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Beifall:
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Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Frau Wehrbeauftragte! Normalerweise schickt die Bundesregierung mit unserer Unterstützung
deutsche Soldatinnen und Soldaten mit einem klar definierten strategischen Ziel, einem klaren und erfüllbaren Auftrag und den notwendigen Mitteln und
Befugnissen zur Erfüllung dieses Auftrages in den Einsatz. Diese Grundvoraussetzungen erfüllt dieses Mandat nicht.
Zuruf des Abg. Dr. Marcus Faber [FDP])
Es ist vielmehr Ausdruck völliger Planlosigkeit und eines faulen politischen Kompromisses innerhalb der Ampel.
Ein strukturierter Abzug!)
Deswegen wird die CDU/CSU-Fraktion dieses Mandat ablehnen.
Zuruf des Abg. Dr. Karamba Diaby [SPD])
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Tarnen und Täuschen gehören bei der Bundeswehr zum Handwerk. Man tarnt Fahrzeuge und Stellungen, man täuscht in
Übungen Absichten vor und will damit ablenken. Seit über einem Jahr kann man beim MINUSMA-Mandat eine politische Form des Tarnens und Täuschens erleben. Blickt
man in die wöchentliche Unterrichtung des Parlaments, so sieht man den von der Kopfstärke her größten Einsatz der Bundeswehr. Hört man den Ausführungen der
Außenministerin zu, so stellt man fest, dass unsere Soldatinnen und Soldaten einen zentralen Beitrag für Frieden und Stabilität in Mali leisten. Liest man dann
die Verlautbarung der Bundesregierung vom Ende des vergangenen Jahres, so wird deutlich, dass das Mandat – Herr Minister, Sie haben es gerade noch einmal
wiederholt – um ein Jahr bis Mai 2024 verlängert werden muss, weil man in der Verantwortung stehe, die Wahlen in Mali im Frühjahr zu unterstützen.
Schaut man, liebe Kolleginnen und Kollegen, aber genau hin, so zerreißt die Tarnung, und die Täuschung zerplatzt wie eine Seifenblase. Dazu reicht es,
auf das vorliegende Mandat zu blicken oder den seit gestern vorliegenden Überprüfungsbericht MINUSMA zu lesen. Oder man liest sich die Wortäußerungen führender
Regierungsmitglieder der vergangenen zwölf Monate durch. Dann sieht das Bild völlig anders aus; dann wird deutlich, dass MINUSMA ein Einsatz ist, der schon seit
Langem keinen Sinn mehr macht. Genau das, Herr Minister, haben Sie schon Ende Januar erklärt, als Sie sagten:
Wenn unsere Soldaten und Soldatinnen das Lager nicht verlassen oder sich nur im kleinen Radius außerhalb bewegen können, weil die Drohnen nicht
fliegen dürfen, dann erfüllen sie ihren Auftrag nicht.
Dann ist dieser Einsatz Geld- und Zeitverschwendung, vor allem für die Soldatinnen und Soldaten, die dort getrennt von ihren Familien und Freunden den
Kopf hinhalten.
Sehr richtig, sage ich. Und daraus zogen Sie damals, Herr Minister, den richtigen Schluss, als Sie sagten:
Bis Mai 2024 in Mali bleiben, macht unter den aktuellen Bedingungen überhaupt keinen Sinn.
Genau das ist Verantwortung!)
Sehr richtig, Herr Minister Pistorius. Warum lassen Sie diesen klaren Aussagen keine Taten folgen? Ziehen Sie die Soldatinnen und Soldaten ab.
Beifall bei der CDU/CSU)
Das sagt auch der aktuelle Überprüfungsbericht, in dem es heißt: Sowohl MINUSMA insgesamt als auch der deutsche Beitrag zur VN-Mission sind mit einer
wachsenden Lücke zwischen dem ambitionierten Mandat und den tatsächlichen Handlungsmöglichkeiten konfrontiert. – Mit wohlgesetzten Worten: Die Mission erfüllt
ihren Auftrag nicht, weil sie es nicht kann.
