Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir Demokraten brauchen Lösungen, sonst schaffen sie andere, die Blauen und die Braunen, in einigen Jahren. Das will ich nicht. – Das ist eine Äußerung, die nicht von mir stammt, sondern vom Bürgermeister von Gernsbach in Baden-Württemberg, übrigens ein SPD-Mitglied. Er hat diese Äußerung bei unserem Kommunalgipfel am 30. März dieses Jahres im Paul-Löbe-Haus gemacht. Er weist damit auf die Konsequenzen hin, die es geben kann, wenn die Kommunen in der Migrationskrise mit ihren Belastungen alleine gelassen werden. Dort ist sehr deutlich geworden: Wir hatten 400 Teilnehmer, Bürgermeister, Oberbürgermeister, Landräte, Fachleute aus diesem Bereich, und zwar über die Parteigrenzen hinweg. Eine Botschaft war, dass wir auch in Zukunft den Menschen, die schutzsuchend nach Deutschland kommen, Sicherheit und Schutz bieten möchten. Aber es ist eben auch ein Fakt, dass Ressourcen begrenzt sind, dass viele Kommunen an ihren Belastungsgrenzen sind, dass auch viele Kommunen bereits über die Belastungsgrenzen hinausgegangen sind. Wenn Sie sich das einmal anschauen, dann muss man doch sagen: Die Probleme sind vielfältiger. Es geht darum, dass genügend Kitaplätze da sind. Es geht um Schulen. Es geht um fehlendes Personal. Es geht um fehlenden Wohnraum. Die Ressourcen sind begrenzt. Deshalb müssen wir konstatieren, dass Deutschlands Infrastruktur in der Breite auf einen Zustrom dieses Ausmaßes nicht vorbereitet ist. Das Einzige, was der Bundesinnenministerin dazu einfällt, ist: Humanität kennt keine Obergrenze. – Sie haben das ebenfalls zitiert, verehrte Frau Schierenbeck. Ich muss sagen: Das ist eine Banalisierung der Herausforderungen der Kommunen. Sie moderieren etwas weg, was da ist. Ich will das jetzt gar nicht bewerten, sondern ich will die Bewertung einem anderen Kommunalpolitiker überlassen, übrigens auch von der SPD; vor wenigen Tagen stand es in der „Welt“. Es ist die Bewertung des Landrats von Märkisch-Oderland hier in Brandenburg. Er hat diesen Hinweis als das bezeichnet, was er ist, nämlich als eine moralisierende Scheinheiligkeit, und sonst gar nichts. – Ich zitiere nur einen SPD-Politiker. Ich will auf einen zweiten Punkt hinweisen. Die Bundesinnenministerin tut so, als könne sie bei diesen Problemen gar nicht helfen. Sie hat in einem Interview mit der Funke Mediengruppe noch Anfang dieses Monats gesagt, acht von zehn Geflüchteten seien aus der Ukraine. Diese Zahl ist nachweislich falsch. Richtig ist, dass von denen, die zwischen März letzten Jahres und März dieses Jahres zu uns gekommen sind, 80 Prozent in den ersten sechs Monaten, also bis August letzten Jahres, zu uns gekommen sind. Richtig ist, dass in den ersten drei Monaten dieses Jahres fast 90 000 Asylanträge gestellt worden sind. Dazu kommen 81 000 Schutzsuchende aus der Ukraine. Das bedeutet: Die Wahrheit ist, die Mehrheit der Menschen, die schutzsuchend zu uns kommen, kommt nicht aus der Ukraine, sondern aus anderen Regionen. Die kommen aus dem arabischen Raum. Die kommen aus Afrika. Die kommen aus Asien. Was will ich jetzt damit sagen? Erstens. Es ist bedenklich, wenn die Innenministerin die Zahlen ihres eigenen Hauses nicht kennt. Es ist aber wahrscheinlicher, dass Sie ganz bewusst mit der Verzerrung dieser Zahlen die Öffentlichkeit irreführen und täuschen möchten. Das ist die Realität. Die Wahrheit ist, verehrte Frau Innenministerin, Sie haben qua Amt alle rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten, eine Migrationspolitik zu machen, die den Herausforderungen wirklich gerecht wird. Ja, gerne. Wer erzählt nicht die Wahrheit? Frau Kollegin, das erkläre ich Ihnen gerne. Ich möchte