- Bundestagsanalysen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine bessere Ausrüstung für die Bundeswehr, eine starke, resiliente deutsche und europäische Verteidigungsindustrie, mehr Beschaffung von Systemen im Common Design – Ziele, die viele von uns teilen. Doch wie erreichen wir diese materielle Zeitenwende?
Die AfD schlägt dafür nun ausschließlich Offsets vor. Offsets gewinnen bei Rüstungsgeschäften an Bedeutung. Nach Schätzungen gab es zwischen 2010 und 2020 circa 370 Milliarden US-Dollar an Offset-Forderungen. Darum ist es wirklich wichtig, dass wir gemeinsam darüber nachdenken.
Zurufe von der AfD: Jawohl!
Sehr gut!)
Gerade mit Blick auf den AfD-Antrag ist es aber wichtig, den Kern der Wirkung von Offsets zu erfassen. Denn dieser Antrag wird der Wirkung von Offsets und der Komplexität der deutschen, mittelständisch geprägten Rüstungsindustrie nicht im Ansatz gerecht.
Beifall bei Abgeordneten der SPD
Zuruf des Abg. Jörn König [AfD])
Bei Offsets kann es direkte Kompensationen geben; das heißt, durch ausländische Firmen wird im Käuferland im gleichen Sektor investiert. Oder es gibt indirekte Kompensationen; das heißt, ausländische Hersteller müssen Güter heimischer Unternehmen aus anderen Branchen beziehen. Der Kerngedanke ist die Souveränität eines Staates im wehrtechnischen Bereich. Lässt sich eine Beschaffung aus dem Ausland nicht vermeiden, soll via Offset eine Ersatzwertschöpfung stattfinden. Von diesem Grundgedanken sollten wir uns leiten lassen. Wir brauchen auch vor dem Hintergrund der sicherheitspolitischen Lage eine resiliente deutsche und europäische Rüstungsindustrie.
Doch wie gelingt uns das? Erstens. Die Beschaffung aus dem nichteuropäischen Ausland bleibt die Ausnahme.
Zuruf des Abg. Gerold Otten [AfD])
Zweitens: mehr gemeinsame europäische Beschaffung unter der Prämisse, dass wir Systeme wie beim deutsch-norwegischen U-Boot-Projekt 212CD im Common Design beschaffen. Beide Nationen erhalten dabei ein identisches U-Boot.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Alexander Müller [FDP])
Drittens: weg mit den Goldrandlösungen, mehr Standard, marktverfügbare Produkte und nicht oder nur minimal germanisieren! Dies hat unser Verteidigungsminister gestern in seinem klaren wie knappen Erlass zur Beschaffung umgesetzt. Damit erhöhen wir auf mittlere Sicht die Interoperabilität mit anderen europäischen Streitkräften.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Alexander Müller [FDP])
Offsets können bei der Beschaffung durchaus negative Folgen haben. Kosten können steigen. Beispielsweise müssen Offset-Agenturen eingeschaltet werden, und Schätzungen gehen hier von 2- bis 20-prozentigen Kostensteigerungen für den Steuerzahler aus.
Zugleich müssen wir uns aber den Realitäten stellen. Offsets spielen eine wichtige Rolle. Wir sollten uns daher vom Prinzip der Gegenseitigkeit leiten lassen. Werden deutsche Unternehmen von einem Land mit Offsets belegt, sollten wir bei Beschaffungen aus diesem Land ebenfalls Kompensationen verlangen.
Ja! Sehr gut!)
Warum ist das Prinzip der Gegenseitigkeit so wichtig? Einerseits können positive Beschäftigungseffekte erzielt werden, und natürlich profitiert auch die deutsche Industrie, wenn sie an der Wartung ausländischer Systeme beteiligt ist. Andererseits stellen Offsets für Firmen, auch für deutsche Firmen, aber eine große Belastung dar. Denn der Nachweis vereinbarter Investitionen gegenüber dem Auftragsland ist schwierig und ein riesiger administrativer Aufwand. Denken wir über die Stärken der deutschen Sicherheitsindustrie nach, dürfen wir diesen Aspekt nicht einfach ausblenden.
Ich komme zum Schluss. Kompensationsgeschäfte können zu mehr Wertschöpfung in Deutschland beitragen. Sie können auch zum Erhalt von Kompetenzen beitragen. Die verpflichtende Einführung von Offsets insgesamt wäre aber kein Gamechanger für unsere Industrie. Im Gegenteil: Pauschale und starre Regelungen bringen uns hier nicht weiter. Sie zeugen vielmehr von der Unkenntnis dieser mittelständisch geprägten Industrie. Leitbild unserer Überlegungen sollte vielmehr die gemeinsame europäische Beschaffung sein: mehr Europa, mehr Common Design, mehr Zeitenwende!
Vielen Dank.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Der nächste Redner ist Klaus-Peter Willsch für die CDU/CSU-Fraktion.
Beifall bei der CDU/CSU)