Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin froh, dass wir heute über das Thema „berufliche Bildung“ sprechen. Aber dass ausgerechnet die Antragsteller hier nicht nur durch ihre Reden zur Schau stellen, dass sie sich mit dem Thema nicht beschäftigt haben, sondern auch noch zugeben, dass sie den Antrag nicht mal selbst geschrieben haben, das ist nur eines, nämlich peinlich. Meine Damen und Herren, Infrastrukturausbau, Wohnungsbau, Heizungsbau, Montage von Photovoltaikanlagen, energetische Sanierung – entscheidend für die Modernisierung unseres Landes, für Mobilität, für Wohnen, für die Dekarbonisierung sind Handwerkerinnen und Handwerker, und sie fehlen. Wir haben hier jetzt viel über die Meisterausbildung gesprochen. Aber es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen; vorher war er Lehrling, Geselle. Deswegen möchte ich die berufliche Ausbildung hier noch mal in den Fokus nehmen. Legt man den Fokus auf den Ausbildungsmarkt, dann trübt sich die Linse. Ich will da einmal Hamburg als Beispiel nennen: Im Juli letzten Jahres blieben über 700 Lehrstellen im Handwerk unbesetzt, nicht nur bei den Augenoptikern und Fotografen. Im März dieses Jahres gab es in Hamburg 8 600 offene Ausbildungsstellen insgesamt und nur 4 300 Bewerberinnen und Bewerber. Das bedeutet: Jede zweite Lehrstelle blieb eine Leerstelle. – Viele junge Menschen leben heute bewusster, engagieren sich für Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Wer aber wirklich aktiv werden möchte, der sollte sich nicht auf der Straße festkleben, sondern eine handwerkliche Ausbildung machen. Das ist ein echter Beitrag für die Zukunft. Werben wir also für eine Ausbildung! Wir können sehr stolz auf unser duales System sein; das ist weltweit bekannt. Es ist aber auch unsere Aufgabe, dieses System besser zu machen. Und das tun wir. Mit der Exzellenzinitiative Berufliche Bildung sorgen wir für bessere Berufsorientierung auch und gerade an den Gymnasien, für mehr Digitalisierung an den Berufsschulen. Mit Stipendien und der Öffnung der Begabtenförderungswerke werten wir die berufliche Bildung entschieden auf. Mit der gerade gestarteten Initiative InnoVET Plus werden wir zudem die Entwicklung und Erprobung exzellenter Berufsbildungskonzepte anschieben und damit kurzfristig wichtige Impulse für Innovation und Transformation in der beruflichen Bildung setzen. Wir halten keine Sonntagsreden über Wertschätzung für die berufliche Bildung, sondern machen das Thema mit unserer Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger zur Chefinnensache. Aber Wertschätzung ist auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe; das ist hier, glaube ich, schon deutlich geworden. Die Eltern von einer sehr guten Freundin von mir haben einen Maler- und Glasermeisterbetrieb. Ihr Bruder wurde im letzten Jahr als prüfungsbester Maler- und Lackierermeister des Landes Schleswig-Holstein ausgezeichnet und will den Familienbetrieb jetzt in dritter Generation weiterführen. Ich finde, das ist eine großartige Erfolgsstory unseres Mittelstandes. Das verdient große Anerkennung. Herzlichen Glückwunsch, Marten! Aber jetzt kommt’s: Seine Mutter erzählte mir mal, dass sie von einem Kunden gefragt worden sei, warum sie denn überhaupt noch selber arbeite, ob sie das denn nötig habe. Er konnte sich gar nicht vorstellen, dass sie diesen Beruf gerne ausübt. Das offenbart leider ein ganz zentrales Problem, das wir in Deutschland haben. Viele Handwerkerinnen und Handwerker machen ihren Job aus voller Überzeugung und mit großer Leidenschaft. Sie würden ihn aber noch lieber machen, wenn man sie dabei nicht von oben herab behandelt, wenn man ihnen statt Überheblichkeit Wertschätzung entgegenbringt und auch mal ein freundliches Wort. Unser Handwerk und unser Mittelstand sind der Motor unserer Volkswirtschaft. Sie haben es verdient, dass man ihnen Wertschätzung entgegenbringt. Ich finde, wir können stolz auf sie sein. Zuletzt: Wertschätzung drückt sich auch darin aus, ob Handwerkerinnen und Handwerker noch Parkplätze finden oder ob sie wie in Hamburg vom Anwohnerparken verdrängt werden. Wertschätzung drückt sich auch dadurch aus, dass nicht nur Studierendenwohnheime gebaut werden, sondern auch Azubi-Wohnheime, was unsere Bundesregierung mit dem Programm „Junges Wohnen“ macht. Ich finde sehr gut, dass wir damit auch Azubi-Wohnheime schaffen. Wir sind da mit der Ampel auf einem guten Weg. Aber die sehr dünnen Vorschläge hier sind völlig unzureichend. Vielen Dank.