sagen, dass wir trennen müssen zwischen denen, die schutzsuchend zu uns kommen, und denen, die vorgeben, asylberechtigt zu sein, obwohl eine Verwaltungsentscheidung oder auch zusätzlich eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung das Gegenteil festgestellt hat. Ihre Asyl- und Migrationspolitik läuft darauf hinaus, dass jeder Mensch, der es nach Deutschland geschafft hat, auch hierbleibt. Sie könnten diese Dinge umsetzen. Sie haben die Instrumente, Sie haben die Mehrheit dazu, Sie haben die Potenziale. Das ist etwas, was nicht akzeptabel ist, was zu diesen Problemen führt. Tatsächlich – meine Vorredner haben das ausgeführt – kann man diese Probleme nicht allein mit Geld lösen. Die Kommunen brauchen Geld und Unterstützung; André Berghegger hat es sehr deutlich formuliert. Aber sie brauchen vor allen Dingen auch, dass nicht nur an den Symptomen herumgedoktert wird, sondern auch die Ursachen beseitigt werden. Deshalb müssen wir eine konsequente Migrationspolitik machen. Ich darf Ihnen sagen: Wir haben in unserem Antrag niedergelegt, was wir für richtig halten. Aber wir brauchen gar nicht so weit zu gehen. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die von der Frau Bundesinnenministerin eingesetzt wurde, hat am 19. April ihren Ergebnisbericht vorgelegt. Der Kollege Throm hat vieles davon erwähnt. Ich kann noch mal stichwortartig sagen: Es geht um sofort wirksamen Grenzschutz. Es geht darum, auch die Möglichkeit von Zurückweisungen zu eröffnen. Es geht um die Revitalisierung von AnkERzentren. Es geht um die Verlängerung der Liste sicherer Herkunftsstaaten. All das sind Punkte, die man umsetzen kann. – Ja, natürlich, selbstverständlich. Ich möchte nur noch einen Satz sagen, wenn ich darf. Ich will diesen Satz noch sagen. Sie sind von der grünen Fraktion. Im Deutschen Bundestag haben wir in der letzten Legislaturperiode in der Großen Koalition beschlossen, dass wir Algerien, Tunesien, Marokko und Georgien zu sicheren Herkunftsstaaten machen. Wir haben das hier im Deutschen Bundestag beschlossen. Sie und Ihre Partei haben es im Bundesrat aufgehalten und verhindert. Allein letztes Jahr sind 10 000 Menschen aus Georgien nach Deutschland gekommen, mit einer Schutzquote von 0,4 Prozent. Sie sind dafür verantwortlich, dass die Verfahren so lange dauern. Sie sind dafür verantwortlich, dass die Rückführungen dann kaum mehr funktionieren können. Sie sind dafür verantwortlich, dass alle, die hierherkommen, auch hierbleiben. Gerne. Also, Frau Bünger, es kommt natürlich immer darauf an, woher genau die Menschen kommen. Tatsächlich ist es so, dass die Schutzquote für viele verschiedene Länder in den letzten Wochen gestiegen ist. Wir haben zunehmend Asylanträge aus Syrien, aus Afghanistan, aus der Türkei, die auch tatsächlich berechtigt sind. Wir möchten, dass diejenigen, die schutzberechtigt nach Deutschland kommen, auch aufgenommen werden. Wir möchten, dass sie auch integriert werden können. Um genau das zu erreichen, müssen wir es schaffen, dass diejenigen, die nicht schutzberechtigt sind, schnell wieder in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Ich will zusammenfassend sagen: Frau Bundesministerin, die Vorschläge, die diese Expertengruppe am 19. April vorgelegt hat, werfen eigentlich ein grelles Licht auf den politischen Bankrott Ihrer Migrationspolitik. Eines muss man doch ganz deutlich sagen: Es geht darum, die Akzeptanz für das Asylrecht auch in der Zukunft aufrechtzuerhalten. Wenn man es nicht schafft, mit dem Asylrecht die irreguläre Migration zu beenden, dann besteht die Gefahr, dass die irreguläre Migration das Asylrecht beendet, und dafür haben Sie dann die Verantwortung. Herzlichen Dank.