Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte um den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke war von Anfang an eine unerfreuliche, vor allem, weil die Technologie nicht ohne Risiken ist. Das wissen wir spätestens seit Fukushima oder Tschernobyl. Aber wir haben auch gesehen, in welcher Situation wir uns im letzten Jahr befunden haben und, wenn ich das ergänzen darf, im Grunde immer noch befinden. Wir haben ein Versorgungsproblem. Sichere Energie ist nach wie vor knapp. Wir haben auch ein Preisproblem. Auf dem aktuellen Niveau sind große Teile des verarbeitenden Gewerbes preislich einfach nicht wettbewerbsfähig, und da bringt es auch nichts, wenn man auf Zahlen der letzten Woche rekurriert. Und wir haben ein Klimaproblem. Es bedroht die Menschheit, und es erfordert entschlossenes Handeln. Deshalb haben wir als CDU/CSU-Fraktion uns auch schon früh für einen – das will ich auch noch mal ganz ausdrücklich hier betonen – zeitlich befristeten Weiterbetrieb der Kernkraftwerke entschieden, aus Verantwortung für unser Land. Denn es fällt schwer, mit anzusehen, wie Traditionsunternehmen am Standort Deutschland leiden und wie etliche kleine und mittelständische Unternehmen, die nicht einfach abwandern können, sich ganz bewusst dafür entscheiden müssen, aufzuhören. All das schlägt sich inzwischen übrigens auch schon erkennbar in Statistiken nieder. Schauen Sie sich mal die Zahl der Insolvenzanträge an oder die Arbeitslosenquote, die heute veröffentlicht wurde. Da geht es im Moment leider nur in eine Richtung. Was mich aber in der Diskussion der letzten Monate mit Abstand am meisten geärgert hat, war der oftmals unsachliche Umgang mit dem Thema. Da wurde viel Falsches in den Raum gestellt. – Da brauchen Sie gar nicht zu lachen. – Ich möchte daher heute hier einige Dinge klarstellen, die einfach nicht richtig sind. Erstens. Strom aus Kernkraft ist teuer. – Das haben wir gerade wieder gehört. Das ist falsch. Bei dem Weiterbetrieb bestehender Anlagen – und darüber haben wir hier ja geredet – handelt es sich um geringe Grenzkosten. Das hatte ich in meiner letzten Rede auch schon mal angesprochen. Zweitens. Das Endlagerproblem ist nicht gelöst. – Das wird hier immer wieder behauptet; auch das ist falsch. Das Problem ist in Deutschland noch nicht gelöst. Dass es aber lösbar ist, zeigen gerade Länder wie Finnland, Schweden oder die Schweiz. Drittens. Uran ist knapp und kommt aus Russland. – Auch wieder falsch. Grundsätzlich gibt es auf den Weltmärkten sogar ein Überangebot an Uran. Und Brennstäbe hätten Sie längst in ausreichender Menge in Ländern bestellen können, die auch unsere Werte teilen. Viertens. Auch so eine Saga: Deutschland exportiert Strom. – Das ist zumindest nicht ganz falsch. Denn es stimmt: Wenn die Sonne scheint, dann haben wir genügend Strom. Aber das Problem ist doch: Haben wir auch dann genügend Strom, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht? Nein, dann haben wir ein Problem, dann sind wir auf Importe überlebenswichtig angewiesen. Fünftens. Die Aussage finde ich auch sehr bemerkenswert: Atomstrom verstopft die Leitungen. – Das ist schon wirklich eine bemerkenswert naive Vorstellung davon, wie die Netze funktionieren. Verstopft war hier gar nichts, und „Rohrfrei“ haben wir auch nicht gebraucht. Klar, so wie wir aktuell aufgestellt sind, gibt es nun mal Phasen, in denen regenerative Energien im Überfluss vorhanden sind, aber wir brauchen doch gerade für die Zeiten Lösungen, in denen es wenig regenerativen Strom gibt. Sechstens. Atomstrom hat keinen oder nur einen sehr geringen Einfluss auf die Preise. – Auch das ist falsch. Gerade in Zeiten von Energieknappheit ist der Zusammenhang zwischen Stromangebot und Preisen nicht linear. Da können schon geringe Fehlbeträge große Preisschübe auslösen. Dass Sie aus dem Merit-Order-System gerade den billigsten Energieträger herausgenommen haben, wird dazu führen, dass wir noch häufiger als vorher hohe Preise sehen werden. Das alles haben auch Sie gewusst, zumindest geahnt, aber Sie haben die Dinge hier von Anfang an verkürzt und einseitig dargestellt. Vom handwerklich schlecht gemachten Prüfvermerk des Wirtschafts- und Umweltministeriums will ich hier erst gar nicht reden. Damit gefährden Sie unseren Wohlstand. Dafür tragen Sie die Verantwortung. Was die Anträge der AfD angeht: Mit einem Rückbau der Kernkraftwerke würden wir uns in der Tat eine wichtige Option nehmen, zum Beispiel bei einer sich wieder verschärfenden Energiekrise. Wir alle können nicht ausschließen, dass so etwas noch einmal passiert. Deshalb haben wir uns auch schon länger gegen einen Rückbau ausgesprochen. Wir sind aber gegen die Änderung des Atomgesetzes in der hier vorgelegten Form. Warum? Weil wir keinen Wiedereinstieg – das habe ich wiederholt hier gesagt – in die bestehende Technologie wollen, sondern allenfalls eine vorübergehende Nutzung als Brückentechnologie. Darin unterscheiden wir uns grundsätzlich. Deswegen können wir dem Paket auch nicht zustimmen. Vielen Dank.