematik aus dem Osterpaket letzten Jahres sowie die Planungs- und Genehmigungsvereinfachung aus der kleinen Baugesetzbuch-Novelle. Summa summarum: 3 GW mit Ihnen, dem unionsgeführten BMWi, versus mehr als dreimal so viel plus alles, was ich aufzählte, mit Olaf Scholz und der Ampel – und das fünf Jahre früher. So viel zum Thema Fortschritt! Ehrlich gesagt: Mit dieser Perspektive kommen Sie über das Niveau eines Schaufensterantrags leider nicht hinaus. Durchaus gut finde ich allerdings hingegen – wie Sie merken, kommt jetzt die untere Scheibe des Sandwiches – Ihren Vorschlag, eine turnusmäßige Fortschreibung der NWS in Verbindung mit dem entsprechenden Bericht anzusetzen. Außerdem gibt es noch einige weitere Punkte, beispielsweise Wasserstoffreserve, Umsetzung der AFIR, Infrastruktur für H2-Derivate. Ich gehe davon aus, dass wir den konstruktiven Dialog fortführen können, insbesondere im Ausschuss; denn dahin geht ja Ihr Antrag. Dann können Sie sich zum Wasserstoffbeschleunigungsgesetz sehr konstruktiv einbringen. Das ist dann Ihre Gelegenheit, mit uns gemeinsam daran zu arbeiten, dass wir gut und tatkräftig vorwärtskommen. In diesem Sinne: Vielen Dank; bleiben Sie lustig und gesund!