Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbandsklagenrichtlinie stärke die Verbraucherrechte, entlaste die Justiz und biete den Unternehmen die nötige Rechtssicherheit. Das haben wir gerade von der Kollegin Licina-Bode gehört; das haben wir so auch schon vom Justizminister Buschmann gehört. Das sind drei wirklich kühne Behauptungen in einem Satz, wie ein kurzer Blick in diesen Gesetzentwurf zeigt. Die Verbraucherrechte stärkt er im Wesentlichen dadurch, dass er endlich die Verbandsklagenrichtlinie in deutsches Recht umsetzt. Das ist ein längst überfälliger Vorgang. 16 Monate haben Sie sich Zeit gelassen, um Ihre koalitionsinternen Streitigkeiten auszufechten. Die Frist zur Umsetzung der Richtlinie haben Sie locker gerissen. Die Kommission hat folgerichtig längst das nächste Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Und wie beim Hinweisgeberschutz sind Sie auch bei den Verbandsklagen auf dem besten Weg, die Steuerzahler mit völlig unnötigen neuen Strafzahlungen in Millionenhöhe zu belasten. Denn auch nach Vorlage Ihres eigenen Regierungsentwurfs streiten Sie in der Ampel munter weiter über dessen Inhalt. Das haben wir gerade auch bei den Ausführungen der Kollegin zum Zeitpunkt der verbindlichen Anmeldung gesehen. Mehr als die Verbraucher stärkt der Entwurf dann auch die Verbände. Die bewährten Anforderungen an deren Klagebefugnis wurden – entgegen der Vereinbarungen Ihres eigenen Koalitionsvertrages – gesenkt. Das Prozessrisiko der Verbände wird durch einen Streitwertdeckel stark begrenzt, der – warum auch immer – auf 410 000 Euro festgelegt ist. Wo ist denn für diesen Betrag irgendeine logische Erklärung? Die Prozessfinanzierung bleibt dann auch noch weitgehend unreguliert. In Summe schaffen Sie damit ein Feuchtbiotop, in dem sich Klagen von Verbänden gegen Unternehmen mithilfe von Finanzinvestoren vermehren können wie Stechmücken. Die Justiz entlastet durch Ihr Entwurf so gut wie gar nicht. Die neue Abhilfeklage wird allein schon aufgrund der erleichterten Klagebefugnis zu mehr statt weniger Arbeit führen. Schon jetzt sind 70 Verbände klagebefugt, Tendenz steigend. Indem Sie dann auch noch den Verbrauchern zugestehen, sich bis zu zwei Monate nach dem ersten Termin zu einer Verbandsklage anzumelden, degradieren Sie diesen ersten Termin zu einem reinen Durchlauftermin und ziehen die Verfahren unnötig in die Länge. Und wieso überhaupt zwei Monate nach dem ersten Termin? Genauso gut hätten Sie auf den zweiten Vollmond nach dem ersten Termin abstellen können. Logisch ist all das nicht. Es fehlt zudem jeglicher Anreiz für einen rechtsschutzversicherten Kläger, sich einer Verbandsklage anzuschließen, statt zu seinem Anwalt zu gehen und eine Klage im eigenen Namen zu erheben. Und für den nicht rechtsschutzversicherten Kläger bleibt es trotz des finanziellen Verlustes in der Regel einfacher und schneller, seine Forderung an ein Online-Inkasso abzutreten. Und als Ampel bleiben Sie dann auch wieder längst fällige Antworten auf eines der drängendsten Probleme der deutschen Ziviljustiz schuldig, nämlich die immer weiteren Massenverfahren. Das Einzige, was Ihnen dazu in dem Entwurf einfällt, ist die Aussetzung von Verfahren im Fall verwertbarer Sachverständigengutachten in Parallelverfahren. Das ist sinnvoll, aber das ist allenfalls ein Tropfen auf einen heißen Stein. Rechtssicherheit für Unternehmen bietet Ihr Entwurf schließlich gar nicht, ganz im Gegenteil! Die späte Anmeldefrist für Verbraucher lässt Prozessbeteiligte wie Gerichte unnötig lange im Unklaren darüber, wer mit wem worüber streitet. Und anstatt allein Ihrer Pflicht nachzukommen, eine neue Abhilfeklage zu schaffen, erleichtern Sie gleichzeitig noch Gewinnabschöpfungsklagen und sinnieren munter über zusätzliche Gruppenklagen. Immer mehr und immer einfachere Klagen gegen unsere Unternehmen – das zeugt eher von einem Grundmisstrauen gegenüber Unternehmen als von Rechtssicherheit für Unternehmen. Und dann schauen wir uns doch mal an, wer künftig all diese Klagen erheben können soll. Dafür reicht ein Blick auf die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach dem Unterlassungsklagengesetz auf der Homepage des Bundesamtes für Justiz. Unter Buchstabe D stößt man dort auf die Deutsche Umwelthilfe, eine Organisation, der der FDP-Vorsitzende Christian Lindner noch vor nicht allzu langer Zeit attestiert hat, kein gemeinnütziger Verein zu sein, der er stattdessen bescheinigt hat, harte wirtschaftliche Interessen zu vertreten, und der die FDP-Fraktion noch in der letzten Wahlperiode hier an diesem Rednerpult vorgeworfen hat – Zitat –, „ein ganzes Land“ zu „tyrannisieren und ihm irgendwie seinen Willen aufzwingen“ zu wollen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich mache mir all diese Anwürfe und Vorwürfe nicht zu eigen. Jeder hier mag darüber denken, was er will. Aber eines ist schon bemerkenswert: Ausgerechnet ein Bundesjustizminister der FDP rollt der Deutschen Umwelthilfe jetzt den rot-grünen Teppich in die Zivilgerichtsbarkeit aus, um in Zukunft jedes einzelne Unternehmen mit immer neuen Zahlungsklagen überziehen zu können. Wer hier noch die Chuzpe besitzt, von der nötigen Rechtssicherheit für Unternehmen zu sprechen, der verspottet in Wahrheit die Wirtschaft in unserem Land. Fazit: Was wir hier heute beraten, ist ein Gesetzentwurf, der ein wenig die Verbraucher und vielmehr die Verbände stärkt, der die Justiz kaum entlastet und der den Unternehmen schon gar nicht die nötige Rechtssicherheit bietet. Ein Gesetzentwurf, der dringend geändert werden muss, und ein Gesetzentwurf, den wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion, so, wie er ist, ablehnen werden.