Deswegen: Schieben Sie die Fristen! Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das sind nicht meine Worte, sondern das ist ein Beschluss des FDP-Parteitages vom letzten Wochenende. Merken Sie eigentlich selbst noch, was für ein Schauspiel Sie hier abziehen? – Sie nicken jetzt, aber Ihre Minister haben diesem Gesetzentwurf im Kabinett drei Tage vorher zugestimmt, drei Tage später folgt dieser Beschluss auf dem Bundesparteitag. Dieses Schauspiel geht ja seit Monaten so: 30 Stunden Koalitionsausschuss, Pressekonferenzen, Widersprüche. Sie überfordern sich bei diesem Verfahren selbst. Sie überfordern die politischen Mechanismen. Sie schaffen bei den Bürgerinnen und Bürgern Wut, Verunsicherung, Frust. Deswegen: Kommen Sie endlich zur Besinnung! Gehen Sie mit diesem Gesetzentwurf zurück auf Los, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie überfordern ja nicht nur sich. Viel schlimmer ist: Sie überfordern Bürger und Wirtschaft, zum Beispiel mit zu kurzen Fristen: 1. Januar 2024, das ist in acht Monaten, und keiner weiß, was dann gelten soll. Niemand! Stattdessen sehen wir einen Boom bei Öl- und Gasheizungen. In der Verunsicherung kaufen jetzt alle noch schnell eine Ölheizung. Das ist doch das Gegenteil des Gewollten, was Sie hier erreichen. Der Preis für Wärmepumpen geht hoch. Weil Sie den Markt durcheinanderbringen, können sich noch weniger Leute diese leisten. Deswegen sagen wir Ihnen: Nehmen Sie Druck raus! Schaffen Sie längere Übergangsfristen; schaffen Sie vor allem Planungssicherheit! Haus und Heizung, das sind Investitionen, die plant man mal nicht eben in zwei Tagen. Da braucht es ein paar Monate mehr. Ich sage Ihnen: Diese paar Monate mehr machen keinen Unterschied fürs Weltklima, zumal aktuell noch bis zu 50 Prozent des Stroms aus Kohle und Gas kommen. Sie machen keinen Unterschied fürs Weltklima, aber etwas mehr Zeit macht einen Unterschied für Akzeptanz und Bezahlbarkeit. Zu hohe Kosten. Der Minister sagt: Die Wärmepumpe soll nicht mehr kosten als die Gasheizung. – Das Förderkonzept ist da allerdings unzureichend, Herr Herrmann. Wenn man einfach mal rechnet: Bei 30 Prozent Förderung – unter bestimmten Bedingungen sind es ein paar Prozent mehr – heißt das, dass Zigtausende Euros nicht finanziert sind – 30 000, 40 000, 50 000 Euro, wenn man vor dem Einbau einer Wärmepumpe zusätzlich etwas dämmen oder umbauen muss. Ich weiß nicht, in welcher Welt Sie leben, aber für viele Bürgerinnen und Bürger sind 50 Prozent von solchen Kosten immer noch ziemlich viel Geld. Und deswegen geht das so nicht, dass Sie über dieses Gesetz reden, ohne dass es ein konkretes Förderprogramm gibt. Was feststeht, ist: Bis zu 50 000 Euro Strafe für diejenigen, die nicht Ihren Regeln folgen; null Euro Förderung ist bis jetzt im Haushalt vorgesehen. Die Strafen stehen fest, die Förderung nicht. Das ist eine Überforderung der Bürgerinnen und Bürger. Beenden Sie das! Die Überforderung trifft schließlich die Unternehmen, den Mittelstand. Hauptbeweis dieser Tage: Viessmann. Gestern die Meldung: „Die Bundesregierung begrüßt Viessmann-Übernahme durch einen US-Konzern“. Hören Sie sich eigentlich selbst zu? Sie halten hier Reden, wie Sie die deutsche Industrie zur Klimatech-Industrie umbauen wollen. Sie sinnieren hier wöchentlich darüber, dass Sie die Solar- und Windindustrie aus China zurück nach Deutschland holen wollen. Der Kanzler besucht öffentlichkeitswirksam Viessmann. Wir unterstellen mal: Er erinnert sich noch. Die Bauministerin sagt noch Sonntagabend, Viessmann habe regelrecht darum gefleht, dass man die Frist 1. Januar 2024 lässt. Und dann scheitert all das bereits im Ansatz. Ihre Chaos-Wärmewende setzt die deutschen Hersteller