Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Bodenreform nach 1945 wurden nach zwölf Jahren Faschismus und Krieg die traditionell großen ostelbischen Landwirtschaftsbetriebe enteignet und die Flächen sogenannten Neubauern zugeteilt. Mit der Zwangskollektivierung in den 50er- und 60er-Jahren wurden dann die kleinen und mittleren Betriebe in den landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, LPG, zusammengeschlossen. Mit diesem historischen Erbe musste die Bundesrepublik nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten umgehen. In diesem historischen und komplexen Feld gerechte Lösungen zu finden, war nicht einfach und ist damals auch nicht in jedem Fall gut gelungen. Es gab und gibt einfachere Aufgaben als die der BVVG seit ihrer Gründung 1992. Die BVVG hat seitdem mehr als 1,5 Millionen Hektar – das muss man sich wirklich mal auf der Zunge zergehen lassen – land- und forstwirtschaftliche Fläche privatisiert. Das historische Erbe zeigte sich immer wieder auch im steigenden Interesse von außerlandwirtschaftlichen Kapitalinvestoren an den großen Betrieben in Ostdeutschland. Die gestiegenen Preise für Land im Verhältnis zur begrenzten landwirtschaftlichen Ertragsfähigkeit sind ein Problem, das wir anerkennen müssen. Eine gesunde und vielfältige Agrarstruktur, ein lebendiger ländlicher Raum, Chancen für Neugründungen und mehr Biodiversität und Naturschutz sind dagegen wichtige Ziele, die wir angehen müssen. Die Bundesregierung tut dies jetzt und zieht einen Schlussstrich unter den Verkauf der verbleibenden BVVG-Flächen. Unter dieser Bundesregierung wird sich die Arbeit der BVVG stärker am Gemeinwohl, an Umweltschutz und Nachhaltigkeit orientieren. Wir bringen einen umfassenden Systemwechsel für die verbleibenden rund 91 000 Hektar Agrarflächen auf den Weg. Der Verkauf wird mit wenigen Ausnahmen Ende 2024 gestoppt. Zukünftig gelten neben dem Pachtgebot vor allen Dingen ökologische und agrarstrukturelle Kriterien. Naturschutzrelevante Flächen werden ins Nationale Naturerbe übertragen. Aber auch diese Flächen werden größtenteils – unter Naturschutzaspekten – landwirtschaftlich bewirtschaftet. Dem federführenden Bundesfinanzministerium danke ich aus tiefstem Herzen für die konstruktive Zusammenarbeit. Mein Dank gilt auch dem Bundesumweltministerium, den Vertreterinnen und Vertretern der ostdeutschen Länder sowie dem Ostbeauftragten der Bundesregierung, Staatsminister Carsten Schneider. Mit dieser konstruktiven Abstimmung zeigen wir, wie politisches Teamwork funktioniert. Die neuen Grundsätze sind von Bund und ostdeutschen Ländern ausführlich verhandelt worden. Wir gehen jetzt von einer kurzfristigen Unterzeichnung aus. Ich bin überzeugt, dass die neuen Kriterien zentrale Bausteine für eine weiterhin erfolgreiche Arbeit der BVVG und eine gute agrarstrukturelle Entwicklung werden. Bei allem Vorbehalt wegen der noch ausstehenden Unterzeichnung möchte ich die zentralen Verbesserungen herausstellen: Den Zuschlag erhält das Gebot, das die höchste Punktzahl für Nachhaltigkeit, agrarstrukturelle Kriterien in Verbindung mit dem finanziellen Gebot erreicht. Dabei werden in besonderer Weise die Biodiversität, Fruchtfolgenvielfalt, Blüh- oder Ackerrandstreifen gefördert. Wir wollen auch Klimaschutz, etwa durch Wiedervernässung von Mooren, honorieren und Tierwohl unterstützen. Grundsätzlich können zukünftig weiterhin alle landwirtschaftlichen Betriebe auf die Pachtflächen der BVVG bieten. Die ökologischen Betriebe erhalten für ihre Bewirtschaftungsform Pluspunkte und können weitere Maßnahmen umsetzen. Aber auch konventionelle Betriebe können durch Erfüllung von Nachhaltigkeitskriterien ihre Chancen erhöhen. So bringen wir mehr Nachhaltigkeit auf die Fläche und bieten weiterhin Chance auf den Zugang zu wertvollen Agrarflächen für unsere engagierten Landwirte und Landwirtinnen. Eine nachhaltige und ökologische Bewirtschaftung sichert auch die Zukunft der nächsten Generationen. Deshalb fördern wir mit dem geplanten Punktesystem auch ganz konkret junge Menschen – Junglandwirtinnen und Junglandwirte, Existenzgründerinnen und ‑gründer. Auch die Ortsansässigkeit soll künftig zählen, ebenso, ob jemand eine BVVG-Fläche bereits gepachtet hat. Die neuen Grundsätze des Flächenmanagements sind deshalb ein zentraler Beitrag des Bundes für die Perspektive der ostdeutschen Agrarstruktur; denn wir wissen: Eine gute Agrarstruktur funktioniert nur bei fairen Pachtpreisen. Wir gehen davon aus, dass durch den weitgehenden Wegfall weiterer Privatisierungen Verkäufe entfallen, die sich wegen der Flächenverknappung auch auf die Pachtpreise ausgewirkt hätten. Meine Damen und Herren, mit den neuen Regelungen der Landvergabe machen wir endlich Schluss mit dem Zugriff auf wertvolles Land durch Finanzinvestoren. Die Konkurrenz in den Bieterverfahren durch außerlandwirtschaftliche Investoren fällt künftig weg. Die Flächen bleiben für die Bewirtschaftung in den Händen von Landwirtinnen und Landwirten. Und ich freue mich, wenn diese neuen Grundsätze zeitnah unterschrieben werden; denn sie sind ein Erfolg für die Nachhaltigkeit, den Klimaschutz und die Agrarstruktur von Mecklenburg-Vorpommern im Norden bis in den Süden Sachsens. Die Bewirtschaftung der Bundesflächen dient jetzt dauerhaft diesen Gemeinwohlzielen. Vielen Dank.