Zwischenrufe:
4
Beifall:
8
Danke schön, Frau Präsidentin. – Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Gipfel des Europarates ist historisch; denn zum
vierten Mal beraten die Regierungschefs und Regierungschefinnen über eine neue Vision für die Zukunft der Menschenrechte in Europa.
Wer Visionen hat, soll was machen?)
Meine Hoffnung ist aber, dass dabei nicht nur Selbstbeweihräucherung im Mittelpunkt stehen wird, sondern auch Selbstkritik geübt wird, wenn es um die
Menschenrechtssituation in Europa geht. Denn die Menschenrechtssituation in Europa ist dramatisch, und dazu genügt ein Blick auf die Situation an unseren
Grenzen. An den Außengrenzen Europas werden täglich die Grundrechte von Menschen eingeschränkt. Die Menschenrechtskommissarin des Europarates und der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dem wir sehr viel zu verdanken haben, appellieren regelmäßig an die nationalen Regierungen, mehr gegen diese
Menschenrechtsverletzungen zu tun.
Während das auf der Ebene des Europarates stattfindet, erleben wir auf nationaler Ebene eine Debatte, in der Zäune als Allheilsbringer verkauft werden
und die Menschenrechtssituation an den Grenzen willentlich verdrängt wird. Ich glaube, wenn jedes Mal ein Euro an die Kommunen geflossen wäre, wenn in den
Debatten der vergangenen Monate das Stichwort „Zäune“ fiel, dann wäre den Geflüchteten und den Menschenrechten auf unserem Kontinent sehr geholfen. Von
Stacheldrähten, von neuen sicheren Herkunftsstaaten, von Abschiebehaft, von dem Einschränken des Grundrechts auf Asyl, davon können unsere Kommunen keinen
einzigen Kindergartenplatz, keine einzige Unterbringung und auch keinen einzigen Sprachkurs finanzieren.
Das haben aber die Ministerpräsidenten mit dem Bundeskanzler gestern anders entschieden!
Der Bundeskanzler hat das anders vorgeschlagen!)
Deshalb sage ich heute hier im Haus des Gesetzgebers: Die Unterstützung für unsere Kommunen ist gut; das Grundrecht auf Asyl einzuschränken, ist nicht
gut. Ich appelliere an uns als Gesetzgeber – auch gerade nach der gestrigen Ministerpräsidentenkonferenz –, gegen eine Einschränkung des Grundrechts auf Asyl
einzustehen.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das zeigt: Menschenrechte sind niemals gesichert, sondern sie müssen jeden Tag aufs Neue erkämpft werden. Der Ausschluss Russlands aus dem Europarat
im März 2022 erfolgte zwar spät; aber er war richtig. Wir müssen jetzt die Arbeit der Menschenrechtskommissarin stärken, die immer wieder
Menschenrechtsverbrechen auf unserem Kontinent thematisiert. Wir müssen die Bereiche Klimagerechtigkeit, Demokratieförderung und Minderheitenrechte ausbauen und
endlich zusammendenken; denn nicht nur im Kreml sitzen die Feinde unserer Demokratie. Die Feinde unserer Demokratie sitzen auch in Europa,
Im Wirtschaftsministerium! In der Regierung!)
sie sitzen gelegentlich auch im Deutschen Bundestag.
Wir erleben in Europa einen Backlash; wir erleben, wie durch Hass und Hetze versucht wird, Menschenrechte einzuschränken. Wir brauchen einen starken
Europarat, damit diese Versuche nicht erfolgreich sein werden und damit die größte zivilisatorische Errungenschaft auf unserem Kontinent, die Europäische
Menschenrechtskonvention, gegen all die verteidigt wird, die sie mit Füßen treten.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP
Annalena Baerbock und unsere Europastaatsministerin Anna Lührmann, die sich zur Stunde mit ihren französischen und polnischen Amtskolleginnen und
‑kollegen im Rahmen des Weimarer Dreiecks trifft, wenden sich in der Tradition Willy Brandts der Jugend zu. Gerade in Osteuropa, wo die Jugendzentren des
Europarats für viele junge und queere Menschen der letzte Ort der Hoffnung sind, sind diese Jugendzentren essenziell für eine demokratische Zukunft. Ich hoffe
sehr, dass wir erleben werden, dass gerade die wertvolle Jugendarbeit des Europarates gestärkt wird.
Meine Damen und Herren, es gilt jetzt, nach Straßburg zu schauen, die Besetzung der Ämter und die Zukunft der Menschenrechte in Europa aktiv
mitzugestalten, damit die organisierte, menschenfeindliche Rechte nicht siegen kann, damit der Europarat auch über die Außengrenzen seiner Mitgliedstaaten
hinaus wirken und strahlen kann, damit er handlungsfähig ist, damit er stark ist, damit er nicht zulässt, dass das passiert, was wir beim schwedischen
Staatsbürger Habib Chaab erlebt haben – er, ein Staatsbürger eines Europaratsstaates, ist aus einem anderen Europaratsstaat, der Türkei, in den Iran entführt
und dort hingerichtet worden –, sondern der Europarat über seine Außengrenzen hinaus strahlen kann mit seiner Menschenrechtsarbeit.
Kommen Sie zum Schluss bitte.
Darum geht es beim Gipfel des Europarats; denn Menschenrechte sind nicht westlich, sie sind auch nicht östlich, sie sind universell. Mit dem
Europarat –
Herr Lucks, letzter Satz, bitte.
– haben wir eine starke Institution, um die Menschenrechte zu verteidigen.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Für die Unionsfraktion hat das Wort der Kollege Armin Laschet.
Beifall bei der CDU/CSU)