Sehr geehrte Präsidentin, liebe Petra! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Wir vernehmen tatsächlich neue Töne aus dem Innenministerium, auch heute, insbesondere zum Kampf gegen rechts. In der Vergangenheit wurden rechte Netzwerke und rechter Terror verdrängt, verharmlost und verkannt. Bei Ihnen im Koalitionsvertrag heißt es jetzt: „Rechtsextremismus ist derzeit die größte Bedrohung unserer Demokratie.“ Frau Innenministerin Faeser, Sie haben es heute hier ja auch wiederholt. Ich nehme Sie wirklich sehr gerne beim Wort an diesem Punkt. Beim Wort nehmen, das muss heißen: Wir erwarten von der Bundesregierung, dass endlich nicht nur geredet wird, sondern auch wirksame Maßnahmen ergriffen werden, um rechte Gewalt und rechten Terror zu stoppen. Das heißt: Entwaffnen Sie die rechte Szene, verhaften Sie untergetauchte Neonazis, schmeißen Sie Rassisten und Antisemiten aus dem Polizeidienst. Das muss schnell passieren. Und nehmen Sie Abschied vom Extremismusbegriff, der nur vernebelt und die Geheimdienste legitimiert. Aber das Allerwichtigste: Hören Sie – ich darf bei Ihnen sagen: hören Sie auch weiterhin – den bedrohten Menschen zu. Die Opferperspektive, sie fehlte bisher im Innenministerium. Eine weitere Last aus dem Seehofer-Ministerium ist, dass auf Sicherheitsbedrohungen immer mit dem Ruf nach mehr Technik, nach mehr Überwachung und nach mehr Eingriffen in Grund- und Freiheitsrechte reagiert wurde. Ihr Koalitionsvertrag klingt da schon anders. Entscheidend wird jedoch sein, ob Sie tatsächlich so gefährliche Tools wie die Spionagesoftware Pegasus den Behörden aus der Hand nehmen. Beenden Sie die diskriminierenden anlasslosen Kontrollen der Bundespolizei, sorgen Sie dafür, dass polizeiliche Datenbanken sicher sind und Menschen nicht grundlos in ihnen gespeichert werden, und binden Sie den eigenen Datenschutzbeauftragten mit seinen Bedenken auch in Ihre Arbeit ein. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen, genau an diesem Punkt muss man es, glaube ich, noch mal sagen: Der letzte Innenminister hat Menschen im Mittelmeer ertrinken lassen. – Das ist keine Unverschämtheit, das ist Ergebnis seiner Politik gewesen. – Und er hat seine Zustimmung zur Aufnahme von Geflüchteten durch die Bundesländer verweigert, obwohl diese dazu bereit waren. Sie wollen das Leid an den Außengrenzen stoppen; das steht im Koalitionsvertrag. Wenn Sie es ernst meinen, dann handeln Sie jetzt, und zwar sofort. An den Außengrenzen wird jeden Tag gestorben; das ist also kein Thema, was wir in einem halben Jahr behandeln sollten. Setzen Sie sich jetzt für sichere Fluchtwege ein! Stoppen Sie die illegale Praxis und die Militarisierung von Frontex. Und erteilen Sie den Ländern das Einvernehmen, wenn diese Landesaufnahmeprogramme für Schutzsuchende vorlegen. Das sage ich Ihnen auch als Thüringerin: Wir wollen aus Thüringen hier ein Signal aus dem Innenministerium sehen. Wenn Sie, und das glaube ich, wirklich besser sein wollen als Ihr Vorgänger, dann hören Sie auf das, was Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Engagierte Ihnen sagen, und hören Sie vielleicht manchmal ein bisschen weniger auf die Spitzenbeamten, die Sie von Herrn Seehofer übernommen haben. Belassen Sie es nicht bei den schönen, oft auch richtigen Ansagen – werden Sie konkret! Vielen Dank.