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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bedeutung der Paulskirche als herausragender Ort in der deutschen
Demokratiegeschichte ist unumstritten. Vor 175 Jahren tagte die Frankfurter Nationalversammlung dort das erste Mal. Die darauffolgenden Sitzungen waren von
Erfolg gekrönt. Viele unserer heutigen Freiheits- und Eigentumsrechte haben wir der sogenannten Paulskirchenversammlung zu verdanken. Vor 175 Jahren wurde ein
belastbares Fundament für unsere heutige Demokratie gelegt. Doch genauso wie sich Gesellschaften stetig verändern, muss sich auch unsere Demokratie stetig
verändern.
Meine Rede wäre vor 175 Jahren undenkbar gewesen; denn Frauen im Parlament konnten sich damals nur wenige vorstellen. Auch die Gefahren für unsere
Demokratie sind heutzutage andere als vor 175 Jahren. Preußen bekämpfte die damalige Demokratiebewegung mit brutalster militärischer Gewalt. Heute sterben
Demokratien nicht plötzlich, ihre Kraft und ihre Schutzmechanismen werden in vielen kleinen, manchmal unsichtbaren Schritten ausgehöhlt. Das bewusste Schüren
von Ressentiments, Angst und Verunsicherung, verbale oder körperliche Angriffe auf Vertreterinnen und Vertreter demokratischer Parteien, die Einschränkung von
Minderheitenrechten, Angriffe auf freie Medien und Journalisten, all das sind Wegbereiter der Zerstörung von Freiheit und Demokratie.
In unserer digitalen Welt erleben wir neue Gefahren durch gezielte Desinformationskampagnen. In Sekundenschnelle werden falsche und irreführende
Informationen im Netz verbreitet. Menschen kapseln sich in Blasen ab, bestätigen sich in gefühlten Wahrheiten und entwickeln geschlossene Weltbilder. Ganz
aktuell erleben wir das extrem anhand der massiven russischen Desinformationskampagnen. Sie zielen darauf ab, unsere Gesellschaft zu spalten, unser
demokratisches System ad absurdum zu führen und falsche Narrative zu verbreiten. Deshalb ist es richtig, dass wir mit dem Demokratiefördergesetz und unseren
zahlreichen Programmen zur politischen Bildung die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie gegen ihre Feinde stärken; denn Demokratie braucht eine Infrastruktur, und
Demokratie darf auch Geld kosten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Gleichzeitig lehrt uns die Geschichte aber auch, dass jede Demokratie überzeugte Demokratinnen und Demokraten braucht, die sich tagtäglich für sie
einsetzen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Der Politikwissenschaftler Herfried Münkler aus meinem Wahlkreis, aus dem hessischen Friedberg schreibt:
Die Demokratie der Zukunft wird eine andere sein als die Demokratie der Gegenwart. Bliebe sie dieselbe, so hätte die Demokratie keine Zukunft.
Lassen Sie uns also gemeinsam in diesem Sinne heute und in Zukunft für eine starke, moderne und wehrhafte Demokratie eintreten.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nächster Redner: der fraktionslose Abgeordnete Matthias Helferich.
Beifall bei Abgeordneten der AfD)