Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Throm, ich muss erst mal mit Empörung feststellen, dass Sie sich mit Blick auf den Vorschlag der Kommission heute dafür ausgesprochen haben, auch Kinder an der europäischen Grenze zurückzuweisen. Sie würden wahrscheinlich auch Kinder ganz allein in ein Gefängnis stecken. Das ist einfach unmenschlich. Nein, ich bin gerade erst am Anfang. Ich will Ihnen mal eine Geschichte erzählen, von Amer Abdallah. Abdallah ist seit September 2015 hier in Deutschland. Zwei Wochen hatte sein Weg aus Syrien gedauert; damals war der Weg noch einfacher als heute. Er hat in Syrien ein Studium des Chemieingenieurwesens absolviert, und mittlerweile studiert er in Deutschland Politik und Soziologie. Seit er hier ist, hat er sich engagiert, seit er hier ist, ist er im Gemeinderat, im Internationalen Ausschuss, aktiv. Er war auch schon beim Sommerfest des Bundespräsidenten eingeladen und Teil der Bürgerdelegation zur Feier des Tags der Deutschen Einheit. Er macht gerade ein Praktikum hier im Deutschen Bundestag, und er war am Mittwoch auch auf der Besuchertribüne im Innenausschuss. Er hat mir ein Zitat mitgegeben, das ich hier verbreiten möchte: In der Sitzung vom Innenausschuss kam eine Szene in meinen Kopf, wie ich im Schlauchboot im Mittelmeer saß mit anderen hilflosen Menschen und nicht wusste, was auf mich zukommt und welche Träume ich wegen des Krieges verloren habe. Heute sitze ich im Bundestag, im Herzen der Republik. Und die Menschen, die über mein Schicksal reden und das Schicksal vieler Geflüchteter, haben keine Ahnung und keinerlei Berührungspunkte mit der Realität von Geflüchteten. Ich will hier mal deutlich machen: Das, was in der ganzen Debatte um Geflüchtete passiert, ist, dass es vor allem um Technik geht, dass es um Mathematik geht, um Statistiken, um Zahlen, aber nicht um Menschen, nicht um Geflüchtete, nicht um die einzelnen Schicksale dieser Menschen. Diese inhumane, diese unmenschliche, unempathische Herangehensweise, dieser wirklich kalte Blick auf die Welt ist falsch; denn wir haben ein internationales Recht, und wir haben ein individuelles Recht auf Asyl. Das werden wir nicht untergraben. Wenn wir jetzt auf die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz blicken, dann muss ich sagen, dass meine Fraktion seit Wochen sehr hart dafür gekämpft hat, dass die Kommunen auch finanzielle Unterstützung bekommen. Ich finde es richtig, dass dieser Knoten geplatzt ist, dass sich die Blockade gelöst hat, weil die Kommunen Enormes, Unglaubliches, Großartiges leisten bei dieser großen Herausforderung der Versorgung und Unterbringung der Geflüchteten. Dafür möchte ich Ihnen Danke sagen. Deswegen ist es auch richtig, dass wir sie finanziell unterstützen. Wenn ich mir den MPK-Beschluss im Weiteren anschaue: Es gibt einige Punkte, bei denen Sie gesagt haben: Da wird irgendwas eingesammelt. – Ich sage Ihnen – die Ministerpräsidentenkonferenz in Ehren –: Bundesgesetze macht immer noch der Deutsche Bundestag und nicht die Ministerpräsidentenkonferenz. Deswegen werden wir uns das alles sehr genau anschauen. Den Geist der Abschottung, der Abschreckung und Ausgrenzung werden wir nicht mitmachen; denn es braucht einen Fokus auf eine Integrationsoffensive. Statt immer mehr Rufe nach Abschottung braucht es konkrete Maßnahmen zur Entlastung, indem wir das Arbeitsverbot für Geflüchtete abschaffen, indem wir die Anerkennung von Berufsabschlüssen erleichtern und indem wir eine nachhaltige Finanzierung von Integrations- und Sprachkursen auf die Beine stellen. Das entlastet die Kommunen bei der Versorgung und Unterbringung. Das entlastet sie sofort. Deswegen brauchen wir genau das. Wenn wir dann einmal Ihren Vorschlag anschauen, dass es überall Grenzkontrollen geben soll, dann sehen wir einfach, wie weit Sie davon weg sind, neben Ihrem kalten Herz irgendwie noch den Wirtschaftsstandort Deutschland im Blick zu haben. Stationäre Grenzkontrollen entlang 2 436 Kilometer sind ein Schaden für die Wirtschaft, sind eine enorme Belastung für die Bürgerinnen und Bürger in der Grenzregion, und sie sind sicherheitspolitisch ineffektiv, weil Bundespolizisten an den Bahnhöfen und an den Flughäfen gebraucht werden und nicht 24/7 an den deutschen Grenzen. Da sind Sie auf dem vollkommen falschen Dampfer. Also: Wir brauchen bei der Asyl- und Migrationspolitik vor allem einen Blick auf die Humanität. Wir brauchen einen guten Zusammenhalt in diesem Land. Mit Ihren Parolen werden wir das sicher nicht hinbekommen. Es ist bei solchen Debatten wirklich schade, dass Angela Merkel weg ist und jetzt bei Ihnen andere Leute den Ton angeben.