Damit ist nicht einmal der Minimalanspruch der Außenministerin erfüllt, den Menschen im Norden Malis Schutz außerhalb eines kleinen Radius um die
VN-Camps zu bieten. Denn im Bericht heißt es weiter: Am deutlichsten treten die Defizite bei der Mandatserfüllung beim Schutz der Zivilbevölkerung und der
Wahrung der Menschenrechte in Mali ein. – So weit die nüchterne Feststellung. Was dann folgt, ist übrigens eine Aufzählung, was alles nicht funktioniert: Flüge
der Heron-Drohnen, Fluggenehmigungen usw. Das heißt, die Bundesregierung nimmt eine klare Analyse der Probleme vor; aber sie zieht nicht die notwendige
Schlussfolgerung aus ihrer richtigen Analyse. Deswegen ist dieses Mandat in vierfacher Hinsicht eine Zumutung.
Erstens. Sie versuchen nach wie vor, das Parlament und die deutsche Öffentlichkeit zu täuschen. Plötzlich steht der Abzug im Mittelpunkt und nicht
mehr die Wahl im Februar, von deren Durchführung noch nicht einmal die Regierung Malis ernsthaft ausgeht. Gleichzeitig halten Sie aber – völlig irrational – an
dem Wahldatum fest. Das muss dafür herhalten, um den schwer gefundenen Kompromiss in der Ampel zu rechtfertigen.
Es sind nicht alle so flott wie Sie in Afghanistan!)
Zweitens wird in den vorliegenden Texten geschwurbelt und rhetorisch mit Konfetti geworfen. Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass die
Bundesregierung keine Strategie für die Sahelzone hat. Es fehlt also – das haben wir schon länger festgestellt – eine nationale Sicherheitsstrategie. Das
Problem ist: Wenn eine Dachstrategie fehlt, dann fehlen alle Strategien, die daraus hergeleitet werden.
Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)
Es wäre, glaube ich, sinnvoll gewesen, sich strategische Gedanken zumindest über die Sahelzone zu machen.
Wir haben das in einem Antrag schon Ende des vergangenen Jahres angemahnt. All das fehlt nach wie vor. Man nimmt die Probleme in Mali nur noch
hin.
Opposition ist einfach ein trauriges Geschäft!)
Wir kennen die Probleme seit vielen Monaten; es ist außerordentlich schwer, sie zu lösen. Am Ende lässt man die Soldatinnen und Soldaten alleine. Sie
sollen schauen, wie sie zurechtkommen.
Drittens. Die Dauerfrage, Herr Minister – darauf haben Sie jetzt auch keine Antwort gegeben –, wie denn bis Mai nächsten Jahres eine zuverlässige
Kooperation mit dieser malischen Regierung möglich sein soll, bleibt unbeantwortet.
Was ist denn das für ein konstruierter Blödsinn?)
Auch die Frage, wie die Soldatinnen und Soldaten ihren Auftrag, nämlich Aufklärung, in den verbleibenden Monaten überhaupt noch ausführen sollen,
bleibt ungeklärt.
Da applaudiert noch nicht mal irgendeiner aus der Union, seitdem Sie reden, Herr Kollege!)
Und die Frage des ausreichenden Schutzniveaus, die noch Ministerin Lambrecht im Spätsommer des vergangenen Jahres zu der Aussage bewegt hat, man müsse
notfalls sogar schon im Herbst den Einsatz beenden, bleibt nach wie vor ungeklärt.
Viertens – das ist das Kernproblem – stellt dieses Abzugsmandat die Logik des Abzugs auf den Kopf. Statt sich – der Minister hat im Januar die
richtigen Schlüsse aus seiner Analyse gezogen – auf einen schnellstmöglichen Abzug spätestens bis Ende dieses Jahres zu konzentrieren – dann würden wir
wahrscheinlich zustimmen –, stellt das Mandat als rechtlichen Ausgangspunkt und als Rechtfertigung die Wahlen, die gar nicht mehr stattfinden, in den Raum.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie glauben doch nicht im Ernst, dass mit diesem Kräfteeinsatz eine ordnungsgemäße Durchführung der Wahlen im
nächsten Mai gewährleistet werden kann.
Darum geht es doch überhaupt nicht!)
Es macht keinen Sinn – Herr Präsident, mein letzter Satz –, über den 31. Dezember dieses Jahres hinaus Soldatinnen und Soldaten dieser Gefährdung
auszusetzen. Und anstatt das Richtige zu tun, nämlich sofort abzuziehen, verlängern Sie das Mandat ohne Not. Die Unionsfraktion wird dem nicht zustimmen
können.
Beifall bei der CDU/CSU
Dann seid ihr halt nicht mehr regierungsfähig!
Die Union hat
kein Vertrauen in die Bundeswehr!)
Ich erteile nunmehr das Wort der Frau Bundesministerin des Auswärtigen, Annalena Baerbock.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)