Pflege verdient unsere gesamtgesellschaftliche Wertschätzung. Wir wollen die pflegenden Angehörigen entlasten. Pflegebedürftigkeit darf nicht arm machen. Wir beraten heute einen Gesetzentwurf, der erst mal die richtige Marschrichtung hat: den Pflegebedürftigen Solidarität zollen, wichtige Leistungen verbessern und die Finanzierung der Pflegeversicherung stabilisieren. Jetzt aber zurück zu Frau Meier. Sie wird durch das Gesetz, dessen Entwurf vorliegt, über 400 Euro mehr Pflegegeld im Jahr erhalten. Bekommt sie Hilfe von einem ambulanten Dienst, werden es über 1 000 Euro mehr an Pflegesachleistungen im Jahr sein. Aber wir wollen mehr, und ich will erst recht mehr. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Union, ich bin begeistert. Es freut mich sehr, dass Sie aus der Opposition heraus endlich mal das Thema Pflege für wichtig erachten. Danke schön. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie sieht der Pflegealltag in Deutschland aus? Ein Beispiel: Frau Meier pflegt seit drei Jahren ihren dementen und immobilen Mann mit Pflegegrad 4. Sie ist eine von über 4 Millionen Menschen in Deutschland, die Freunde, Familienangehörige oder Nachbarn pflegen. Diese Menschen haben in den letzten Jahren zu wenig Entlastung erfahren. Gerade das letzte Jahr mit all seinen Kostensteigerungen hat sie besonders hart getroffen. Sie verdienen unsere volle Solidarität. Bisher soll das Ganze über Beitragserhöhungen und ohne einen Euro aus Steuergeld finanziert werden. Doch aus finanzieller Sicht ist das fragwürdig. 84 Prozent der Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt. Und mal angenommen, diese größte Säule im Pflegesystem bricht weg, dann können diese Menschen nicht mehr zu Hause gepflegt werden. Und es wird für uns alle teurer, und zwar sehr viel teurer, abgesehen davon, dass wir es personell und von den reinen Kapazitäten her nicht stemmen könnten. Doch fokussieren wir uns lieber auf die Pflegebedürftigen. Nur 2 Prozent der Pflegebedürftigen können sich vorstellen, in die stationäre Pflege zu gehen. Angehörigenpflege bedeutet, länger in der eigenen Häuslichkeit zu bleiben und trotz Pflegebedürftigkeit selbstbestimmt zu altern. Meine Empfehlung lautet daher ganz klar: Die im Koalitionsvertrag verabredeten Steuermittel müssen für die Pflege freigegeben werden. Gesamtgesellschaftliche Aufgaben, wie zum Beispiel die Rentenbeiträge für pflegende Angehörige, sollten nicht aus den Pflegebeiträgen bezahlt werden. Die Pflegeversicherung muss von solchen Ausgaben entlastet werden. Immer mehr Menschen können sich Pflege nicht mehr leisten und sind daher auf Sozialhilfe angewiesen. Diese Hilfen zur Pflege finanziert der Bund nachgelagert mit. Warum nicht von vornherein, anstatt Pflegebedürftige zu Bittstellern zu machen? Das System ist außerdem zu kompliziert. Bestehende Leistungen müssen flexibler, individueller und niedrigschwelliger gestaltet werden. Besonders wichtig sind mir dabei – deshalb müssen sie an dieser Stelle genannt werden – die Familien mit behinderten Kindern. Sie fallen oft durch das Raster der bestehenden Leistungen. Es muss einfacher werden. Dieser Gesetzentwurf hat das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Die parlamentarischen Beratungen starten jetzt, und ich werbe sehr dafür, dass wir hier im Bundestag die Pflege spürbar stärken. Wir müssen Pflege neu denken, und das werden wir auch tun. Wir müssen Pflege spürbar stärken – für die Pflegekräfte, für die Familien mit pflegebedürftigen Kindern und die weiteren über 5 Millionen Pflegebedürftigen und Angehörigen in diesem Land. Sie haben Respekt und vor allen Dingen einen Steuer-Doppel-Wumms verdient. Danke schön.