Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Antrag der Union gelesen habe, war ich, ehrlich gesagt, überrascht; denn ich hatte ihn mir nach den Äußerungen von Merz, Kretschmer und Co in den letzten Tagen noch schlimmer vorgestellt. Immerhin bekennen Sie sich zum Recht auf Asyl; das muss man auch mal positiv hervorheben. Interessant ist: Zu den Kommunen steht gar nicht so viel drin. Der Forderungsteil hat es allerdings in sich. Sie fordern im Wesentlichen eine Begrenzung der Aufnahme von Geflüchteten und eine Reduktion – Zitat – „irregulärer Migration“. Dabei hantieren Sie mit Halbwahrheiten und Fake News. Zum Beispiel behauptet die Union wieder einmal, es würden sehr viele Menschen nach Deutschland kommen, die offensichtlich keinen Schutzanspruch hätten. Das ist falsch! Das ist einfach falsch; die bereinigte Schutzquote des BAMF erreichte letztes Jahr sogar einen Rekordwert von über 70 Prozent. Und was soll eigentlich „irreguläre Migration“ bedeuten? Alle Asylsuchenden müssen doch zunächst irregulär einreisen, weil es keine legalen Fluchtwege gibt. Sie dürfen dafür aber nicht kriminalisiert werden, und das steht auch ganz klar in der Genfer Flüchtlingskonvention. Das haben Sie wohl vergessen. Ein Großteil von ihnen bekommt am Ende dann auch Schutz. Wenn Sie davon sprechen, irreguläre Migration reduzieren zu wollen, meinen Sie doch eigentlich: Obergrenzen für Asylsuchende. Und das ist nicht nur unmenschlich, sondern auch rechtswidrig. – Ich höre Ihnen nicht nur zu, ich lese auch Ihre Anträge, und da steht ziemlich viel von Abschottung drin. Die Union instrumentalisiert die tatsächlichen Probleme von Kommunen, um mehr Abschiebungen und eine weitere Abriegelung der Grenzen voranzutreiben. Diese rechte Stimmungsmache auf dem Rücken der Schutzsuchenden ist nicht nur auf der untersten Stufe, sondern hilft auch keiner einzigen Kommune. Wir, Die Linke, hingegen fordern, dass alle Kosten vollumfänglich vom Bund erstattet werden. Besonders schlimm ist, dass vieles von dem, was die Union fordert, schon längst Wirklichkeit ist oder bald Realität werden könnte. Ohne uns Linke würden wir über diese Realität gar nicht sprechen. Sie von der Union fordern verpflichtende Verfahren an der Außengrenze. Aber das gibt es doch schon. Genau das ist Gegenstand der Reformvorschläge für das Asylsystem auf EU-Ebene. Und SPD, Grüne und FDP tragen das mit, obwohl damit die massenhafte Inhaftierung von Schutzsuchenden droht. Auch die Fiktion der Nichteinreise bei den Menschen, die juristisch als nicht eingereist gelten, klingt wie eine Horrorshow der Entrechtung, ist aber Realität. Das gilt auch für die Forderung nach einem Stopp des Aufnahmeprogramms. Frau Lindholz, faktisch hat die Bundesregierung doch die Visaerteilung an gefährdete Afghanen längst ausgesetzt. Über diese Realität sollten wir doch mal sprechen. Die Form der Abschreckungspolitik hat noch nie dazu geführt, dass sich weniger Menschen auf den Weg machen; denn Menschen fliehen nicht wegen Anreizen, sondern weil Kriege, repressive Regime und die Folgen des Klimawandels sie doch dazu zwingen. Niemand verlässt sein Zuhause freiwillig. In unserem Antrag machen wir Vorschläge für eine echte menschenrechtebasierte Neuausrichtung der Asylpolitik, also eigentlich den gepredigten Paradigmenwechsel. Als Vorbild dienen doch die Erfahrungen der Aufnahme der Ukrainegeflüchteten. Die Ukrainer/-innen bekamen sofort Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Sprachkursen. Sie durften bei Angehörigen unterkommen. Das muss doch für alle Geflüchteten gelten. Bund, Länder und Kommunen müssen sich darauf einstellen, dass dauerhaft Asylsuchende nach Deutschland kommen. Auch das gehört zur Realität; denn Flucht ist eine Realität, die nicht einfach verschwinden wird. Anstatt in regelmäßigen Abständen Krisengipfel zu veranstalten und ungeordnete Notlösungen zu beschließen, muss langfristig in kommunale Infrastruktur und Integration investiert werden. Der Bund muss die direkten und indirekten Kosten für diese Aufnahme von Geflüchteten übernehmen. Da passiert aus unserer Sicht noch viel zu wenig. Vielen Dank.