so massiv unter Druck, dass sie jetzt eben mit den Investitionen nicht mithalten können. Und deswegen ist dieser Verkauf eines deutschen Unternehmens Ergebnis Ihrer Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen. Gerne. Lieber Herr Kollege Audretsch, erst einmal: Die deutschen Unternehmen – Viessmann, Vaillant, Buderus, Bosch – waren genau auf diesem Weg. Bei der Wärmepumpe sind sie ja auch schon auf dem Markt und in Deutschland – jedenfalls noch – relativer Marktführer. Sie investieren da, und das ist auch richtig. Was jetzt passiert, ist mit Ansage. Denn auf dem Wärmepumpengipfel wurde dem Minister in persönlichen Gesprächen gesagt: Wenn Sie jetzt diesen Markt durch staatliche Regulierungen binnen Monaten so durcheinanderbringen und nach oben bringen, dass Nachfrage besteht ohne Sinn und Verstand, dann wird man die Position der deutschen Hersteller, der deutschen Industrie schwächen. Dann kommen die asiatischen, die japanischen, die koreanischen und die amerikanischen Hersteller, weil das Kapital so schnell nicht da ist, um das zu skalieren. – Das war also mit Ansage. Und wissen Sie, was die Antwort des Staatssekretärs im Wirtschaftsministerium war? Ich zitiere nicht den Wortlaut; der wäre nämlich unparlamentarisch. Er hat gesagt, es wäre ihm – sinngemäß – total egal. Viel wichtiger wäre, dass Ihre Politik umgesetzt wird. Sie haben mit dem, was Sie hier tun, billigend in Kauf genommen, dass die deutsche Klimatech-Industrie ausverkauft wird; das ist das eigentliche Problem an dieser gesetzlichen Regelung und an diesen Fristen. Wir werden bei der Wärmepumpenindustrie bald eine Habeck-Delle sehen. Das wird bei der deutschen Industrie passieren, und wir werden nur noch ausländische Anbieter haben. Das ist das Ergebnis Ihrer Wirtschaftspolitik. Deswegen, Herr Kollege Audretsch, ist diese Herangehensweise der Koalition eine radikale. Die Ideologisierung dieses Themas schadet dem Klimaschutz; das ist das eigentliche Problem. Wir wollen mit Ihnen diesen Weg hin zur Klimaneutralität gehen. Wir haben ihn übrigens zu unserer Regierungszeit begonnen. Aber so, wie Sie das machen, ist die Entscheidung für eine Wärmepumpe keine Entscheidung der Vernunft mehr, sondern eine Entscheidung des Glaubens. Sie machen aus Klimaschutz keine Politik der Vernunft mehr, sondern mit Ihrer Politik der Brechstange verlieren Sie so an Akzeptanz, dass Klimaschutz am Ende wieder eine ideologische Frage wird, und das ist schlecht für den Klimaschutz, weil sich die Gesellschaft darüber spaltet. Deswegen haben wir, Herr Kollege Herrmann, sehr konkrete Vorschläge für eine Wärmewende, die bei der kommunalen Wärmeplanung beginnt, gemacht. Man muss doch erst mal einen Plan in den Orten haben, bevor man weitermacht. Erst die Planung, dann kommt die Frage, was gefördert wird, und zwar für eine Wärmewende, die technologieoffen ist: Biomasse, Biogas, Kraft-Wärme-Kopplung, Holzpellets, Wasserstoff. Es wird gelegentlich etwas im Gesetz erwähnt, aber die Wahrheit ist: Faktisch haben Sie die Anforderungen so hoch geschraubt, dass es eben keine Technologieoffenheit gibt. Das Einzige, was gar keine Anforderungen hat, sind Wärmepumpe und Fernwärme, obwohl beide noch zu fast 50 Prozent fossil sind; alles andere machen Sie quasi kaputt. Wir wollen Emissionshandel als Leitinstrument statt Planwirtschaft. Dazu reichen wir Ihnen die Hand. Dazu haben wir hier im Bundestag im November letzten Jahres unser Konzept eingebracht. Wenn Sie allerdings diesen Irrweg fortsetzen, dann – das sage ich Ihnen – wird das Ihr politisches Waterloo, Herr Minister. Entscheiden Sie sich daher: Wollen Sie diesen Irrweg der Überforderung weitergehen oder einen Weg der Vernunft mit uns?