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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein persönliches Highlight in den Koalitionsverhandlungen war der Moment, als wir über Friedenspolitik geredet haben. Da kam ganz spontan von den Grünen: „Ja, klar, kennen wir“, und auch aus den Reihen der FDP hieß es: „Das haben wir doch schon immer so gemacht“; Erinnerung an die sozial-liberale Koalition, Entspannungspolitik, Bemühungen um Ausgleich und Frieden in Europa, Bemühungen um Abrüstung. Auch in Fragen von Krieg und Frieden haben die drei Parteien der Ampel in der deutschen Geschichte wichtige Wegmarken gesetzt: das Nein von Rot-Grün unter Schröder zum Irakkrieg und die maßgeblich auf Herrn Westerwelle zurückzuführende Enthaltung der damaligen Regierung bei der Libyen-Intervention. Das zeigt: Die gemeinsame Basis dieser Regierungskoalition ist der Einsatz für Frieden, sind Bewahrung, Förderung und, wenn notwendig, auch Wiederherstellung von Frieden, und das auf Grundlage der festen Verankerung im Atlantischen Bündnis und in der EU.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es geht uns in der Tat auch um konkrete Fortschritte bei der Abrüstung. Deshalb habe ich auch gar nichts dagegen, hat auch diese Bundesregierung gar nichts dagegen, dass die USA und Russland endlich wieder einen Dialog über strategische Stabilität führen, über die Wiederinkraftsetzung von Rüstungskontrollverträgen oder über die Begrenzung von atomarer Rüstung, sei es der INF-Vertrag in Europa, sei es der Vertrag zur Verringerung strategischer Atomwaffen.
Es ist gut, dass diese Regierung sich aufmacht, den Atomwaffenverbotsvertrag politisch zu begleiten durch Einnahme eines Beobachterstatus. Ich muss sagen, Herr Wadephul: Der Widerstand, den Sie aus den Reihen der Union gegenüber diesem Schritt formuliert haben, erinnert mich an die Auseinandersetzung vor etwa 50 Jahren, als es darum ging, ob die Bundesrepublik Deutschland dem Nichtverbreitungsvertrag beitreten soll.
Herr Kollege Schmid, alle NATO-Partner waren dagegen! Die NATO-Partner sind dagegen!)
Es war damals, Ende der 60er-Jahre, auch die Frage: Kriegen wir das hin mit der CDU/CSU? Die CDU/CSU hat es blockiert. Die Regierung Brandt hat es dann hinbekommen, auch ohne die Partner vor den Kopf zu stoßen. Genau das Gleiche wollen wir auch beim Atomwaffenverbotsvertrag: über den Beobachterstatus die Verbannung von Atomwaffen aus dieser Welt vorantreiben.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Können Sie mal was zur Zukunft sagen und nicht nur zur Vergangenheit?)
Schließlich wollen wir uns auch selber in die Pflicht nehmen durch die Erarbeitung eines Rüstungsexportkontrollgesetzes, mit dem wir endlich auf gesetzlicher Grundlage eine restriktive Waffenexportpolitik in Deutschland durchsetzen wollen.
Sie haben vollkommen recht – die Ministerin hat es angesprochen, der Kollege Wadephul auch –: Der Frieden in Europa ist bedroht; er ist bedroht durch die Aggression Russlands, aktuell durch den Truppenaufmarsch Russlands in der Nachbarschaft der Ukraine. Es ist richtig, dass sowohl aus der Bundesregierung als auch aus den Reihen der Koalitionsfraktionen darauf hingewirkt wird, dass wir jetzt Diplomatie und Deeskalation betreiben, im N4‑Format, um die konkreten Fortschritte beim Waffenstillstand, bei der Entflechtung der Streitkräfte im Konfliktgebiet voranzubringen, und bei der OSZE, um ihre Mission im Donbass zu unterstützen und weitergehende Schritte zur Frage der Stationierung konventioneller Streitkräfte in Europa zu machen.
Genauso klar ist – auch das hat Olaf Scholz in seiner Regierungserklärung noch einmal betont –: Eine Aggression Russlands wird Sanktionen nach sich ziehen. Alle Optionen liegen auf dem Tisch: verschiedene Sanktionen wie persönliche Sanktionen und sektorale Sanktionen, die auch den Energiesektor betreffen können. Alles ist mit den Europäern und unseren Partnern in den USA abgestimmt.
Genau in diesem Sinne können wir durch Geschlossenheit dann die russische Aggression zurückdrängen und hoffentlich – denn das muss ja das Ziel sein – das Waffenstillstandsabkommen von Minsk auch endlich umsetzen. Das ist unsere Linie, und die werden wir mit großer Geschlossenheit vorantreiben.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Olaf Scholz hat im Wahlkampf festgehalten: Die Europäische Union liegt in unserem wichtigsten nationalen Interesse. – Deshalb haben wir uns sehr viel vorgenommen zur Stärkung der europäischen Souveränität, zusammen vor allem mit dem wichtigsten Partner innerhalb der EU, mit Frankreich. „Souveränität“ heißt: Handlungsfähigkeit Europas nach innen wie nach außen. Da geht es um Diplomatie. Es geht auch um militärische Fähigkeiten. Aber vor allem geht es darum, kraftvoll in Innovationen, in neue Technologien, in zukunftsfähige Arbeitsplätze zu investieren, neue Technologien in Europa zu beheimaten, Handelspolitik fair und gerecht zu gestalten, die internationale Währungs- und Finanzpolitik mit einem starken Euro zu gestalten. Diese europäische Souveränität ist die Voraussetzung dafür, dass in dem vielbeschworenen Systemwettbewerb zwischen Demokratien und autoritären Systemen die Europäer, die Demokratien die Oberhand behalten können. Es geht darum, dass wir konkret unseren Bürgerinnen und Bürgern und auch der Welt beweisen, dass eine Demokratie in der Lage ist, für Prosperität, Gleichheit und Gerechtigkeit und auch für Innovation zu sorgen, dass wir es vielleicht sogar besser hinbekommen als autoritäre Systeme.
Der Systemwettbewerb wird nicht über die Anzahl der Raketen gewonnen. Er wird gewonnen über die Leistungsfähigkeit unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft im internationalen Vergleich. Da können wir nur vorankommen und gewinnen, wenn die Europäische Union geschlossen die europäische Souveränität ausbaut.
Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb ist das Starren auf China zwar richtig; denn es ist eine Herausforderung. Aber die Frage richtet sich immer an uns selbst: Kriegen wir es selber hin? Kriegen wir es als demokratisch verfasste Gesellschaften hin, dass wir auch in Zukunft einen hohen Lebensstandard und eine gerechte Gesellschaft organisiert bekommen? Deshalb ist mit Blick auf China die europäische Souveränität so wichtig wie die europäische Indopazifik-Strategie, wie die konkreten Schritte, die wir vor Ort gehen wollen.
Ich will zum Schluss mit Blick auf China eines sagen: Was ich mit großer Sorge betrachte, ist der Rüstungswettlauf in der Region selbst, in Ostasien. Ich glaube, bei aller Notwendigkeit, robust dagegenzuhalten, wird es entscheidend darauf ankommen, den Gedanken der kollektiven Sicherheit auch stärker nach Ostasien zu bringen. Das gehört für mich zu einer klugen Indopazifik-Strategie dazu.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege. – Als Nächstes erhält für die AfD-Fraktion Petr Bystron das Wort.
Beifall bei der AfD)