Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Uns allen ist bewusst, dass Deutschland aktuell einer exorbitant hohen Asyl- und Fluchtmigration ausgesetzt ist: über 1 Million Menschen aus der Ukraine; im letzten Jahr waren es rund 218 000 Erstasylanträge; in diesem Jahr rechnen wir mit rund 300 000, eventuell sogar mehr Anträgen. Die Entwicklung wird natürlich dort als Erstes besonders deutlich, wo Unterbringung und Integration der Menschen anstehen – und das ist in den Kommunen, in den Städten und Gemeinden. Die ersten Kommunen stießen bereits im vergangenen Jahr, im April, Mai, Juni, an ihre Grenzen. Mittlerweile ist es so: Die Belastungsgrenze ist überall in den Städten und Gemeinden erreicht und teilweise überschritten. Die Hilferufe aus dem kommunalen Bereich an den Bundeskanzler dauern nun fast ein Jahr an. Die Forderungen, dass der Bundeskanzler endlich einen Migrationsgipfel auf den Weg bringen soll, sind deshalb mehr als verständlich. Der Bundeskanzler hat sich aber mehrfach weggeduckt und viel zu lange gebraucht, um ins Bundeskanzleramt einzuladen, aber dann ohne Vertreter der Städte und Gemeinden. Das macht Folgendes deutlich: Dem Bundeskanzler fehlt der erforderliche Respekt für diejenigen, die Großartiges leisten: die Städte und Gemeinden, die vielen kommunalen Akteure und auch die vielen Ehrenamtlichen. Das wäre aber halb so wild, wenn man jetzt den Eindruck haben könnte: Er hat es kapiert; er hat jetzt die Situation erkannt. Wir dachten, vielleicht kommt der Moment. Wenn man aber den Beschluss von gestern liest und die Äußerungen des Kanzlers hört, hat man das Gefühl: Er hat ein paar lichte Momente, und das geht in die richtige Richtung. Aber als ich heute die Reden der Kolleginnen und Kollegen Lindh, Göring-Eckardt und Emmerich hörte: „Wolkenkuckucksheim“, kann ich dazu nur sagen. Das hat doch mit der Realität nichts zu tun! Sprechen Sie mit den Bürgermeistern und den Landräten! Das ist eine Beleidigung für die Kommunen, was Sie heute gemacht haben! Schon in dem Beschlussentwurf, also vor diesem Gipfel, war doch erkennbar: Da ist überhaupt kein Sinneswandel eingetreten. Im Gegenteil: Zunächst hat die Bundesregierung noch versucht, die Länder gegen die Kommunen auszuspielen, was zum Glück nicht gelungen ist. Es ist doch völlig unverständlich, dass gestern nicht bereits Nägel mit Köpfen gemacht wurden. Und dann noch eins zur Klarstellung, Herr Hartmann – ich bin nicht so nett wie der Kollege de Vries –: Sie haben gerade gelogen! Es ist völlig falsch, dass die Union, wie Sie gesagt haben, die Kommunen nicht im Blick habe; denn das, was die Länder jetzt fordern, sind genau die vier Punkte, die wir seinerzeit als unionsgeführte Bundesregierung mit den Ländern und Kommunen vereinbart haben: Erstattung der Kosten für Unterkunft und Heizung, monatliche Pro-Kopf-Pauschale, Integrationsleistungen, Übernahme der Kosten für Minderjährige. Das war gelogen, und das lassen wir uns nicht bieten. Meine Damen und Herren, die Kernaussage des Beschlusses von gestern müssen wir uns mal auf der Zunge zergehen lassen. Sie lautete wörtlich – mit Erlaubnis der Präsidentin ein Satz –: Wow, ist das eine starke Aussage! Die Entscheidung wird auf November 2023 verschoben. Mit der Zusage, die Flüchtlingspauschale um 1 Milliarde Euro zu erhöhen, hat sich die Bundesregierung doch nur Zeit gekauft, im Ergebnis aber aus dem Flüchtlingsgipfel ein Flüchtlingsgipfelchen gemacht. Und das ist beschämend, meine Damen und Herren. Also, liebe Ampel, Herr Bundeskanzler, machen Sie keine Spielchen und Tricks, sondern nehmen Sie die Realität zur Kenntnis! Erkennen Sie den Ernst der Lage und die Belastungssituation der Bundesländer, der Städte und Gemeinden und auch der vielen Ehrenamtlichen! Und machen Sie einen angemessenen Regelungsvorschlag! Reden Sie nicht um das Thema herum wie um den heißen Brei. Vielen Dank.